18.04.2024

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22.03.03 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 22. März 2003


Polen greift an! Warschau besiegelt Saddams Schicksal, sogar Westerwelle wird spannend, und Claudia Roth kommt zu spät / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

"Klartext" heißt die buchförmige Stinkbombe, die Jürgen W. Möllemann seinen Parteifreunden zum Abschied vor die Füße geklatscht hat. Jetzt will er seinen eigenen Laden aufmachen. Nach Umfragen könnte eine stattliche Anzahl Deutscher sogar Gefallen finden an Möllemanns Partei-Kreation.

Zu empfehlen wäre die neue Truppe insbesondere für Leute, die selber zu faul sind zum Tagebuchschreiben. Treten Sie bei Möllemann ein und erzählen Sie einfach dem väterlichen Parteichef, was Ihnen tagein, tagaus so widerfährt! Er wird es sich notieren, und in späteren Jahren können Sie dann Ihre eigene Lebensgeschichte frei auf dem Buchmarkt erwerben. Mehr noch: Autor Möllemann macht aus eher langweiligen, durchschaubaren Alltagsbegebenheiten richtige Krimis. Sollte Sie beispielsweise mal jemand "unter Druck setzen", frisiert der Westfale die an sich öde Sache zur knalligen Erpressungsgeschichte. Unser fades Leben wird in den Händen dieses begnadeten Autors zum schillernden Reißer! Da wird sogar ein Westerwelle spannend.

Der lang ersehnte Aufbruch ist da, endlich. Schon vor des Kanzlers furioser Reichstagsrede haben unsere Politiker dramatische Reformen auf den Weg gebracht. So wurde beschlossen, die Ladenöffnungszeiten am Sonnabend bis 18.00 Uhr auszudehnen. Auf alle Wochentage umgerechnet ergibt dies eine Verlängerung um mehrere Minuten täglich! Wir spüren in allen Gliedern, wie es uns durch-"ruckt". Daß es bei den meisten Konkurrenten in Europa und der Welt überhaupt keinen gesetzlich befohlenen Ladenschluß (mehr) gibt, braucht uns immer weniger zu bekümmern. Wenn wir auf unserem entschlossenen Reformweg so rasant wie bislang weitermarschieren, werden wir sie alle in weniger als 136 Jahren eingeholt haben.

Jörg Haider ist und bleibt ein Ärgernis, ein wahrer Stänkerer. Nun droht er den Wiener Parteifreunden von der FPÖ, mit seinen Kärntnern eine eigene Freiheitliche Partei aufzumachen. Hintergrund: Er gönnt den einstigen FPÖ-Ministern die einjährige Gehaltsfortzahlung nicht, die ihnen nach ihrer anderthalbjährigen Amtszeit zusteht. Das seien ungerechtfertigte "Politiker-Privilegien", ätzt der Rechtsliberale. Wie bitte? Wovon sollen die erwerbslosen Ex-Minister denn leben? Sollen sie sich etwa in der Wirtschaft bewerben? "Ex-Politiker sucht ernst-hafte Arbeit" - so eine Annonce löst doch höchstens Schmunzeln aus. In der Bundesrepublik haben Par-tei- und Gewerkschaftsfunktionäre längst auf ihre prekären Arbeitsmarktchancen angemessen reagiert und eine gut funktionierende Job-Börse gebildet. Da kriegt jeder Abgesägte umgehend einen neuen Posten. So tauchte unter anderem ein abgemeierter Ministerpräsident just als Bundesfinanzminister wieder auf.

Auch für die per Satzung (Trennung von Amt und Mandat) vom Stuhl geschubste Ex-Grünen-Chefin Claudia Roth wurde nach nur wenigen Monaten Suche eine neue Stellung gefunden. Sie wird Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung. Warum sind wir darauf nicht früher gekommen? Man stelle sich vor, wir hätten dem notorischen Menschenrechtsverletzer Saddam Hussein damit gedroht, daß Claudia Roth ihn besuchen kommt, ihm über Wochen nicht von der Seite weicht und redet, redet, redet - so wie bei uns in den "Talk-shows". Längst hätte sich der blut- rünstige Diktator, dem Zusammenbruch nahe, mitsamt seinen unappetitlichen Söhnen in Osama bin Ladens Höhlen geflüchtet! Und die Amis hätten ihren Vorwand für den Einmarsch verloren. So wäre es gekommen. Nun wird alles anders.

Also Krieg. Die Börsen atmeten bereits zu Wochenbeginn erleichtert auf. Diese ewige Vorfreude begann ja schon auf die Kurse zu drücken. Am Sonntag nun hat eine veritable Weltgemeinschaft auf den sonnigen Azoren endlich die Messer gewetzt. Die dort versammelten Staats- und Regierungschefs waren in der Pressekonferenz besonders stolz darauf, wie breit die internationale Unterstützung für ihren Waffengang ist. Quasi zum Beweis prangten hinter ihnen auf einer langen Staffete die vielen bunten Fahnen der großen Allianz, nämlich die Banner der USA, Spaniens, Britanniens sowie Portugals - und gleich daneben die Flaggen der übrigen Verbündeten, nämlich die der USA, Spaniens, Britanniens sowie Portugals. (Ein guter alter Trick: Wenn die Soldaten für eine ordentliche Parade nicht reichen, läßt man dieselben Uniformierten eben zweimal vorbeiziehen. Merkt eh keiner.)

Als wäre jenes Bündnis noch nicht weltumfassend genug gewesen, meldete sich kurz darauf eine weitere mächtige Verstärkung zur Stelle. Vielleicht hatte sich mancher Träumer um den irakischen Tyrannen noch irgendwelche Chancen erhofft, seinem Schicksal zu entrinnen. Diese Seifenblase ist jetzt endgültig zerplatzt: Am Dienstag gab Warschau bekannt, daß Polen eine Armada von zweihundert Soldaten gegen den Irak schleudern wird.

Da drängt sich eine historische Parallele auf: Als 1864 Preußen und Österreich ihre Heere gegen (das in gewisser Hinsicht unterlegene) Dänemark schickten, um Schleswig-Holstein zu befreien, entschloß sich schließlich auch das Fürstentum Lippe-Detmold, einen (einen) Soldaten in die Schlacht zu werfen. Das Schicksal Dänemarks war besiegelt. Lippe-Detmold wurde Siegermacht! Auch im Verlaufe des Zweiten Weltkriegs nahm der Heldenmut gegen Deutschland mit dessen schwindenden Siegeschancen stetig zu. Die meisten Kriegserklärungen hagelte es 1945.