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29.03.03 / Zum 75. Geburtstag des Pianisten Gottfried Herbst aus Lyck

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 29. März 2003


Ein erfülltes Leben für die Musik
Zum 75. Geburtstag des Pianisten Gottfried Herbst aus Lyck

Wer ihm einmal begegnet ist, wer einmal erlebt hat, wie er mit seinem Instrument, dem Klavier, umgeht, wie er Werke großer deutscher Tonsetzer interpretiert, der wird diese Begegnung nicht vergessen haben. "Abgeklärt ruhig und ausgeglichen, dabei doch temperamentvoll freundlich und einfallsreich" beschrieb ihn einmal die Süddeutsche Zeitung; eine Charakteristik, die auch heute noch auf Gottfried Herbst zutrifft. Wenn er Kompositionen von Haydn, Händel, Schumann, Schubert oder Debussy interpretiert, wenn er sie gar vorher seinem Publikum mit einfühlsamen Worten erläutert, dann wird man geradezu mitgerissen von der Intensität seiner Interpretation.

In diesen Tagen nun, am 3. April, kann Gottfried Herbst seinen 75. Geburtstag begehen. In Lyck erblickte er einst das Licht der Welt und erhielt schon früh Musikunterricht, zunächst auf der Blockflöte, dann auf dem Cello. Im Schülerorchester des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums spielte er mit; seinen ersten Klavierunterricht erhielt er bei Erna Mozartski in Lyck. Neben der Musik waren es die Naturwissenschaften, die ihn begeisterten. Mit zwölf Jahren besaß er ein Teleskop und bestaunte die Sterne: "Das Bedürfnis, stets zu lernen, Inseln des Wissens anzusteuern und zu durchforschen, zwischen ihnen geistiges Umland aufzufüllen, das steckt seit Kinderjahren in mir."

Ein jähes Ende bereitete diesen Träumen die Flucht aus der Heimat. Über die Festung Königsberg und Danzig erreichte Gottfried Herbst schließlich Berlin - zu Fuß. Dort konnte er sein Abitur nachholen, ein Musikstudium am berühmten Sternschen Konservatorium und das der Philosophie und Musikwissenschaften an der Freien Universität aufnehmen. Heinz Tiessen, der Komponist aus Königsberg, erkannte das Talent des jungen Ostpreußen und förderte ihn sehr. Konzerterfolge blieben nicht aus. Stuttgart, München und Zürich, wo er als Assistent von Geza Andra arbeitete, waren die nächsten Stationen in seinem Leben.

Auch jetzt im Alter gibt der Künstler noch Konzerte, bei denen er sein Publikum begeistert. Sechsmal war der 1976 von der Landsmannschaft Ostpreußen mit dem Kulturpreis für Musik Ausgezeichnete bisher in seiner Vaterstadt, um auch dort die Menschen mit seiner Kunst zu erfreuen. Am 9. August ist in der Evangelischen Kirche in Lyck wieder ein Konzert geplant. Einmal im Jahr konzertiert der Ostpreuße auf der Insel Capri im Centro Caprese; auch spielte er in Lausanne und in vielen deutschen Städten wie etwa auf den Heidelberger Klaviertagen im vergangenen Jahr. Die Presse lobte ihn als "einen reifen Pianisten, der mit Weisheit und Erfahrung und abgeklärtem Blick an die Werke heranging".

Zum Ostpreußenblatt sagte der Pianist, der seit langen Jahren im bayerischen Icking lebt: "Schaue ich auf mein Leben zurück, so kann mich nur große Dankbarkeit erfüllen. Eine behütete und sorgenfreie, frohe Kindheit, die schweren Jahre 1944 bis 46 weiß Gott wie doch überstanden ... ich durfte mir den Traum erfüllen, Musik zu studieren, mein Leben mit Musik zu füllen. Ich begegnete vielen Menschen und Persönlichkeiten, die mich zum Teil auch formten und prägten, dafür bin ich besonders dankbar. Hie und da durfte ich Menschen im Medium der Musik erreichen, durfte sie teilhaben lassen an dem, was mein Herz bewegte. Ich habe Freunde weltweit, aber ich bin auch ein glücklicher Leser. Bücher waren mir zu allen Zeiten meines Lebens wichtig. Daher bin ich auch jetzt viel allein, aber nie einsam."

Hört man diese Worte, kann man nicht umhin, diesen Menschen Gottfried Herbst zu beneiden, einen Menschen, der in sich ruht, der die Herzen der Menschen mit seiner Musik bewegt. SiS

Gottfried Herbst: Pianist mit großem Einfühlungsvermögen Foto: privat