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05.04.03 / Mangas und "Hörbücher"

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 05. April 2003


Mangas und "Hörbücher"
Der Trend auf der Leipziger Buchmesse geht zu neuen Formen des "Lesens"
von Karl-Peter Gerigk

Traditionell ist Leipzig der Ort, an dem junge Autoren und Debütanten Kontakte zu Lesern und Verlagen knüpfen können. Rund 80 Autoren haben auf der diesjährigen Messe in Leipzig ihr Erstlingswerk präsentiert. Die Messe, die vom 20. bis 23. März dauerte, verzeichnete 88.000 Besucher, die an den vier Tagen auf das neue Messegelände kamen und sich einen Überblick über die Neuerscheinungen der 1.998 Aussteller aus 28 Ländern verschafften. Zu den Besuchern zählten auch 19.000 Fachleute aus Verlagen und den Medien.

Die Festrede zur diesjährigen Buchmesse hielt die Präsidentin des Goethe-Institutes Inter-Nationes, Jutta Limbach. Hierin stimmte sie auf das "Autorenspezial 2003" ein, das sich den Literaturen der EU-Beitrittsländer widmete. Unter dem Titel "Willkommen zu Hause - Europa im Übergang" schilderten acht Autoren der EU-Beitrittskandidaten in Essays und Gesprächskreisen ihre Sicht der Erweiterung. Partner dieses Projektes war das Literarische Colloquium Berlin (LCB). Eine ganze Reihe von zusätzlichen Veranstaltungen leuchtete die politische und kulturelle Di- mension der EU-Erweiterung aus. "Wir sind mit der diesjährigen Buchmesse in Leipzig zufrieden. Sie zeigt, daß unser Konzept stimmt und sich die Buchmesse als Frühjahrsbranchentreff etabliert hat", sagte Werner M. Dorscheid, Vorsitzender der Geschäftsführung der Leipziger Messe.

Einen Sonderauftritt hatte die Schweiz, der sich auch als stärkster Besuchermagnet erwies. Unter dem Motto "Schweizer Literatur und Schweizer Architektur" zeigten rund 90 Verlage ihre Buchproduktionen. Täglich fanden in der "Swiss-Lounge" Talk-Shows, Lesungen und Veranstaltungen statt. Deutlich umfangreicher zeigte sich in diesem Jahr auch Österreich mit seinen Verlagen auf der Drehscheibe zwischen Ost und West. Als solide und erfolgreich bewertete Werner M. Dorscheid auch das weitere Schwerpunktthema der Ausstellung: Reisen. "Das Interesse der Messebesucher war sehr groß. Vor allem die Veranstaltungen des Reiseforums waren stark besucht", so Dorscheid. Das Spektrum reichte von Reise- und Sprachführern über Reisehörbücher bis zur belletristischen Literatur. Hier waren mehr als 1.000 Fachverlage vertreten. Sie stellten an einem Gemeinschaftsstand Programme und Einzeltitel rund um das Reisen vor. An dieser Stelle wurde neben den obligatorischen Reise- und Sprachführern über alle erdenklichen Ziele rund um den Globus berichtet. Die Verlage haben sich im Reiseführer-Segment zahlreiche Nischen erschlossen. Das Repertoire reichte von Wanderführern über Restaurant-Guides bis zu Individualreiseführern und Reisebüchern.

Der vor drei Jahren eingeführte Themenschwerpunkt "Hörbuch" ist weiter ausgebaut worden. Damit festigt die Leipziger Buchmesse ihren Ruf als wichtigster nationaler Branchentreff für diesen Bereich. Rund 100 Aussteller prä- sentierten sich im Hörbuch-Segment. Neben den Verlagen zeigten die ARD-Rundfunkanstalten ihre Hörbuchprogramme und neuesten Produktionen in einem für die Besucher informativ und großzügig gestalteten Ausstellungsbereich.

Besonderer Höhepunkt war erneut die "ARD-Radionacht der Hörbücher" am Messefreitag und die Verleihung des "Hörkules-Hörbuchpreises des Buchhandels". Zum dritten Mal wurde der von der "Buchwerbung der Neun" ins Leben gerufene Hörbuchpreis "Herkules" für das beste Hörbuch verliehen. Es standen 100 Titel zur Auswahl. Den Preis erhielt Ulrich Mühe mit der Lesung von "Der kleine Prinz".

Ein ganz besonderer Service der Verlage und der Messeleitung war das Internet-Informationsportal "Hoergold.de". Durch das virtuelle Netz konnten sich die virtuellen Besucher der Leipziger Buchmesse über die Neuerscheinungen der Verlage, die sich am Gemeinschaftsstand präsentierten, durch kurze Hörproben informieren. Zu diesen sehr beachteten Neuerscheinungen gehörte auch das Werk von Tanja Dückers, "Himmelskörper". Hierin erzählt die geborene Berlinerin von den Problemen eines Kindes in der zweiten Vertriebenengeneration, vor allem mit den Eltern, von der verlorenen Heimat Westpreußen und schildert die Zerrissenheit eines jungen Menschen zwischen der vermittelten Liberalität der modernen Gesellschaft einerseits und der patriotischen Wehmut des Elternhauses andererseits. Es ist ein moderner Roman mit historischem Anklang.

Seit Jahren ist Leipzig auch der einzige Messeplatz, an dem Leseförderung und Lehrerfortbildung gleichberechtigt in das Programm der Messe integriert sind. Die Leseförderung für Kinder und Jugendliche setzt in Leipzig schon früh an. Eltern können gemeinsam mit ihren Kindern ab drei Jahren im Bücher-Kindergarten die Welt der Bücher erkunden. Messepartner hierfür war, wie in den letzten Jahren, der "Weimarer Förderverein der Schule der Phantasie e.V.".

Die jungen Leser konnten auch wieder Comics betrachten. Das Konzept, junge Leute mit dieser zusätzlichen Attraktion auf die Leipziger Buchmesse zu ziehen, ist aufgegangen. Der Comic-Bereich wurde in 2003 um das Trendthema Fantasy- und Rollenspiele erweitert. Daß Comic- und Manga-Fans nicht nur eif-rige Leser, sondern auch aktive Zeichner sind, konnte man schon im letzten Jahr feststellen. In 2002 wurde der erste Manga-Zeichenwettbewerb veranstaltet, organisiert von RTL, Carlsen Comics, Kids Zone und dem Anime-Verein Aniversum Dresden e.V. unter der ideellen Trägerschaft der japanischen Botschaft. Beteiligten sich im vorigen Jahr 1.200 Nachwuchskünstler aus sieben Ländern, so reichten in diesem Jahr 2.200 Zeichnerinnen und Zeichner aus neun Ländern ihre Arbeiten ein. Die Preise wurden für sechs Altersstufen und in acht Kategorien vergeben.

Auch für Dieter Schormann, den Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, war die Messe in Leipzig ein voller Erfolg. "Bücher und Autoren standen diesmal klar im Vordergrund der Gala, die insgesamt einen unterhaltsamen Überblick über den deutschen Buchmarkt bot", sagte er.

Der am Sonntag verliehene Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ging an den belgischen Schriftsteller, Dramatiker und Regisseur Hugo Claus. Den Preis nahm stellvertretend seine Ehefrau Veerle Claus de Wit entgegen. Laudator Joachim Sartorius, Intendant der Berliner Festspiele, würdigte in seiner Rede "die schiere Weite seines Schaffens, gepaart mit einer großen Unabhängigkeit des Geistes, der nie gemeinsame Sache mache mit den Mächtigen, den Siegern oder den Politikern. Eher mit den Menschen, die unten leben und denen er Sprache gegeben hat".

Ein wahres Literaturfestival waren die 650 Lesungen, Präsentationen und Diskussionsrunden des zwölften Jahrgangs von "Leipzig liest". Prominente Autoren wie Nobelpreisträger Günter Grass oder Irme Kertesz, Sir Peter Ustinov, Mario Adorf, Johannes Heesters, Angelica Domröse, Erich Loest und Alice Schwarzer und andere junge Autoren, auch Jana Hensel und Judith Hermann, lasen vor überfüllten Häusern. Die nächste Leipziger Buchmesse findet vom 25. bis 28. März 2004 statt. 90 Prozent aller ausstellenden Verlage haben ihr erneutes Kommen schon angekündigt.