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12.04.03 / Kriegs-Recht / Propaganda im Gericht

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 12. April 2003


Kriegs-Recht / Propaganda im Gericht

Jedem Menschen steht das Recht zu, seine Meinung frei von jeglicher Zensur zu äußern. Das steht zumindest im Grundgesetz (Art. 5 GG). Auch Richter dürfen zum Beispiel Gegner des Irak-Krieges sein. Mehr noch: aus völkerrechtlicher Sicht, die sich gerade dem Juristen leicht erschließt, gibt es sogar ausgesprochen gute Gründe für eine solche Position. Im Grundgesetz steht aber auch, daß Richter unabhängig sind (Art. 97 GG).

Wie muß sich in diesen Tagen der in Hamburg lebende US-amerikanische Geschäftsmann John Steel-King fühlen, wenn er in einem Zivilprozeß gegen einen ehemaligen Geschäftspartner das Hamburger Amtsgericht betreten wird, um sein gutes Recht durchzusetzen.

Sich in Richtung Sitzungssaal 109 bewegend, vertraut er fest auf die berühmte Unabhängigkeit deutscher Richter. Mit erhobenem Haupt schreitet er durch die belebten Flure des Amtsgerichts. Mr. Steel-King hat nämlich gerade erst in einer renommierten Hamburger Tageszeitung die Haltung seines Präsidenten in der Irak-Frage heftig verteidigt. Ein Bild von ihm war in der Zeitung abgedruckt, was ihn sichtlich mit Stolz erfüllt hat. Man ist ja schließlich Patriot. Vielleicht erkennen die Menschen hier ja sein Gesicht. Er hat seine Meinung gesagt und er ist stolz auf sein Vaterland.

Doch nun steht John Steel-King vor dem Sitzungssaal 109 und weiß nicht, ob er ihn überhaupt betreten soll. Er steht schon eine ganze Weile vor der großen, doppelschwingenden Tür in den ehrwürdigen Fluren des anmutigen Gerichtsgebäudes. Ihn hindert nur eines am Betreten des Saals: Ein Plakat. Ein Plakat mit den fetten Lettern: "IRAK-KRIEG. NEIN heißt NEIN !!".

Der vorsitzende Richter ruft gerade zum zweiten Mal zur Verhandlung auf. - Wird Mr. Steel-King, dessen Gesicht in der renommierten Zeitung erst am Tag zuvor abgebildet war, Recht bekommen? Auch der Richter könnte sein Gesicht in der Zeitung gesehen haben. Ihm kommen Zweifel auf. Er hat nicht den ganz unten auf dem Plakat in winzigen Buchstaben gedruckten Urheberhinweis "DGB" gesehen.

So könnten sich seit Tagen Kläger oder Beklagte, deren Verfahren im Sitzungssaal 109 des Hamburger Amtsgerichts stattfinden, fragen, ob sie einen unabhängigen Richter haben und die Unparteilichkeit noch gewahrt wird. Mr. John Steel-King ist fiktiv, das Plakat jedoch Realität.

Richter dürfen eine politische Meinung vertreten und diese auch kundtun. Sie dürfen dies jedoch nicht im Gericht. Der DGB mag das Plakat hergestellt haben. Aufgehängt bzw. nicht abgehängt worden ist es ohne Zweifel von Justitias Beamten. Der Gerichtspräsident darf nicht zulassen, daß Mitarbeiter des Gerichts, seien es nun Richter oder niedere Justizbeamte, durch Plakate die Unabhängigkeit der Judikative in Verruf bringen. In Hamburg jedenfalls steht derzeit die richterliche Unparteilichkeit in Frage, wenn die politische Meinung am Sitzungssaal weithin sichtbar kundgetan wird. Dies gilt ganz besonders bei so emotional aufgeladenen Dis-kussionsthemen, wie dem Irak-Krieg. Bernhard Knapstein