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19.04.03 / "Bedingt willkommen" / CSU und BdV gegen einen reibungslosen EU-Beitritt Prags

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 19. April 2003


"Bedingt willkommen" / CSU und BdV gegen einen reibungslosen EU-Beitritt Prags
von K.-P. Gerigk

Europa hat zugestimmt. Zumindest hat das Europäische Parlament über den Beitritt Tschechiens zur EU endgültig entschieden. Wirklich? Nein! Denn unübersehbar ist hier ein deutlicher Widerspruch. Die zehn Europaabgeordneten der CSU stimmten geschlossen gegen den Beitritt Tschechiens. Die Begründungen hierfür sind die Benesch-Dekrete und die unklare juristische Lage hinsichtlich der Völkerrechtsmäßigkeit des Beitritts Prag's unter diesen Voraussetzungen. Nach der deutsch-tschechischen Erklärung von 1997 wollten beide Seiten alles unterlassen, was künftige gutnachbarliche Beziehungen in Frage stellen würde. "Doch die politische Absprache zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik aus dem Jahre 1997 über die künftige Ausgestaltung der Beziehungen hat sich als nicht tragfähig erwiesen. Prag hat den damals vereinbarten politischen Rahmen im Jahr 2002 mit einer Reihe von Äußerungen über den Stand der Beziehungen eindeutig verlassen. Insoweit ist zum jetzigen Zeitpunkt auch die Bundesrepublik wieder rechtlich und politisch frei in der Festlegung des eigenen Standpunktes". Zu diesem Resultat kommt das von der CSU in Auftrag gegebene Gutachten von Prof. Rudolf Dolzer. In diesem Sinne argumentiert auch die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, daß es zwar begrüßenswert sei, daß die künstliche Teilung des Kontinents in absehbarer Zeit der Vergangenheit angehöre, daß es jedoch selbst in Europa auch weiterhin noch Staaten gäbe, über deren menschenrechtliche Defizite großzügig hinweggeschaut würde. Sie meinte damit nicht die Türkei, sondern in der Tat Tschechien. Insbesondere die tschechische Regierung und das tschechische Parlament haben ihre Haltung zur Vertreibung nicht nur nicht korrigiert, sondern in der Parlamentssitzung vom 24. April 2002 ihre Haltung als "unanzweifelbar, unantastbar und unveränderlich" ausdrücklich bekräftigt. Dies bedeutet sicherlich eine atmosphärische Störung und ein Abrücken von den mit dem vereinten Deutschland geschlossenen bilateralen Verträgen. Dies ist um so unverständlicher, weil mit dem Benesch-Dekreten gegen geltendes Völkerrecht und Europarecht verstoßen wird. Gestützt auf den Artikel 49 des EU-Vertrages könnte ein abstraktes Normenkontrollverfahren und eine Verfassungsbeschwerde gegen die Regierung der Bundesrepublik, und gegebenenfalls auch eine Klage zur Entscheidung im Europa-Parlament erhoben werden, da man den EU-Beitritt Tschechiens Völker- und Europarechtswidrig zugestimmt hat. Wenn es auch mehr als unwahrscheinlich ist, daß der Internationale Gerichtshof in Den Haag sich mit der Vertreibung und dem Völkermord an den Sudetendeutschen in den Jahren 1945 bis 1946 befassen wird, ist die Rechtslage jedoch eindeutig. Nach einem Dringlichkeitsantrag auf der XII. Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft wird deutlich herausgestellt, daß die Bundesregierung die Benesch-Dekrete hinsichtlich des Beitritts Prag zur EU noch zu einem Thema machen muß, um nicht später völkerrechtlich an einer Erörterung dieser Nachkriegsverbrechen gehindert zu sein. Eine Besondere Problematik besteht darin, daß die Tschechische Republik die Totalenteignung und Vertreibung der Deutschen und die Dekrete "konstitutiv für ihre rechtlicher Existenz" erklärt hat. Dies hebt diese Gesetze und Dekrete in Tschechien auf Verfassungsebene. Im Europa-Parlament werden jedoch versöhnlichere Töne angestimmt. Es gehe nicht darum die Benesch-Dekrete und das Vertreibungsunrecht im Sinne aktueller Vertreibungen und Verbrechen, wie etwa im Kosovo oder im Irak, zu interpretieren. Es gehe darum "ein Zeichen der Versöhnung (zu setzen), nicht darum alte Wunden aufzureißen oder Rechnungen aufzumachen, so Bernd Posselt, Mitglied des Europaparlamentes und langjähriger Vorsitzender der Pan-Europa-Union. Fragt sich nur, ob Versöhnung auf der Basis des Rechts im Sinne Prags ist.