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19.04.03 / Das Fest des Lebens

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 19. April 2003


Das Fest des Lebens
von Dietrich Sandern, Pfarrer i. R.

Ostern - das Fest der Christenheit. Ostern - Fest der Auferstehung des Jesus von Nazareth, des gekreuzigten Gottessohnes. Ostern - Fest des Lebens, das den Tod überwindet. Nach einer neuesten Umfrage glauben etwa 40 Prozent der Katholiken nicht mehr an die Auferstehung, obwohl sie diesem Glauben im Glaubensbekenntnis zustimmen. Wird dieses Bekenntnis also nur noch routinemäßig ausgesprochen, als Lippenbekenntnis, ohne über den Inhalt nachzudenken?

Was sagen die Zeugen des Auferstehungsereignisses, die das damals - vor fast 2000 Jahren - erlebt haben?

Man hatte Jesus vom Kreuz abgenommen, da der Tote dem Gesetz entsprechend nicht über den Sabbat am Kreuz verbleiben durfte. Einer seiner Jünger hatte sein Felsengrab für die provisorische Beerdigung zur Verfügung gestellt. Zur Sicherheit wurde ein großer Stein vor den Eingang gewälzt. Der Evangelist Johannes hat uns das Folgende überliefert (Joh. 20, 1 - 18): "Am ersten Tag der Woche kam Maria von Magdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab und sah, daß der Stein vom Grab weggenommen war. Da lief sie schnell zu Simon Petrus und dem Jünger, den Jesus liebte, und sagte zu ihnen: Man hat den Herrn aus dem Grab weggenommen, und wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat."

Eine Frau entdeckt als erste das leere Grab. Sie ist erschüttert über den Tod, sie kann es immer noch nicht fassen; eine Welt ist für sie zusammengebrochen. Und nun noch dieses. Sie läuft weg, zu den anderen, sie muß es loswerden.

Wie häufig brechen bei uns Welten zusammen! Wenn eine Beziehung zerbricht; wenn Liebe und Vertrauen mißbraucht werden; wenn Hoffnungen und Erwartungen unerfüllt bleiben; wenn uns der Tod von einem geliebten Menschen trennt. Wir können es nicht fassen. Wir möchten am liebsten weglaufen. Aber wohin? Haben wir Menschen, denen wir uns dann mitteilen und anvertrauen können? Die uns von unseren Nöten befreien können?

Es zeigt sich, daß auch die Menschen unserer Zeit - wir - Orte und Gemeinschaften brauchen, wo sie gemeinsam trauern und gemeinsam ihre Nöte und Ängste aufarbeiten können, wo sie auch die Freude miteinander teilen und Feste feiern können.

Aber ist das schon alles? Wir alle hören und sagen dann das Wort: "Das Leben geht weiter." Ja? Ja! Mein Leben auf der Erde geht einfach weiter. Aber auch noch in einem ganz anderen Sinn geht es weiter. Den ersten Hinweis gibt uns wiederum Johannes: "Man hat den Herrn aus dem Grab weggenommen, und wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat."

Das Leben geht weiter; aber anders als gedacht, anders als die Erfahrung lehrt. Der Tote ist weg. Die Frau kann nichts anderes denken als: der Leichnam ist gestohlen worden. Fassungslos sagt sie das den anderen Jüngern. Die können es ebenso wenig glauben; sie machen sich auf den Weg, um die Aussage der Maria zu überprüfen. Der Bericht des Johannes fährt fort: "Da gingen Petrus und der andere Jünger hinaus und kamen zum Grab; sie liefen beide zusammen dort hin, aber weil der andere Jünger schneller war als Petrus, kam er als erster ans Grab. Er beugte sich vor und sah die Leinenbinden liegen, ging aber nicht hinein. Da kam auch Simon Petrus, der ihm gefolgt war, und ging in das Grab hinein. Er sah die Leinenbinden liegen und das Schweißtuch, das auf dem Kopf Jesu gelegen hatte; es lag aber nicht bei den Leinenbinden, sondern zusammengebunden daneben an einer besonderen Stelle. Da ging auch der andere Jünger, der zuerst an das Grab gekommen war, hinein."

Ja, diese beiden Männer erforschen die Situation vor Ort; sie wollen wissen, was hier passiert ist. Der Verstand führt sie zu ganz verschiedenen Ergebnissen, die aber alle in Vermutungen enden. Sie wissen die ganzen Umstände nicht zu deuten. Aber langsam dämmert es ihnen: Hier muß etwas ganz anderes geschehen sein. Ihnen fallen vielleicht Hinweise und Andeutungen Jesu ein, die sich zu der Gewißheit verdichten: Jesus ist vom Tod auferstanden. "Er sah und glaubte." Diese Überlieferung des Johannes wird dann durch die Aussage der Heiligen Schrift zur Gewißheit, in der es heißt: "Denn sie wußten noch nicht aus der Schrift, daß er von den Toten auferstehen mußte."

Wie schwer ist es doch, die Auferstehung der Toten zu glauben! Damals - und erst recht heute. Wir sind ja aufgeklärte Menschen. Wir nehmen nur das an, was wir sehen und hören, was wir anfassen und mit dem Verstand erfassen können. Wirklich? Wir glauben mehr als wir wahrhaben wollen und meinen. Und das ist gut so, denn nur so können wir die ganze Wirklichkeit dieser Welt und des Lebens erfassen und ergründen, zumindest erahnen.

Damals - während die beiden Jünger wieder zu den anderen Jüngern gehen, bleibt Maria von Magdala noch am Grab und weint, also zunächst verharrend in ihrer Trauer. Nur langsam öffnet sie sich, aber sie öffnet sich in die Zukunft. Ihr begegnen in der Grabkammer zwei Engel. "Warum weinst du?" Noch ganz in ihrer Trauer eingefangen, begegnet sie dem "Gärtner". Erst als der sie mit ihrem Namen anredet, erkennt sie blitzartig, wen sie da vor sich hat. Und das eine Wort, das sie ausspricht, sagt alles: "Meister". So kann sie zu den anderen laufen und ihnen überzeugt verkünden: "Ich habe den Herrn gesehen."

Maria kehrt in das alte Leben zurück. Es ist wirklich noch das alte, aber es ist ein völlig neues Leben, das sie nun lebt, getragen von der Überzeugung, daß nicht der Tod das letzte Wort hat, sondern das Leben.

Gerade in einer Zeit wie heute, in der wir leben, in der durch Kriege Tod und Verderben über die Menschen gebracht wird, die Ängste und Nöte bis hin zur Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit erzeugt, dürfen wir überzeugt sein: unser irdisches Leben wird in Tod und Auferstehung in das ewige Leben vollendet. Und so dürfen wir in aller Freude und Dankbarkeit Ostern feiern, das Leben, für das uns Gott geschaffen hat.