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19.04.03 / Die ostpreußische Familie

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 19. April 2003


Die ostpreußische Familie
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Ruth Geede

Lewe Landslied und Freunde unserer Ostpreußischen Familie,

Ostern ist da, und jetzt erfülle ich mein Versprechen: Ich präsentiere die "Überraschungseier", die in unser Familiennest gelegt wurden. Nämlich die Erfolge, die ich in den letzten Wochen sammeln konnte und die nur möglich sind mit der tatkräftigen Hilfe unserer großen ostpreußischen Familie.

Die größte Überraschung bereitet uns da zweifellos Ursula Nabel, denn sie hat in einem Alter, wo die Verwandtschaft sich zu lichten pflegt, eine Schwester bekommen. "Hebamme" für die späte Geburt war unsere ostpreußische Familie. Allerdings ist die neue Schwester auch schon 76 Jahre alt. Das klingt alles etwas verworren, und ich mußte auch erst zweimal den Brief von Frau Nabel lesen, bis ich begriff, daß da tatsächlich ein Wunder geschehen ist - wie Frau Nabel es bezeichnet.

Es begann mit einer Bitte von Christel Spring aus Tangermünde, die für ihre Großmutter, die den selben Namen trägt, nach Verwandten suchte. Das war insofern schwierig, als Oma Christel schon als Kleinkind in ein Heim gekommen war und später adoptiert wurde. Als die Zehnjährige, wie damals üblich, einen Ahnenpaß benötigte, war darin als leiblicher Vater Otto August Klautke, *29. Mai 1891, aus Mohrungen angegeben. "Wenn sich noch jemand aus dieser Familie melden würde, wäre das für Großmutter und Enkelin eine große Freude!" schrieb ich in unserer Kolumne.

Diese Zeilen las die 80jährige Erika Klautke aus Hannover, die sich sofort mit ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester Ursula Label in Verbindung setzte. Die fiel aus allen Wolken: Sollten sie tatsächlich noch eine Schwester haben, von der sie bis dahin nichts gewußt hatten? Jedenfalls hatte ihr 1975 in Kiel verstorbener Vater Otto Klautke nie etwas von einer weiteren Tochter erzählt. Sofort setzten sie sich mit Frau Spring in Verbindung, die vollkommen aus dem Häuschen geriet, denn es stellte sich schon beim ersten Gespräch heraus, daß sie tatsächlich zwei Halbschwestern gefunden hatte. Kurze Zeit später wurde dies beim ersten Treffen auch sichtbar bestätigt: Die Ähnlichkeit zwischen Ursula und Christel war nicht zu verleugnen! Das stellte auch Erika fest, als sich dann alle drei Schwestern zusammenfanden.

Der Vater hatte die Geburt seiner nichtehelichen Tochter verschwiegen, obgleich er damals bereits Witwer war. Seine Frau Pauline war ein Jahr zuvor verstorben, angeblich an Typhus, aber bei der Obduktion wurde festgestellt, daß ein durchbrochener Blinddarm die Todesursache gewesen war. Die kleine Ursula war noch nicht einmal ein Jahr alt, als die Mutter starb. Jetzt hat die fast 80jährige, die nach einem Schlaganfall unter starken Durchblutungsstörungen leidet, also noch eine Halbschwester gefunden. Deshalb dachten wohl ihre Kinder, als sie ihnen erzählte, daß sie eine Schwester bekommen hätte, sie hätte wohl zuviel Medikamente genommen! Na ja, das ist ja auch nicht so leicht zu verstehen, so ein echtes "Familienwunder"! Wir gratulieren jedenfalls dem Schwesterntrio herzlich zu dieser späten Geburt!

Aber das ist noch gar nichts gegen die Verwandtschaft, die unser Landsmann Martin Coch auf einen Schlag bekommen hat: Über 60 Tanten, Onkel, Kusinen und Vettern aller Grade. Und das ohne Spurensuche, sondern sozusagen als Nebenprodukt. Und dieses wundersame Wachsen einer ostpreußischen Sippe kam so:

Im vergangenen Sommer veröffentlichten wir das Foto eines Gutshauses aus dem Samland, mit dem Frau von Redecker die für sie verschollene Besitzerfamilie Wenck suchte. Mit letzterer ist Martin Coch über seinen Urgroßvater Gottfried Sahm verwandt. Er sandte deshalb eine Kopie des Fotos an seinen Vetter in Leonberg, der bestätigte, daß es sich um das von seinem Onkel Georg Wenck bewirtschaftete Gut Sorthenen handelte. Er hat inzwischen von Frau von Redecker das Originalfoto erhalten. Somit konnte diese Bildergeschichte eigentlich abgehakt werden, aber dann begann sie, ihren Rahmen zu sprengen. Lassen wir Herrn Coch erzählen:

"Frau von Redecker hatte das Foto von Hermine Glenz, geb. Sahm, erhalten. Diese ist eine Enkelin von Gottfried Sahm. Ihr Vater Johann Hermann Sahm war ein Bruder meiner Großmutter Luise Ruhnau, geb. Sahm. Diese nahen Verwandten hatten weder meine Oma noch ihre Tochter - meine Mutter - erwähnt, wohl weil Johann Sahm schon 1925 verstorben war. Er hatte eine gesegnete Nachkommenschaft: außer Hermine sechs weitere Kinder, die insgesamt zehn Enkel, 17 Urenkel und schätzungsweise 30 Urenkel in die Familie eingebracht haben."

Und so kam Herr Coch urplötzlich zu einer riesigen Verwandtschaft! Eine herrliche Familiengeschichte, nicht wahr?

Unverhofft kommt oft - so das Sprichwort. Es muß nur jemand da sein, der die Initialzündung dazu gibt. Im nächsten Fall einer ebenfalls kaum glaublichen Verwandtenfindung ist es Chris Krohm, die uns per E-Mail ihre Erfolgsstory mitteilt, eine Ahnenforscherin der jüngeren Generation. Und zum erstenmal hat sie etwas erlebt, was über ihre Erfolgsvorstellungen hinausgeht.

Da ihr Großvater Fritz Krohm in Pommern geboren wurde, schrieb sie einfach einige Familien dieses Namens in Mecklenburg-Vorpommern an. Es meldeten sich einige der Adressaten, darunter Günter Krohm aus Insterburg und die Witwe seines Bruders Gerhard Krohm. Der Vater der Brüder, der Insterburger Stadtrat Paul Krohm, stammte aus Bindszuhnen, Kreis Darkehmen. Das ist nun doch ein recht ungewöhnlicher Name für eine Kölnerin, und deshalb fiel ihr sofort ein, daß sie ihn schon einmal gehört hatte - aufgrund einer Namensliste, die ihr von Franz-Joerg Becker übermittelt worden war. In ihr war eine Erna Krohm vermerkt, geboren in Stallupönen. Bei einem Anruf hatte sie Chris Krohm mitgeteilt, daß ihr Großvater Otto Krohm aus Bindszuhnen stammte.

Frau Christ kombinierte richtig und fragte bei einem erneuten Anruf die Stallupönerin, ob sie einen Paul Krohm gekannt hatte, dessen Söhne Gerhard und Günter hießen. "Das sind meine Cousins!" rief Erna Krohm total überrascht, denn sie hatte geglaubt, daß es außer ihr und ihren Geschwistern keine ostpreußischen Krohms mehr gäbe. Niemand wußte von dem anderen, da alle Kontakte mit der Flucht abgebrochen waren. Wenn auch Gerhard verstorben war, so lebte doch Günter, und es gab weitere Verwandtschaft auf beiden Seiten. Überraschung, Freude, glückliches Wiedersehen - alles das kam zustande, weil eine Ahnenforscherin in eigener Sache aufmerksam geworden war. Übrigens: Der Ur-Urgroßvater von Frau Chris, Johann Ludwig Krohm, wurde 1863 in Trakehnen geboren! Nun forscht sie weiter ...

Eine Familienzusammenfindung gab es auch für Alfred Anskat - und ebenfalls eine unvermutete. Denn seine Frau Christel hatte ja für ihn nach Informationen über seinen Geburtsort Langendorf, Kreis Labiau, gebeten. Ich hatte schon im voraus für die vielen Zusendungen gedankt, und es kommen immer noch welche! Und ich hatte auch angekündigt, daß sich dabei auch wieder ein kleines "Familienwunderchen" ereignet hatte. Denn unser Landsmann Erich Gettkandt - er stammt aus Aulenbach, Kreis Insterburg - ist seit Jahrzehnten mit der heute 89jährigen Grete Goldbach befreundet, die aus Langendorf stammt. Er rief an, nachdem er den Wunsch von Frau Anskat gelesen hatte, und dabei stellte sich heraus, daß sie die Tante von Alfred Anskat ist. Ein anschließendes Telefonat bei Alfred Anskat brachte dann für Tante und Neffe die große Überraschung, denn seit den 50iger Jahren hatten sie, bedingt durch den Eisernen Vorhang, keinen Kontakt mehr gehabt. Das war eine Freude auf beiden Seiten! Nun hat Herr Anskat nicht nur jede Menge Wissenswertes über Heimatdorf und Schulort erhalten, sondern auch eine nahe Verwandte wiedergefunden!

Ein großer Wunsch ist für Lore Kretschmar in Erfüllung gegangen - und auch hier kann man wohl von einem "Wunderchen" sprechen. Sie war während des Zweiten Weltkrieges Pflichtjahrmädchen bei dem Kaufmann Preikschat in Insterburg und besitzt aus jener Zeit noch Fotos von der Familie. Diese wollte sie an die - wie sie hoffte - noch lebenden Angehörigen übergeben. Sie wußte, daß der damals siebenjährige Reinhold und die 1942 geborene Sieglinde nach dem Krieg von der Großmutter gefunden wurden - der Vater war in Rußland vermißt, die Mutter wie der älteste Sohn Wolfgang noch in der Heimat verstorben. 55 Jahre lang hörte sie nichts mehr von ihnen und wandte sich schließlich an unsere Ostpreußische Familie. Auf ihren veröffentlichten Wunsch meldete sich ein Insterburger, Herr Tümmers, der ihr die Anschrift von Reinhold Preikschat mitteilte: Er lebt seit 1983 in Australien. Auch wird sie inzwischen die angekündigte Adresse von Sieglinde, die adoptiert worden war und heute in Thüringen lebt, erhalten haben und somit gelangen nun die Familienbilder in die richtigen Hände.

Das sind so die ganz großen Überraschungseier - aber es liegen noch viele kleine, bunte in unserm Familiengarten: Gefundene Gedichte, Lieder, Bücher, Bilder ... Ich will sie aufheben und themenweise darüber berichten, denn unser Körbchen ist nun gerammelt voll.

Ich hoffe, auch sie haben sich so darüber gefreut wie ich!

Deshalb: Frohe Ostern!

Eure

Ruth Geede