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03.05.03 / Zwerginsel an Europas Pforte / Mit Malta nähern sich Tradition und Kultur verschiedenster Regionen der Europäischen Union

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 03. Mai 2003


Zwerginsel an Europas Pforte
Mit Malta nähern sich Tradition und Kultur verschiedenster Regionen der Europäischen Union
von K. P. Gerigk

Es sind die Reste einer Landbrücke zwischen dem afrikanischen Kontinent und dem europäischen Sizilien: Die Insel Malta ist von der Insel Gozzo durch einen fünf Kilometer breiten Meeresarm, in dem die Insel Comino liegt, getrennt.

Eher wegen ihrer militär- und handelsstrategischen Bedeutung als wegen besonderer agrarischer oder industrieller Voraussetzungen sind die maltesischen Inseln seit dem Altertum begehrter Stützpunkt und umkämpft gewesen. Die Hauptinsel steigt pultschollenförmig bis zu einer Berghöhe von 253 Meter aus der See und fällt steil mit einer Kliffküste gegen Südwesten ab.

Die Sommer sind trocken-heiß, die Winter dagegen mild mit zyklonalen Regenfällen. Im Frühjahr und Herbst trocknet der heiße Südwestwind, der Schirokko, dem Besucher der Inseln den Schweiß auf der Stirn zu kleinen Salzkristallen. Bei heißen Winden gedeihen Wüstenpflanzen. Vor allem Johannisbrotbaum und Feigenkaktus finden sich in den Felsspalten der Insel. Nur die Olive ist ein wirklicher Genuß. Südfrüchte gedeihen auf dem verkarsteten Gelände nur in bewässerten Plantagen. Die Insel ist, weil zwischen Afrika und Europa gelegen, ein beliebter Rastplatz für Zugvögel, bietet jedoch an sich kaum Artenreichtum. Nagetiere und Insekten halten es auf dern Felsen gut aus. Noch 5000 vor Christus war Malta ein Zentrum europäischer Megalithkultur. Doch die indoeuropäischen Einwohner des Landes wurden erst durch die Katharer und später durch die syrischen Phönizier vertrieben, die ihre kulturellen Spuren hinterließen.

Beiden gemeinsam ist der Baal-kult, wenn auch in unterschiedlicher Ausformung. Baal (altsyrisch: Herr), stellt den jeweiligen göttlichen Landesherren und Herrscher eines Stammes dar. Die Abform des altägyptischen Sonnenkultes, der bei den alten Karthager wie bei den Ägyptern durch eine Priesterkaste gehütet wurde, stellt in seiner nordafrikanischen Form die Herrschaft zweier Richterpriester dar. In dieser Ausformung werden auch Mensch- und Tieropfer aus der Bevölkerung für den Sonnengott Baal gefordert. In Vorderasien, im alten Phönizien und in Kanaa (heutiges Palästina) war Baal der Name für verschiedenste Gottheiten und Herrscher, bei denen es ebenso wie auf Malta zu Menschenopfern und Kannibalismus kam. Gegen diese kultischen Formen richtete sich der Kampf alttestamentarischer Propheten und christlicher Ritter. Malta bleibt bis 218 nach Christus phönizisch und wurde dann von den Römern erobert. Kultische Vermischungen zwischen Baalkult, römischen Gottheiten und Christentum finden auch in die Bevölkerung Eingang. Diese bleiben zum Teil auch noch unter byzantinischer Herrschaft im vierten Jahrhundert und unter der Herrschaft der Araber und bis ins hohe Mittelalter erhalten und breiten sich mit der Herrschaft der Normannen (Graf Roger von Sizilien) und Franzosen (Haus Anjou) nur teilweise geduldet und bekämpft bis nach Südfrankreich und Süddeutschland aus.

Es ist eine offene Frage, ob es dem christlichen Johanniterorden seinerzeit gelang, die heidnischen Kulte auf der Insel vollends zu verdrängen. Jedenfalls wurde unter Kaiser Karl V. die Insel zum Lehen des Ordens, der sich dort von diesem Zeitpunkt an Malteserorden nannte und heute katholisch ist, anders als der heute evangelische Johanniterorden. Die Malteserritter spielten für die Insel und deren Bekanntheit in aller Welt eine große Rolle. Der Orden der Malteserritter kämpfte mit wechselndem Glück gegen den sich ausbreitenden Islam. Die ägyptische Expedition Napoleon Bonapartes beendete jedoch deren Herrschaft auf der Insel im Jahr 1798 zunächst: Die Ritter hatten von 1530 die strategisch wichtigen Inseln unter Kontrolle. Der Verlust der Insel stürzte die Malteserritter und die Bevölkerung in eine ökonomische und in eine Sinnkrise. Landesorganisationen der Ritter wurden aufgelöst oder wurden protestantisch. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts kam es bei den sich katholisch nennenden Malte-serrittern zu einer bekundeten Neubesinnung, um den Fortbestand zu gewährleisten, weg vom dem offen, militärischen Streit, hin zur "Krankenfürsorge und Hilfe für den bedürftigen Nächsten", wie es auf ihrer Internetseite heißt. Dies taten sie so den Johannitern und dem Deutschen Orden gleich. Zar Paul I. wurde de facto Großmeister des Ordens und verlegte den Sitz der Malteserritter 1834 nach Rom. Der Orden wird im der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in einigen Untergliederungen wiederbelebt und ist in verschiedenen Kriegen pflegerisch tätig. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute er sich weiter auf und versteht sich heute als Völkerrechtsubjekt mit diplomatischen Beziehungen zum Vatikan. Er wird von diesem anerkannt, steht dem Heiligen Stuhl nach eigenem Selbstverständnis jedoch "souverän" gegenüber.

1953 werden assoziierte Verbände wie der Malteser Hilfsdienst (MHD) und der Caritasverband gegründet. Eine Herrschaft über die Insel Malta erlangte der Orden trotz entsprechender Bestrebungen bis heute nicht mehr. Er ist in diesem Sinne ohne Territorium, stellt also keinen Ordensstaat dar, wie etwa der Deutsche Orden seinerzeit in Ostpreußen. Dennoch ist er in Italien (Rom) und Österreich auch personell stark vertreten und fördert die Diplomatie und Kultur des Inselstaates Malta sowie dessen Bestrebungen zum Beitritt in die Europäische Union seit Jahren. Dies vergegenwärtigt sich in zahlreichen kulturellen und karitativen Veranstaltungen auf Malta. Im Juli findet das alljährlich Maltafest mit Ausstellungen, Konzerten, Jazz, Theater und Ballett sowie diverser ausländischer Kulturbeteiligung statt.

Im Zentrum der Veranstaltungen steht das Manoel-Theater (erbaut 1731), in dem klassische Schauspiele und Operetten gegeben werden. Seit 2000 finden auch in dem mit großem Aufwand instand gesetzten "St. James Cavalier Centre for Creativity" Konzerte statt. Gozzo hat zwei Opernhäuser. Die Universität von Malta hat eine zum Collegium Melitense von 1592 zurückreichende Geschichte. Sie ist mit über 8.000 auch ausländischen Studenten stark besucht. Hierbei existiert auch ein Kontingent für deutsche Studenten, die mit Stipendium kostenfrei auf der Mittelmeerinsel studieren dürfen. Seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1965 haben sich die Verhältnisse zwischen heute Berlin und Malta gut entwickelt. Das Volumen bilateralen Handels nahm bei den Importen um 30 Prozent zu. Bei den Touristen stellen Deutsche mit 14 Prozent der Besucher nach den Briten den höchsten Anteil. Die Hälfte der maltesischen Staatsangehörigen, also Menschen mit maltesischen Pässen, leben im Ausland: das sind nochmals 400.000, viele auch in Deutschland.

Nicht zu den Ureinwohnern Maltas zählen die Malteser-Hunde. Auch wenn es sich um Namensgleichheiten handelt, kommen Malteserhunde nicht von Malta, um einem alten Irrtum den Boden zu entziehen. Doch schon berühmte Dichter des Altertums wie Callimachos, Plinius, Strabolus und Aristoteles beschrieben den kleinen Schoßhund. Auch antike Malereien, Grabsteine und Vasen beschreiben die Vorläuferrasse des beliebten Haustieres, das im vierten Jahrhundert vor Christus auf der Insel Melita lebte. Gerade bei den Athenerinnen galt der Malteser als beliebtes Schmucktier. Noch heute wird das kleine langhaarige und im Idealfall weiße Tier als städtischer Haushund gehalten und gezüchtet. Er gilt reichen deutschen Damen jedoch eher als Accessoire und ist kulturell gesehen, wie der Chau-Chau, ein zweifelhaftes, wenn auch entzückendes Zuchtergebnis. Er gehört in gewisser Weise, wie andere Haushunde, zur Großstadtkultur.

Die kulturellen Beziehungen zwischen dem Inselstaat Malta und Deutschland jedoch stehen auf anderen Beinen. 1996 wurde die erste deutsch-maltesische Städtepartnerschaft ins Leben gerufen: Adenau in der Eifel und Mellieha. Weitere Partnerschaften bestehen mit Eschborn und Paderborn. 1962 wurde der deutsch-maltesischen Zirkel gegründet. Er wird ehrenamtlich geführt und leistet etwa die Arbeit eines Goethe-Institutes. In Deutsch- land selber ist die Deutsch-Maltesische Gesellschaft mit Sitz in Adenau aktiv. Malta betreibt eine mediterran orientierte Außenpolitik. 1997 war es Gastgeber der zweiten Konferenz des Barcelona-Prozesses, eine Partnerschaft zwischen der EU und Nicht-EU-Ländern. Seit Mitte der neunziger Jahre strebt Malta intensiv nach der Integration in die Europäischen Gemeinschaften und die Mitgliedschaft in der EU an. Nach der Wiederannahme des Beitrittsgesuchs 1998, das Jahre ruhte, weil sich die Regierung Maltas nicht über sein Beitrittsvorhaben im klaren war, wurden im Jahr 2000 Verhandlungen aufgenommen. Innenpolitisch blieb der Beitritt jedoch weiter umstritten. Die Labour-Party favorisierte die Mitgliedschaft in nur einer EU-Freihandelszone.