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03.05.03 / Mann mit den tausend Gesichtern / Zum 100. Geburtstag des Charakterkomikers Fernandel

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 03. Mai 2003


Mann mit den tausend Gesichtern
Zum 100. Geburtstag des Charakterkomikers Fernandel

Jeder kannte ihn und jeder liebte ihn - den so grundhäßlichen und doch so herzerfrischend sympathischen Mann mit dem grobknochigen Pferdegesicht, das mit einem einzigen breiten Lachen ansteckende Freude verbreitete und mit gerunzelter Stirn und hängenden Mundwinkeln den ganzen Jammer dieser Welt widerspiegelte.

Fernandel, der mit bürgerlichem Namen Fernand Contandin hieß, wurde als Sohn eines kleinen Bankbeamten 1903 in Marseille geboren. Bereits mit fünf Jahren trat er neben seinem Vater in Cafés und Kabaretts von Marseille auf.

Sein Weg zum beliebten Filmschauspieler war ein steiniger Pfad, auf dem er aber immer zielbewußt vorwärts strebte. Neben Straßenkehrer, Obsthändler, Hafenarbeiter und Bankangestellter gab es so gut wie kein Metier, in dem er sich nicht versucht hatte. Von seiner Geburtsstadt siedelte er dann nach Paris über. Im berühmten "Mayol" begann er 1928 mit seinem Debüt, dort wo einst auch Chevalier und die Mistinguette zu Hause waren. Sacha Guitry entdeckte ihn schließlich in der Seine-Metropole, als er für seinen "Tugendreichen Isidor" gerade auf der Suche nach einem Dorftrottel war (1932).

Mit einer Riesentorte aus Marzipan ehrten die Kollegen Fernandel 1962 zum Abschluß seines 120. Films "Cet Imbecile de Rimaldi" im Pariser Studio Joinville und gratulierten gleichzeitig zu seinem 30jährigen Filmjubiläum und zum Filmdebüt seines Sohnes Franck. Zwei Jahre später wurde Fernandel als Schauspieler, der am besten mit der Presse zusammenarbeitet, neben Claudia Cardinale und André Hunebelle mit dem von den Pariser Filmjournalisten gestifteten "Orangen-Preis" ausgezeichnet. Im gleichen Jahr wurde ihm und Bourvil für ihre Leistungen in dem Streifen "Alles in Butter" der "Prix Courteline" 1964 zugesprochen.

Fernandel war Ehrenbürger seiner Geburtsstadt, Träger des Kreuzes der französischen Ehrenlegion und seit 1925 mit Henriette Manse verheiratet, mit der er drei Kinder hatte.

Seinen Künstlernamen verdankte Fernandel seiner Schwiegermutter, die ein Ausnahmeexemplar dieser sonst so vielgeschmähten Gattung gewesen sein muß. Sie war damals die einzige, die fest davon überzeugt war, daß er seinen Weg machen würde; sie nannte den zukünftigen Mann ihrer Tochter Henriette liebevoll "Fernand d'elle", was soviel wie "ihr Fernand" hieß.

Den Höhepunkt des internationalen Ruhms erreichte der Schauspieler mit den "Don-Camillo"-Filmen, mit denen er in die Filmgeschichte eingegangen ist.

Fernandel war es gegeben, in seiner Kunst aus dem Herzen heraus jene dunkleren und tieferen Töne zu entwickeln, die ihm auch das Reich der ernsten und oft sogar fast tragischen Rollen erschlossen und ihn so zu jenem "Mann mit den tausend Gesichtern" werden ließen. Diese tiefe Kraft seines Wesens ist es wohl auch gewesen, die den Mann mit dem Pferdegebiß für den französischen Film zu dem werden ließ, was einst Chaplin für Amerika war: der kleine hilflose Mann aus der Masse, der allen Widrigkeiten zum Trotz sich doch immer wieder durchschlagen konnte.

Frankreichs großer Charakterkomiker starb am 26. Februar 1971 in Paris an Lungenkrebs. Am 8. Mai 2003 wäre er 100 Jahre alt geworden. kai-press