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03.05.03 / Für die Rechte der Frau / Neue Biographie über die Schriftstellerin Wollstonecraft

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 03. Mai 2003


Für die Rechte der Frau
Neue Biographie über die Schriftstellerin Wollstonecraft

Bei der Arbeit an der vielgelobten Biographie über Mary Shelley, die Erfinderin von Frankenstein, stieß die Autorin Karin Priester auf die ebenfalls äußerst beeindruckende Lebensgeschichte von Mary Wollstonecraft, der Mutter von Mary Shelley.

Mary Wollstonecraft wurde 1759 als zweites von sieben Kindern eines Londoner Webermeisters geboren. Die Familie war zwar nicht mittellos, doch der tyrannische Vater verkleinerte im Laufe der Jahre das Vermögen und ließ den Frust aufgrund seiner geschäftlichen Mißerfolge an seiner Familie aus. So erfuhr Mary schon früh, wie hilflos Frauen den Launen von Männern ausgesetzt waren. Sie wollte sich dem Ganzen nicht fügen.

Zusammen mit ihren Schwestern und ihrer Freundin Fanny gründete sie eine Schule, die allerdings in finanzielle Schwierigkeiten geriet, so daß Mary als Gouvernante arbeiten mußte. In dieser Zeit schrieb sie ihren ersten Roman, der in seiner gefühlsbetonten Art sein Lesepublikum fand. Als ihr Verleger eine Zeitschrift gründete, stellte er Mary ein.

Schnell wurde sie im Kreise der Londoner Intellektuelen aufgenommen und verliebte sich schwärmerisch in den verheirateten Schweizer Maler Füßli, doch der wollte von der inzwischen über 30jährigen nichts wissen. Unglücklich zog sie 1792 nach Paris und erlebte die Wirren der Revolution.

Auch hier fand Mary einen Kreis von kosmopolitischen Intellektuelen. Ihr Werk "Zur Verteidigung der Rechte der Frau" war aber selbst den Jakobinern zu fortschrittlich, und heute sind Marys Schriften über die Erziehung noch einigen zu dynamisch. Nach einer weiteren unglück-lichen Liebe, aus der ein Kind hervorging, flüchtete Mary nach einem Selbstmordversuch nach Skandinavien. Ständig waren bei ihr Vernunft und Leidenschaft im Wettstreit, und während ihre Schriften weise Ratschläge erteilen, war sie im wirklichen Leben eine unglückliche, zu hysterischen Anfällen neigende Frau. Auch als sie ihren späteren Ehemann William Godwin kennenlernte, war die umstrittene Schriftstellerin durchaus nicht überschwenglich verliebt. Ihre Angst, ihn zu verlieren, war aufgrund ihrer schlechten Erfahrungen beinahe erdrückend. Als sie schwanger wurde, heiratete Godwin sie, doch die Ehe dauerte nicht lange. Mary starb bei der Geburt ihrer Tochter Mary Shelley am Kindbettfieber.

Karin Priester hat mit "Mary Wollstonecraft - Ein Leben für die Frauenrechte" die erste umfassende deutsche Biographie über die wegweisende pädagogische und politische Autorin Wollstonecraft verfaßt.

Das Buch liest sich spannend wie ein Roman und ist aufgrund Karin Priesters umfassender Recherchen sehr aufschlußreich. Häufig zitiert sie aus Briefen und Schriften von Wollstonecraft, Godwin und anderen Zeitzeugen und entwirft so ein lebendiges Bild von Wollstonecraft und ihrer Zeit. Besonders die Französische Revolution ist aus einer ungewöhnlichen Perspektive dargestellt. Wer in Karin Priesters Werk die Biographie einer fanatischen Emanze erwartet, sieht sich enttäuscht, denn das war Mary Woll-stonecraft keineswegs. Sie kämpfte gegen die starren Regeln der Gesellschaft, für elementare Rechte und Bildung für Frauen und für ihr eigenes Glück. Rebecca Bellano

Karin Priester: "Mary Wollstonecraft", Langen Müller, München 2002, geb., 366 Seiten, 22,90 Euro