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© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 10. Mai 2003 |
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Die Hemmschwelle sinkt Propaganda und kurze Kriege drängen den Pazifismus in der Realität zurück von R. G. Kerschhofer Es begann eigentlich schon mit jenem 11. September: Die in unzähligen Wiederholungen gezeigte Hilflosigkeit der Betroffenen läßt seither weitgehend übersehen, wie sehr man selber hilflos ist gegenüber einem allumfassenden Manipulationsapparat! Mitleid mit Opfern trübt eben das Urteilsvermögen und hindert daran, die zahlreichen Ungereimtheiten zu hinterfragen. Aber die Schuldfrage war von Anfang an so klar wie früher einmal die Schuld der Hexe an einer verendeten Kuh, und daher mußten auch die Konsequenzen so klar sein wie einst der Scheiterhaufen. Der Popanz "Kampf gegen den internationalen Terror" hat seine Schuldigkeit getan und tut dies weiter. Es gibt dabei mancherlei Trittbrettfahrer. Putin etwa hoffte, freie Hand gegen die Tschetschenen zu kriegen - auch allesamt "Terroristen". Doch jetzt muß er hilflos zusehen, wie in ehemaligen Sowjetrepubliken eine US-Basis nach der anderen entsteht: Die knochenkorrupten "ex"-kommunistischen Des-poten dort sind nun einmal ideale Bündnispartner der USA. Und zu einem großen Staatsmann fehlt Putin die Erkenntnis, daß Rußland im Kaukasus nichts verloren hat. Die USA - mittlerweile in Georgien und Aserbaidschan etabliert - natürlich ebensowenig. Der Afghanistan-Krieg war eine Generalprobe, die ohne den Konnex mit dem 11. September gar nicht hätte abgehalten werden können. Eine "erfolgreiche" Generalprobe, bei der alles so kurz und nahezu schmerzlos wirkte, daß nur noch laue Kritik an den "Kollateralschäden" aufkommt. Und zu diesen zählen auch die "Guantánamo-Regeln" für Gefangene sowie die Beweislastumkehr für alle, die zu Schurken erklärt werden. Die scheinbare Ausschaltung der Taliban sowie ein paar kosmetische Veränderungen in und um Kabul lassen vergessen, daß für Afghanistan selbst gar nichts gelöst ist. War auch nicht geplant. Mit den übrigen Schurkenstaaten tut sich die Meinungsmaschinerie viel schwerer, denn außerhalb der USA ist der Öffentlichkeit halbwegs klar, wie konstruiert die Rechtfertigungen für einen "vorbeugenden Schlag" sind. Ebenso deutlich wird damit allerdings, wie hilflos man diesem nun einmal ins Rollen gebrachten Militärapparat gegenübersteht! Auch der Irak-Krieg war kurz. Viel zu kurz, denn die Hemmschwelle für neue Aggressionen wird noch weiter herabgesetzt. Warum in allen Prognosen die Widerstandskraft der Verteidiger so maßlos überschätzt wurde? Weniger wegen Überschätzung des Saddam-Regimes als wegen Unterschätzung der Wirkung von Massenvernichtungswaffen: Die pulverisierten Opfer von "Mega-Bomben" und Streubomben wird zwar keiner mehr zählen können. Aber wer überlebte, war von seiner eigenen Hilflosigkeit derart überzeugt, daß er die Konsequenzen zog. Übrigens, warum tut man immer so, als würden nur zivile Kriegsopfer Mitleid verdienen? Dienstverpflichtete Soldaten sind ebenso unschuldig und bei schlechter Ausrüstung sogar noch hilfloser. Die Fehlprognosen hatten einige ermutigt, wider den Stachel zu sprechen, was sie sonst kaum gewagt hätten. Nehmen wir etwa einen Chirac, der bei aller persönlichen Eitelkeit immer die nationalen Wirtschaftsinteressen im Auge behält. Und vielleicht hätte dies sogar für Schröder gegolten. Bürgerliche Politiker haben aber keinen Grund, sich nachträglich bestätigt zu fühlen: Sie mußten hilflos zusehen, wie Sozialisten und Grüne plötzlich als die einzigen "Nationalen" dastanden. Und sie schaffen es bis heute nicht, sich und der Welt den Unterschied zwischen Bündnistreue und Kumpanei bei einem Raubkrieg klarzumachen. Es fehlen ihnen die Worte, denn "Imperialismus", "Neokolonialismus" und so fort stammen aus der bolschewistischen Mottenkiste, und andere Ausdrücke sind nicht politisch korrekt. Eine beschämende dialektische Hilflosigkeit, die aus fortdauernder Umerziehung resultiert, aus fremdbestimmter Themen- und Wortwahl! Daß sich sogar die UNO als hilflos erweist, hat strukturelle Gründe, die ein Kapitel für sich sind und während des kalten Krieges bloß übertüncht waren. "Irrelevant" ist sie aber nicht wegen, sondern trotz der ehrlichen Bemühungen von Annan, Blix und El-Baradei. Psychologen deuten Aggressivität als eine Kompensation für Unsicherheit und Schwäche. Das Verhalten von Terroristen, die keine anderen Mittel zu haben glauben, wird damit ebenso verständlich wie das des US-Präsidenten: Der heute so zackige "Oberste Kriegsherr" hatte nämlich einst Texas gegen den Vietkong verteidigt - sprich: er hatte sich dank Papa Bush vom Militärdienst drücken können, der allgemeine Pflicht war. Und Bush Junior weiß vor allem, daß er hilflos jenen ausgeliefert ist, die ihn wegen eines geschobenen Wahlergebnisses und zwielichtiger Finanztransaktionen jederzeit auffliegen lassen könnten. Für die anderen Hilflosen in dieser Welt ist dies allerdings kein Trost, eher im Gegenteil ... |