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17.05.03 / Iran und Indien verbünden sich

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 17. Mai 2003


Iran und Indien verbünden sich
Enge militärische Kooperation vereinbart: Schlappe für Washington?
von Hans Heckel

Im südasiatischen Raum bahnt sich überraschend eine Militärallianz zweier regionaler Schwergewichte an: Wie die monatlich erscheinende Fachzeitschrift Marine- forum in ihrer Mai-Ausgabe berichtet, haben Indien und der Iran bereits im Januar eine enge militärische Zusammenarbeit vereinbart - weithin ignoriert von den weltweiten Medien.

Am 19. Januar hat demnach der indische Marinebefehlshaber und zugleich Stabschef der Streitkräfte, Admiral Madhavendra Singh, Teheran besucht und eine Reihe militärischer Kooperationsabkommen mit seinen iranischen Verhandlungspartnern unterzeichnet. Nur acht Tage darauf, am 27. Januar, reiste Irans Staatspräsident Mohammad Khatami der Nachricht zufolge zum Gegenbesuch nach Neu-Delhi. Hier bekräftigten die beiden Verteidigungsminister Fernandes (Indien) und sein iranischer Kollege Schamkhani die "Strategische Partnerschaft" auf Ministerebene.

Wie das Marineforum meldet, zeigen die Pläne zum gemeinsamen Vorgehen bereits sehr konkrete Konturen. So will Indien dem Iran beim Bau eines Marinearsenals im persischen Chah Bahar (am Golf von Oman in unmittelbarer Nähe zur pakistanischen Grenze) helfen, Ersatzteile liefern sowie iranische Marinesoldaten und Techniker ausbilden. Darüber hinaus böten die Inder die Lieferung von FK-Korvetten und U-Boot-Simulatoren an. Nachdem der Iran in den 90er Jahren drei russische U-Boote erhalten habe, könnten Teherans Seestreitkräfte von der 35jährigen Erfahrung Indiens mit sowjetischen beziehungsweise russischen Unterseebooten profitieren.

Irans Gegenleistung ist mindestens ebenso brisant: Teheran bot, wie das Marineforum unter Berufung auf indische Medien ausführt, der indischen Seite an, im Falle eines Konflikts mit dem Erzrivalen Pakistan sein Territorium für Landoperationen (Aufbau einer Westfront) zu nutzen.

Nur wenige Wochen nach Unterzeichung des Abkommens habe ein iranischer Flottenverband Bombay (Mumbai) besucht. Hier sei erstmals auch ein gemeinsames Manöver abgehalten worden.

Die neue Allianz stellt eine erhebliche Überraschung dar: Iran gilt trotz beachtlicher innerer Reformen noch immer als Land des islamischen Fundamentalismus. Im mehrheitlich hinduistischen Indien kam es in der Vergangenheit mehrfach zu blutigen Auseinandersetzung zwischen Hindus und der muslimischen Minderheit. Auch Indiens über 50 Jahre währender Dauerstreit mit dem islamischen Nachbarn Pakistan ist zu einem wesentlichen Teil religiös aufgeladen. Das sunnitische Pakistan, das mit den USA verbündet ist, sieht sich unvermittelt von den schiitischen Mit-Moslems im Iran und dem alten Rivalen Indien in die Zange genommen. Im Kaschmir tobt seit Ende der 40er Jahre eine Art regionaler Dauerkrieg zwischen Indien und Pakistan, die beide über Atomwaffen verfügen.

Für die USA ist die neue Allianz nicht minder irritierend. Washington hatte Persien in die "Achse des Bösen" eingereiht. Spekulationen, daß die Bush-Regierung nach dem Irak-Krieg demnächst Iran angreifen könnte, halten sich zäh. Seit über 20 Jahren verfolgt Washington das Ziel, den Iran zu isolieren, was mit der Eroberung des Irak und Afghanistans weithin gelungen zu sein schien. Durch einen Pakt mit Indien hätte Teheran diesen Ring erfolgreich durchstoßen.

Die Rolle des traditionell Amerika-kritischen Indien war zuletzt schwer durchschaubar geworden, nachdem Neu-Delhi überraschend Verständnis für Bushs "Krieg gegen den Terror" signalisiert hatte. Allem Anschein nach war hier mehr Taktik als Überzeugung im Spiel. Durch seine oberflächlich wohlwollende Position zielte Indien womöglich nur darauf, seine eigene Bündnispolitik zu betreiben, ohne daß die USA umgehend auf Konfrontationskurs gehen konnten. Iran erntet unterdessen offenbar die Früchte seiner Diplomatie: Die USA bemühen sich dieser Tage überraschend um eine Verständigung mit Teheran.