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17.05.03 / Scheinbare Idylle auf der Insel Hel

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 17. Mai 2003


Zu oberflächlich
Scheinbare Idylle auf der Insel Hel

Das "Café Saratoga" aus dem gleichnamigen Roman der Jungautorin Malin Schwerdtfeger liegt auf der Halbinsel Hel. Hier setzt die Geschichte der Schwestern Sonja und Majka ein, deren Vater ein kleines Café nahe am Meer eröffnet hat. Doch das Café ist für den Vater der Mädchen nur Mittel zum Zweck. Sein Ziel ist die Ausreise nach Westdeutschland. Diese erhofft er sich, durch die Einnahmen der kleinen Gaststätte finanzieren zu können. Den Mädchen hingegen ist das nicht wichtig. Die "Bundesrepublik" ist für sie etwas nicht Greifbares, sie genießen die Zeit auf Hel. Als es dem Vater gelingt, seinen Traum zu verwirklichen, fällt es den Mädchen schwer, in Niedersachsen ein neues Zuhause zu finden, war doch für sie die Zeit auf Hel ein nimmer endendes Abenteuer. Malin Schwerdtfeger berichtet aus der Sicht des Mädchens Sonja, doch die kindliche Perspektive verschließt sogleich interessante Aspekte der Geschichte. Daß die Beziehung der Eltern mehr als nur schlecht und die Mutter zudem schwer depressiv ist, wird nur am Rande angedeutet. Statt dessen plaudert Sonja munter über ihre Alltagseindrücke.

Malin Schwerdtfeger (Jahrgang 1972) zählt nach Ansicht von vielen Kritikern mit Judith Hermann (Jahrgang 1970) und Benjamin v. Stuckrad-Barre (Jahrgang 1975) zu den vielversprechenden jungen Talenten in der deutschen Literatur, doch gerade für das ältere Publikum sind die Werke gewöhnungsbedürftig.

Offenbar findet Malin Schwerdtfeger es chic, derbe Wörter zu verwenden. Beispielsweise der Begriff "Fötzchen" als Anrede für kleine Mädchen ist schon ziemlich zweifelhaft. Selbst wenn sie damit das Milieu, in dem die Kinder aufwachsen, realistisch schildern wollte, dann wirkt es aufgrund der Häufung trotzdem überzogen.

Das nun bei Lübbe erschienene Hörbuch wird von der Synchronsprecherin Anne Moll gelesen. Sie bemüht sich aufrichtig, beschwingt aus der Sicht der Ich-Erzählerin Sonja zu erzählen, doch die Fröhlichkeit und Naivität scheinen aufgesetzt.

Malin Schwerdtfegers "Café Saratoga" ist sprachlich zwar sehr erfinderisch und abwechslungsreich, doch so malt sie mit Worten vielmehr nur ein Bild, als daß sie eine Geschichte erzählt. Es fehlen emotionale Tiefe und Handlung. R. B.

Malin Schwerdtfeger: "Café Saratoga", Lübbe Audio, Bergisch Gladbach 2003, Hörbuch, gelesen von Anne Moll, 217 Minuten, 24,90 Euro