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24.05.03 / Hans Heckel über Steuerchaos, Staatsbankrott und "Bürgerkonvent"

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 24. Mai 2003


Der Schutt von 30 Schulden-Jahren
Hans Heckel über Steuerchaos, Staatsbankrott und "Bürgerkonvent"

Ja, die deutsche Krise ist in der vergangenen Woche in eine neue, dramatische Phase eingetreten.

Steuerchaos, täglich aufs neue "überraschte" Minister, Staatsbankrott: Mit einer in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie erlebten Brutalität ist das Versagen der Politik in seiner ganzen Schärfe sichtbar geworden. Jetzt tritt zu Tage, was sich seit drei Jahrzehnten unter dem verniedlichenden Etikett "Reformstau" angesammelt hat. Wer als Deutscher (mit ein wenig schlechtem Gewissen) davon geträumt haben mag, "auf Kosten der kommenden Generation" leben zu können, wurde mit lautem Knall geweckt. Die kalte Botschaft: Diese "kommende Generation" ist da - und du gehörst dazu. Wir alle. Ab jetzt hagelt es Rechnungen für längst verfeierte Wohltaten.

"Selbst wenn ..." ist derzeit eine häufig gebrauchte Formulierung. "Selbst wenn" wir uns erheblich einschränken, "selbst wenn" wir umgehend rabiat umsteuern: Es wird Jahre und Jahrzehnte dauern, bis wir den Schutt der 30 wunderbaren Schulden-Jahre weggeräumt haben.

Die Reaktionen aus Regierung und Gewerkschaften sind absurdes Theater. Agenda 2010? Höchstens ein kleiner Anfang, und selbst der wird schon wieder zerredet. Wer noch die Nerven hat, den frucht- wie endlosen Debatten zu lauschen, findet die dort fabulierenden Politiker und Funktionäre am Ende immer an derselben Stelle vereint: Welche Steuer, welche Abgabe erhöhen wir als nächstes, um nur ja unsere "bewährten Strukturen" mit frischem Geld zu versorgen?

48,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), fast die Hälfte des gesamten von den Deutschen jährlich erarbeiteten Geldes also, fließt in die Hände des Staates. Dessen "bewährte Strukturen" aber sind nicht imstande, mit jener riesigen Summe auszukommen. Angesichts dieses Phänomens mehren sich Zweifel, ob die Grundlagen noch stimmen. Der Spiegel zeichnet in einer Serie "Die verstaubte Verfassung" derzeit nach, wie jeder Vorschlag im Getriebe des "bewährten" Systems der Zuständigkeiten und Lobbyisten zerrieben wird. Es entsteht das Bild eines Gestrüpps der perfekten Selbstblockade, das sich krebsgeschwürartig ausbreitet und praktisch unreformierbar ist, das nur immer neue Gesetze und Verordnungen ausspeit, statt endlich einmal auszumisten. Mehr als die Hälfte der gesamten Steuerliteratur dieser Welt erscheine auf deutsch, so der Spiegel.

Einer derjenigen, die den Kollaps voraussagten und viele seiner Ursachen schon vor Jahrzehnten beim Namen nannten, ist Prof. Meinhard Miegel, Leiter des Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft in Bonn. Mit zunächst nur einigen (aber offenbar recht einflußreichen) Mitstreitern gründete er im März den "Bürgerkonvent" (siehe Folge 20, Seite 24). Ziel des neuen Vereins ist es, die Bürger dazu zu bewegen, selbst Einfluß zu nehmen, um unser Land gründlich zu entrümpeln. Er wolle, so Miegel in Hamburg, dabei für Lösungsmodelle werben, die oftmals schon "in den Schubladen liegen, aber politisch nicht durchsetzbar sind". Der Bürgerkonvent wolle Eisbrecher sein, um dem politischen Handeln eine Fahrrinne zu brechen.

Mit Fernsehwerbung und ganzseitigen Anzeigen hat der Konvent bereits Millionen von Menschen erreicht, die seine Internetseite besucht und "waschkörbeweise" Briefe geschickt haben. Weitere prominente Namen um den Konvent sind Ex-BDI-Chef Hans-Olaf Henkel oder der FDP-Politiker Otto Graf Lambsdorff. Inwieweit Miegels Truppe Einfluß gewinnen kann, ohne selbst Partei zu werden, bleibt offen.