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© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 31. Mai 2003 |
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Ein Paradies für Musikliebhaber Eine Vorschau auf ausgewählte Festspielorte von Werner Dremel Wer Musik liebt sowie Zeit und Geld hat, der sollte sich die Monate Juni, Juli, August jedes Jahr als Freiräume reservieren, da ist - Festspielzeit! Bayern, Deutschland, Europa, von Schottland bis zur Provence, von Prag bis Sevilla, von München bis Moskau - Musik, Musik - und auch Gesprochenes! Der Festspielgedanke, noch in den sechziger Jahren exklusiv auf einige Traditionsorte wie Salzburg und Bayreuth, Wien und Luzern, München und Edinburg beschränkt, hat seither seinen Siegeszug durch Europa angetreten. Dabei werden seine Besonderheiten, zeitliche Beschränkung und hochkarätige Aufführungen, bei weitem nicht immer eingehalten. Wir bringen hier die bayerischen Höhepunkte, dazu Dresden, Salzburg und Bregenz. Richard-Wagner-Festspiele Fangen wir mit Bayreuth an, neben New York und Mailand der bekannteste Opernort der Welt, wohl auch der bekannteste Festspielplatz. Als Neuproduktion wird der "Fliegende Holländer" aufgeführt, Inszenierung Claus Guth, Bühnenbild C. Schmidt, Dirigent Marc Albrecht. Man darf gespannt sein, wie das Team die Aufgabe löst, nachdem man in Bayreuth eine Reihe fantastischer Holländerinterpretationen, ich erinnere nur an die letzten von Dorn und Kupfer, erlebt hat. Zum vierten Mal wird, in der Inszenierung von J. Flimm, "Der Ring des Nibelungen" aufgeführt. Flimms Auffassung des ungemein dichten und komplexen Werks, des größten Dramas der Musikliteratur - viele Kenner sagen: das größte Drama überhaupt - wird von der Musikwelt recht ambivalent beurteilt. Vielleicht trifft die Kurzformel "große Momente contra Banalitäten und Überflüssigkeiten" (wo bleiben Mythos und Archetyp, die konstituierenden Elemente gerade dieses Werks?) den Kern der Inszenierung. Faszinierend ist die Interpretation des Lohengrin, wie ihn Regisseur K. Warner und Bühnenbildner S. Lazarides auffassen. Trotz einiger Unstimmigkeiten ist hier ein "Wurf aus einem Guß" gelungen, der mit seiner schwarzen Tiefgründigkeit den Besucher in seinen Bann schlägt - düstere Ästethik vom Feinsten! In warmer, satter Bildhaftigkeit hat Arlaud, der auch das Bühnenbild geschaffen hat, den "Tannhäuser" gestaltet. Es ist wirklich die "romantische Oper", die uns Wagner verspricht. C. Thielemann, wohl die Wagnerbegabung unserer Zeit, hat die musikalische Leitung übernommen. Die einmalige Geschlossenheit der Bayreuther Festspiele rührt natürlich in erster Linie daher, daß nur die Werke eines einzigen Komponisten aufgeführt werden. Aber zum andern ist es das Werkstattkonzept Wolfgang Wagners, des langjährigen Festspielleiters, das für diese Geschlossenheit sorgt - bei aller wirklich bemerkenswerten Inszenierungsbreite der verschiedenen Regiekonzepte! So unterbleiben die Narreteien der Experimentierbühne, die Bayreuth per se nicht ist und hoffentlich nie sein wird! Der Mythos Richard Wagner ist ungebrochen und soll es für immer bleiben! Mozartfest in Würzburg In der anderen Musikstadt Frankens, in Würzburg, steht das Mo-zartfest in diesem Jahr unter dem Motto "Mozart und die Meister seiner Zeit". Was den Bayreuthern der grüne Hügel, ist den Würzburgern ihre Residenz. Wer einen solchen Aufführungsplatz hat, braucht sich wirklich "nur mehr" um die eigentliche, die musikalische Seite, zu kümmern. In den Räumen dieses Prachtbaus, im Rosengarten, im berühmten Rokokopark Veitshöchheim und im Park des Werneck-schlößchens muß man achtgeben, daß man vor lauter Ambiente die Aufführungen nicht vergißt! Würzburg ist auch für den in erster Linie optisch Begeisterten ein "Muß". In gewohnter Vielfalt und Reichhaltigkeit wird hier das ganze Köchelverzeichnis aufgeboten - Sinfonien, Divertimenti, Serenaden, Instrumentalkonzerte, Streichquartette, weltliche und kirchliche Arien sowie "Don Giovanni" in einer Neuinszenierung! Und dann noch "... die Meister ihrer Zeit": Vivaldi, Boccherini, Clementi, Dittersdorf, Haydn, Salieri, die Bachsöhne, Dussek und Einzelwerke des frühen Beethoven sowie Schuberts. Die ungemein reiche Musikwelt dieser Epoche umrahmt das Genie Mo-zarts. Orchester und Solisten aus ganz Europa, aus England, Rußland und Frankreich, Wiener und Innsbrucker Ensembles, das WDR-Orchester unter Neville Mariner, die Bamberger Sinfoniker und die Dresdner Staatskapelle, die hervorragenden Würzburger Vereinigungen der Hochschule für Musik und der Philharmoniker. Kurzum - das Würzburger Mozartfest - ein strahlender Stern am deutschen Musikhimmel! Sommerkonzerte zwischen Donau und Altmühl So ist der offizielle Titel einer Reihe von hochkarätigen Musikveranstaltungen in Ingolstadt und Umgebung. Seit über 13 Jahren ist durch die großzügige Förderung von Audi - in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk - ein echtes Festspielzentrum an der Donau entstanden. Um die Orchester-Dirigenten und Solisten kann man die Stadt an der Donau nur beneiden: Rundfunkorchester, Bamberger Sinfoniker, Staatsballett, Zubin Mehta, James Levine (in den vergangenen Jahren Lorin Maazel und Daniel Barenboim), Anne-Sophie Mutter, M. Rostropowitsch, W. Aschkenazy - ein Vademecum der feinen Adressen in der Musik. Mit 29 Veranstaltungen erstreckt sich hier, natürlich mit vielen Zwischenpausen, bis zum 1. August ein Programm mit den Schwerpunkten Klassik - Orchester- und Solistenkonzerte - und Musik der Welt: diesmal Türkei, Südafrika, Spanien und China. Dazu "Die Csardasfürstin" von E. Kalman (Ensemble des Gärtnerplatztheaters München) und, besonders originell, ein Gastspiel der Salzburger Festspiele (unter deren Hauptsponsoren sich wiederum Audi findet): eine halbszenische Aufführung in Kostümen der "Entführung aus dem Serail". Europäische Wochen Passau Die andere Musikstadt an der Donau ist Passau. In seiner Umgebung, in Ostbayern, Böhmen und Oberösterreich, werden, in diesem Jahr unter dem Motto "Sehnsucht nach Italien", von Ende Juni bis Ende Juli, die Aufführungen stattfinden. Der gesamteuropäische Bezug war immer da und wird immer mehr ausgebaut. Europa - eine kulturelle Einheit, dargestellt an der Musik seiner Völker. Dieses Jahr nimmt das Motto Bezug auf die Lage Passaus am Wasser, deshalb auch das bayerische Venedig genannt, und auf seine stark von Italienern geprägte Barockarchitektur. Die italienischen Komponisten dominieren in den Musikveranstaltungen, ob instrumental oder gesungen. Es gibt eine Konzertreihe "Alte Musik", eine Reise durch die italienische Oper, und Mozarts "Hochzeit des Figaro", dazu eine Verdi-Nacht, und seine berühmte "Messa da Requiem". Etwas besonderes sind die Kulturausflüge - Besichtigungen und Musikveranstaltungen - nach Böhmen, die - nomen est omen - als Traumtage bezeichnet werden. Eine der schönsten Städte Deutschlands wird zur Kulisse für ein langes Fest, in dem auch großes Theater - Othello, Romeo und Julia - nicht fehlt. Bregenzer Festspiele Einmalig ist hier natürlich die Naturkulisse: die größte Seebühne der Welt. Über zwei dutzendmal wird Bernsteins großartiges Musical "Westside Story" hier aufgeführt. Das andere Hauptwerk ist die Oper "Das schlaue Füchslein" von Leos Janacek. Die beiden Orchester sind traditionsgemäß die Wiener Sinfoniker und der Wiener Concert-Verein. Dazu gibt es einige zeitgenössische Werke mit und ohne Musik. Vor jeder Aufführung erfolgt eine umfassende Einführung in das Stück. Sehr erfreulich: Die Schweizer Groß-Bank UBS ist zum Hauptsponsor der Festspiele geworden. Wir freuen uns mit! Dresdner Musikfestspiele Werke von Richard Wagner und Hugo Wolf bilden die diesjährigen Schwerpunkte der Festspiele. Als klassische Oper des Meisters wird allerdings nur "Tannhäuser" aufgeführt, man hätte sich schon noch ein zweites Werk gewünscht. Allerdings "um Wagner herum" ist das Programm geradezu opulent. Es gibt Vorträge und Filme, Orchesterkonzerte und Klavierbearbeitungen, Frühwerke des Komponisten und die inzwischen berühmte Parodie der Studiobühne Bayreuth: "Hoiotoho oder der gantze Wagner an einem Abendt". Bayreuth, Dresden und München - die "heilige Dreiheit" des Giganten - man kann den Musiksommer allein mit Wagner füllen! Der andere Schwerpunkt, Hugo Wolf, wird ebenfalls in zahlreichen Veranstaltungen gewürdigt. Bemerkenswert natürlich: sein "Italienisches Liederbuch". Daneben ist Richard Strauß hervorgehoben, mit den Opern "Der Rosenkavalier" und "Capriccio". Als Solisten von internationalem Rang sind der Geiger Gidon Kremer und der Tenor Peter Schreier zu nennen. Auf alle Fälle: Dresden ist eine Reise wert! Es hat sich zum Musikzentrum Mitteldeutschlands entwickelt und knüpft damit an seine große Tradition des 19. Jahrhunderts an. Münchner Opernfestspiele Im grandiosen Nationaltheater, dem Gegenstück zur Semperoper - wohl die beiden eindrucksvollsten Opernhäuser Deutschlands und mit die schönsten der Welt -, gelangen, wie jedes Jahr, die Größen der Opernliteratur zur Aufführung - nur Rossini fehlt. Verdi ist mit "Don Carlos", "La Traviata" und "Falstaff" vertreten, Puccini mit "Manon Lescaut", Mozart mit der "Entführung aus dem Serail". Von Richard Wagner hören und sehen wir "Tannhäuser" und die "Meistersinger", von Richard Strauß den "Rosenkavalier" und "Elektra". Daneben gibt es Liederabende, Konzerte und Ballette - "Schwanensee" und "Sommernachtstraum" -, "Lucia di Lammermoor" und Barockopern von G. F. Händel wie "Rodelinda und Rinaldo". Was die Interpreten betrifft, seien pars pro toto nur einige genannt: die Sänger E. Gruberova, V. Urmana, T. Allan, E. W. Schulte und die Dirigenten Z. Mehta, M. Viotti und Peter Schneider - alle vom feinsten! Bei den Inszenierungen muß man dagegen selektiv vorgehen. Selbst der Intendant der Staatsoper meint: "München liebt seine Oper, was es auch immer von den jeweiligen Inszenierungen halten mag." Ja, und auf dem zweiten Satzteil liegt die Betonung. Aber: bei den Festspielen ist Gott sei Dank viel Sehenswertes dabei - aber wie gesagt: Vorsicht bei der Auswahl! Die Salzburger Festspiele Genau dasselbe gilt von den, neben Bayreuth, wohl bekanntesten, und zweifelsfrei von den Besetzungen her hochkarätigsten Musikfestspielen der Welt. Um Sänger und Dirigenten braucht man sich im einzelnen nicht zu kümmern - das sind meistens die größten ihres Faches - genauso wie die Instrumentalsolisten - allein am Klavier J. Kissin, A. Volodos, A. Brendel, M. Pollini, M. Perraiha, R. Buchbinder - aber: die Inszenierungen, die Regie! Obwohl der "große Mortier" zumindest für Salzburg mort ist, wirkt sein (Un)geist natürlich noch weiter! Mozarts "Don Giovanni", die "Entführung" und "Titus" stehen auf dem Spielplan, dazu "Don Carlos" von Verdi und Offenbachs "Hoffmanns Erzählungen". Eine Prachtauswahl - aber, wie gesagt, aufpassen, wer Regie führt. Für das Schauspiel gilt das gleiche. Unbesehen kann man in den "Jedermann" gehen - sofern man Karten bekommt. Denn das Stück war und ist der Selbstläufer der Festspiele. "Das weite Land", "Peer Gynt" und "Woyzeck" sind die bekanntesten Titel auf der Theaterbühne. Vorbehaltslos zu empfehlen ist die geradezu grandiose Vielfalt der konzertanten Darbietungen: Sinfonien, Kammermusik, Solistenkonzerte, Liederabende, Kirchenmusik. Bei den Namen der Interpreten kann es einen schwindeln: Klavier siehe oben, Gesang Georghiu und Bartoli, Raimondi und Domingo, Hampson und Diener, Urmana und Botha, Dirigenten Harnoncourt und Nagano, Metha und Rattle, dazu die Wiener und die Berliner Philharmoniker und, und ... Selbstredend sind alle Größen der Musik im 18., 19. und 20. Jahrhundert vertreten - Mozart, Beethoven, Schubert, Brahms, Bruckner, Chopin, Liszt, Strauß, Mahler. Wer sich da zwei, drei Karten "ergattern" kann, gehört zu den Glücklichen des Musiksommers! Die Preise Natürlich kosten die großen Namen viel Geld. So steht auch Salzburg an der Spitze, wo die teuersten Karten gegen 350 Euro kosten, dann aber bis zu zehn Euro absinken - eine gewaltige Spannweite! Bayreuth und München liegen im Mittelfeld: Obwohl jede Karte zwischen sechs- und zehnmal verkauft werden könnte, kosten die teuersten Billetts in der Wagnerstadt 183, die günstigsten elf Euro. München liegt zwischen knapp 200 und zehn Euro. In den übrigen Festspielorten belaufen sich die Eintrittspreise zwischen fünf
und 80 Euro, in Würzburg, Dresden, Bregenz und Passau. Einmalig Ingolstadt: Die
teuersten Eintritte in Konzerte mit Mehta, Mutter und Levine: 40 und 50 Euro -
alles andere darunter! Das nennt man günstig! Bregenzer Festspiele: 16. Juli bis 18. September, Postfach 311, A-6901 Bregenz, Telefon 0043 (55 74) 4 07-6 Dresdner Musikfestspiele: 29. Mai bis 15. Juni, Postfach 202723, 01193 Dresden, Telefon (03 51) 48 66-3 17 Sommerkonzerte zwischen Donau und Altmühl: 4. Mai bis 1. August, 85044 Ingolstadt, Telefon (0800) 1 18 40 30 Europäische Wochen Passau: 20. Juni bis 27. Juli, Dr.-Hans-Karpfinger-Straße 22, 94032 Passau, Telefon (08 51) 75 20 20 und 5 16 89 Münchner Opernfestspiele: 28. Juni bis 31. Juli, Maximilianstraße 11, 80539 München, Telefon (0 89) 21 85-19 20 Salzburger Festspiele: 26. Juli bis 31. August, Postfach 140, A-5010 Salzburg, Telefon 0043 (6 62) 8 04 55 00 Würzburger Mozartfest: 6. Juni bis 4. Juli, Kulturamt Rathaus, Telefon (09 31) 37-23 36 |