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07.06.03 / Lucas Cranach d. Ä.: Hamburger Ausstellung zeigt sein Werk zu den Themen Glauben und Mythologie

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 07. Juni 2003


Bilder von Venus, Eva, Maria und Lucretia
Lucas Cranach d. Ä.: Hamburger Ausstellung zeigt sein Werk zu den Themen Glauben und Mythologie

Nur ein Jahr jünger als Albrecht Dürer war der andere große Künstler der Renaissance, der Maler, Graphiker und Unternehmer Lucas Cranach, geboren 1472 im fränkischen Kronach und ausgebildet in Wien. - Eine kleine Brauerei in seiner Vaterstadt hat es sich nicht nehmen lassen, ein Bier nach dem großen Meister zu benennen. Nicht zu sehen in der Hamburger Ausstellung, doch im angeschlossenen Museumsladen. In der bemerkenswerten Ausstellung selbst, die noch bis zum 13. Juli im Bucerius Kunst Forum am Hamburger Rathausmarkt besucht werden kann (täglich 11 bis 19 Uhr; Katalog 24,80 Euro), hat man sich auf die heute so sehr kostbaren Werke Cranachs konzentriert und zeigt aus Anlaß seines 450. Todesjahres (Cranach starb am 16. Oktober 1553 in Weimar) eine stattliche Reihe so bekannter Arbeiten wie "Das Urteil des Paris", "Venus und Amor", "Adam und Eva" oder die verschiedenen Versionen zu dem Thema Lucretia oder Martin Luther.

Cranach war es, der als erster Künstler außerhalb Italiens einen Frauenakt malte. Anders als Dürer, der bei seinen Akten Studien der Antike oder Konstruktionen idealer Schönheit zugrunde legte, stilisiert Cranach den Frauenkörper. Besonders beeindruckend das 1509 entstandene lebensgroße Werk "Venus und Amor" aus der Eremitage in St. Petersburg. Aus dunklem Hintergrund tritt der zarte Frauenkörper dem Betrachter entgegen. Über dem Akt schwebt eine lateinische Inschrift, die mahnt: "Bezwinge mit ganzer Anstrengung deine Liebesgelüste, damit nicht Venus dein Herz besitzt." Eine Mahnung, die bei dieser Frauendarstellung durchaus ihren Grund haben mag. Betrachtet man allerdings das Bild, das die Ausstellungsmacher genau gegen-über aufgehängt haben, möchte man an solch eine Mahnung gar nicht denken: Pablo Picasso malte 1968 seine Venus und gibt mit dieser für ihn typischen Art der Darstellung einmal mehr Anlaß, über die Zerstörung des Menschenbildes in der modernen Kunst nachzudenken.

Viele Künstler der klassischen Moderne haben sich von alten Meistern wie Cranach inspirieren alssen, und so präsentiert die Hamburger Ausstellung denn auch Beispiele aus dem Schaffen von Kirchner, Heckel, Wunderlich oder eben Picasso, wenn auch dankenswerterweise in einem anderen Raum, so daß Freunde Cranachs sich dem ungestörten Kunstgenuß hingeben und der Bedeutung von Mythologie und Theologie im Werk des Meisters nachspüren können. Porträts seines Freundes Martin Luther, aber auch Marienbilder zeigen die thematische Vielfalt, mit der Cranach sich beschäftigte. Der Hofmaler am kursächsischen Hof Friedrichs III. des Weisen war überhaupt eine vielseitige Persönlichkeit, so besaß er eine Apotheke, wurde 1537 Bürgermeister der Stadt Wittenberg, betrieb eine Malerwerkstatt mit Lehrlingen und Gesellen. Einer dieser Schüler, Heinrich Königswieser, wurde später Hofmaler Herzog Albrechts in Königsberg. Auch betrieb Cranach eine Buchdruckerei und einen Verlag. So bestellte Herzog Albrecht 1526 "neue gute, leswürdige Bücher" für seine Bibliothek und 200 Postillen zur Verteilung an die Pfarrer der noch jungen Landeskirche - eine Wagenladung von immerhin 12 Zentnern Gewicht. Auch orderte Albrecht Bilder aus der Cranach-Werkstatt für Königsberg, darunter das Motiv "Herkules kämpft mit Antaeus", das Cranach mehrfach ausführte und das auch in der Ausstellung gezeigt wird. 1512 und 1528 hatte Cranach Albrecht porträtiert, einmal als Hochmeister, dann als weltlichen Herrscher. Leider ist letzteres, das im Herzog-Anton-Ulrich-Museum in Braunschweig erhaltene Gemälde in Hamburg nicht zu sehen.

Immer wieder faszinierend aber und noch heute "lieblich anzusehen" sind die Frauenbilder des Lucas Cranach. Zart und durchscheinend wirken sie, verletzlich und doch oft leise und wissend lächelnd. Viele der Gesichter ähneln sich. Aus den zuvor antiken Motiven wurden christliche, aus Venus wurde Eva, und selbst Maria entspricht seinem Frauenbild. Leihgeber aus aller Welt ermöglichten diese Ausstellung, die seit langem wieder einmal ein Lichtblick ist in der Hamburger Museumsszene. Silke Osman

Lucas Cranach: Das Urteil des Paris (Öl, 1527, im Besitz des Statens Museum für Kunst Kopenhagen)