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14.06.03 / Gegen das Vergessen - und gegen Erinnerungsrituale

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 14. Juni 2003


Hans-Jürgen Mahlitz:
Gegen das Vergessen - und gegen Erinnerungsrituale

Wenn sich in diesen Tagen zum 50. Male der Aufstand vom 17. Juni 1953 jährt, werden wir wieder die altbekannten Erinnerungsrituale erleben: Was uns bis 1990 alljährlich als politische Feiertags-Pflichtübung geboten und dann vereinigungsbedingt abgelegt wurde, wird nun noch einmal hervorgekramt - diese scheinheiligen Sprüche von den "Brüdern und Schwestern", von denen man dann ab dem 18. Juni für die nächsten 364 Tage möglichst nichts hören und sehen wollte. Erst als im Winter 1989/90 das "Wir sind ein Volk" durch die nicht mehr ganz so dichte Grenze herüberdrang, wurde vielen im Westen Deutschlands bewußt, was sie da eigentlich all die Jahre "gefeiert" hatten.

Vielleicht wird der eine oder andere Leser uns nun vorhalten: "Ihr macht diesen verlogenen Erinnerungsrummel doch selber mit!" In der Tat: In dieser Ausgabe bringen wir vier Beiträge zum 17. Juni; der 50. Jahrestag ist uns fünf ganze Zeitungsseiten wert.

Das allein zählt aber nicht. Worauf es wirklich ankommt: Keiner unserer Autoren braucht auch nur ein Wort von dem, was er in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zu diesem Thema geäußert hat, zurückzunehmen oder zu korrigieren; das unterscheidet sie elementar von vielen anderen, die jetzt publikumswirksam entdecken, daß sie schon immer "dafür" oder "dagegen" waren. Fritz Schenk (Seite 4/5), Werner Obst (Seite 6), Ulrich Schacht (Seite 7) und Hans-Joachim von Leesen (Seite 22) waren nachweislich schon immer für die Freiheit und gegen die Unterdrückung, für die Einheit und gegen die gewaltsame Teilung. Sie zählten immer schon zu jener kleinen Minderheit, der "Einigkeit in Recht und Freiheit" oberste Richtschnur politischen Denkens und Handelns war und die dafür als "Entspannungsfeinde", "Revanchisten", "Ewiggestrige", "Kommunistenfresser" und "Faschisten" verunglimpft wurde. In aller Bescheidenheit: Ich bin stolz darauf, mich hier einreihen zu dürfen.

1989, als die friedlichen Revolutionäre von Leipzig und Dresden mit ihrem "Wir sind ein Volk" das Echo der Ost-Berliner Arbeiter von 1953 aufnahmen, atmeten wir auf: Nun gibt die Geschichte uns doch noch recht, nun werden die entspannungssüchtigen Kapitulationspolitiker endlich verstummen, nun erfährt das Blutopfer der Aufständischen des 17. Juni endlich seinen historischen Sinn, nun haben die ultralinken Sozialismus-Ideologen und -Utopisten endlich abgewirtschaftet und abgedankt.

Mitten in die Einheits- und Freiheits-Euphorie platzte die unüberhörbare Stimme Gerhard Löwenthals: "Man sagt mir, der Kommunismus sei tot - aber niemand hat mir die Leiche gezeigt!" Der große konservative Publizist sollte wieder einmal recht behalten. Im Berliner Reichstag sitzen heute Politiker auf der Regierungsbank, die ihre ersten ideologischen Prägungen in marxistischen Krawall-Zirkeln erfuhren, die Hauptstadt wird mitregiert von jener PDS/SED, die bis vor 13 Jahren für Teilung - und Mauermorde - verantwortlich war (ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden), ganz im altmarxistischen Geiste führen selbsternannte Antifaschisten ihren "Kampf gegen rechts", mit breitester Unterstützung in Politik, Justiz und Medien. Der Kommunismus ist tot? Auch an diesem 17. Juni, 50 Jahre danach, macht er auf mich einen recht lebendigen Eindruck ...