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14.06.03 / Sachsen wehren sich: Kulturelle Entmündigung / Streit um Siebenbürgisches Museum in Gundelsheim

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 14. Juni 2003


Sachsen wehren sich: Kulturelle Entmündigung
Streit um Siebenbürgisches Museum in Gundelsheim
von Martin Schmidt

Daß die rot-grüne Regierung den Anliegen der ostdeutschen Heimatvertriebenen und der Aussiedler aus Rumänien oder Rußland nicht gerade mit Sympathie gegenübersteht, ist bekannt. Welche geradezu brutalen Formen der offizielle Umgang mit diesen Bestandteilen des gesamtdeutschen Geschichts- und Kulturerbes mittlerweile angenommen hat, zeigt der Fall des Siebenbürgischen Museums in Gundelsheim am Neckar.

Dieses für die hierzulande lebenden Siebenbürger Sachsen ungemein wichtige Museum zwischen Heilbronn und Heidelberg soll, soviel sei vorweggenommen, finanziell ausgetrocknet und substantiell abgewertet werden. Das sieht jedenfalls der Haushaltsplan 2004 des Bundeskulturministeriums vor, in dem mit Blick auf die Zukunft nur noch von einem "musealen Schaufenster" in Gundelsheim die Rede ist.

Die Anfänge reichen dort ins Jahr 1961 zurück, als das Schloß Horneck für erste siebenbürgische Sammlungen - meist privaten Ursprungs - zur Verfügung gestellt wurde. Das Schloß gehörte dem siebenbürgisch-sächsischen Hilfsverein "Johannes Honterus", in dessen Besitz es sich bis heute befindet. Auch die weitgehend unentgeltliche Bereitstellung seitens des Vereins gilt noch immer.

1968 erfolgte darin die offizielle Eröffnung eines "Heimatmuseums der Stadt Gundelsheim" und der "Siebenbürger Heimatstube". Danach wurden die sächsischen Objekte dank des ehrenamtlichen Einsatzes und der Spendenbereitschaft von Angehörigen dieser Volksgruppe schrittweise vermehrt.

Für einen Entwicklungsschub sorgte 1973 die Gründung eines Trägervereins durch verschiedene siebenbürgisch-sächsische Organisationen. Für dessen Mitglieder war es eine Herzensangelegenheit, das Museum als ein Stück alte Heimat in der neuen Heimat und als zentraler Identifikationsort der Siebenbürger Sachsen in Deutschland auszubauen.

Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, daß in Gundeslheim nicht nur das Museum, sondern auch ein eigenes Archiv, eine immer umfangreicher werdende Bibliothek sowie ein "Siebenbürgen-Insitut" eingerichtet wurden. Hinzu kommt ein siebenbürgisches Altenheim auf Schloß Horneck.

Alle diese vom Bund nicht institutionell geförderten Einrichtungen des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates bzw. des Honterus-Vereins sind mit dem Museum auf der Burg verflochten und stellen zusammen einen kulturgeschichtlichen und sozialen landsmannschaftlichen Mikrokosmos dar, der ab den 1990er Jahren zunehmend in Gefahr geriet.

Zunächst sah es allerdings gar nicht danach aus: Der Staat in Gestalt der Regierung Kohl offerierte 1991 die Aufwertung zum "Landesmuseum" und eine damit einhergehende offizielle Förderung nach §96 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG). Die sächsische Seite nahm dankbar an.

Angesichts des Massenexodus der verbliebenen Sachsen aus Rumänien startete der Bund eine Aktion "Spurensicherung in Siebenbürgen", in deren Folge viele wertvolle Ankäufe möglich wurden. Die jährlichen Zuschüsse erreichten 489 000 Euro, und die Zahl der Museumsstücke stieg rasant an.

Doch nicht nur dafür wurden die Zuwendungen eingesetzt, sondern auch für mit Bundesmitteln angemietete Büro- und Lagerräume im Zentrum der Stadt sowie für neu angestelltes, hoch bezahltes Personal. Jeder solcher Fortschritte bedeutete auf der anderen Seite eine weitere Vertiefung der finanziellen Abhängigkeit.

Im Jahr 1997 wurde das Museum nach einer grundlegenden Umgestaltung, die wiederum aus dem Staatssäckel bezahlt wurde, mit einer neuen Dauerausstellung wiedereröffnet. Diese fand bei einem erheblichen Teil der Sachsen wenig Gefallen, zumal sie - gegen den Willen des Trägerervereins - einem Konzept folgte, das in einem fachlichen Gutachten für den Bund folgendermaßen beschrieben wird: Die Ausstellung ist "von dem Anliegen geprägt (...), bei der Erlebnisgeneration eine Bewußtseinsänderung im Hinblick auf die eigene ethnozentrierte Sicht von Geschichte und Tradition zu bewirken".

Die durchaus diskutable Frage, ob Gundelsheim in erster Linie ein "Landesmuseum" (also eines über Siebenbürgen, seine verschiedenen Bewohner und Kulturen) sein soll oder ein spezielles Museum der Siebenbürger Sachsen, wurde sehr einseitig beantwortet: nämlich mit einer ideologischen Absage an jedes volksverbundene Denken.

Das modischen Trends angepaßte multikulturelle Konzept der Dauerausstellung wurde durch die von staatlicher Seite eingesetzten Museumswissenschaftler bis heute beibehalten, und das trotz um die Hälfte gesunkener Besucherzahlen - 2003 waren es nur noch 3650 - und trotz hartnäckiger Proteste der sächsischen Gremien.

Letztere müssen sich indes den Vorwurf gefallen lassen, daß sie sowohl die mit den Geldern naturgemäß verbundenen staatlichen Einflußnahmen nicht vorhersahen als auch die Festlegung effektiver Mitsprachemöglichkeiten bei den Stellenbesetzungen unterließen.

Daß der Kulturrat der Siebenbürger Sachsen und der im November 2002 gegründete Förderverein des Museums nun sozusagen die Fehler der Vergangenheit wieder gutmachen wollen und man beispielsweise nach eigenen Räumen und Spenden für das ausgelagerte Museumsdepot sucht, spornt manche Funktionsträger im Bundeskulturministerium offenbar nur noch mehr in dem Bemühen an, den totalen Zugriff des Staates zu vollenden.

Die stellvertretende Vorsitzende des Trägervereins, Karin Servatius-Speck, spricht in der Siebenbürgischen Zeitung von einer "Entmündigung", der nun eine "Enteignung" folgen soll. Die Fakten sprechen in der Tat eine klare, besonders für alle ost- und auslandsdeutschen Gruppen alarmierende Sprache: Die Förderung soll um zwei Drittel verringert werden, die Stelle des Museumsleiters ist seit rund zwei Jahren unbesetzt, und eine weitere Stelle soll gestrichen werden und dem "Museum Europäischer Kulturen" in Berlin zufallen.

Dieses soll mittelfristig auch einen Teil jener Gundelsheimer Bestände erhalten, die mit Bundesmitteln angeschafft wurden und über die der Staat somit glaubt verfügen zu können. Für andere Teile ist an Ulm gedacht, wo das Donauschwäbische Zentralmuseum sitzt.

Daß sich die Siebenbürger Sachsen mit ihrem moselfränkischen Dialekt historisch stark von den Donauschwaben unterscheiden, stört Männer wie Ministerialrat Dr. Martens oder Ministerialdirektor Nevermann offenbar nicht.

Ebenso wenig stört sie, daß die über Jahrzehnte gewachsenen Gundelsheimer Bestände zerrissen und teils nach Berlin verlegt werden könnten, wo - anders als in Süddeutschland - nur wenige Siebenbürger Sachsen leben.

Die Pläne passen zur Kahlschlagspolitik bei der Vertriebenenkulturarbeit nach §96 BVFG. Standen hier 1998 immerhin 23 Millionen Euro zur Verfügung, so sollen es 2003 noch 15 Millionen sein.

Kontakt: Förderverein des Siebenbürgischen Museums, Rolf-Dieter Happe, Sauerstr. 9, 85049 Ingolstadt

Schloß Horneck: Sitz des Siebenbürgischen Landesmuseums und wei-terer sächsischer Einrichtungen Foto: H.-W. Schuster