23.04.2024

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14.06.03 / Die ostpreußische Familie

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 14. Juni 2003


Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
Ruth Geede

Lewe Landslied und Freunde unserer Ostpreußischen Familie,

es war eine meiner schönsten Familiengeschichten, die ich zum letzten Weihnachtsfest unserer Leserschaft präsentieren konnte. Rudolf Müller aus Tawern bei Trier fand in dem Wartezimmer einer Arztpraxis das Ostpreußenblatt und erinnerte sich sofort an die schwere Zeit in russischen Lagern, nachdem er als 18jähriger bei Elbing in Gefangenschaft geraten war. Immer hatte er nach ehemaligen Lagergefährten geforscht, und nun sah er eine Gelegenheit, diese Suche zu aktivieren. Ich veröffentlichte gerne seinen Wunsch in unserer Familienspalte, und was er nicht zu hoffen gewagt hatte: es fanden sich tatsächlich einige Leidensgefährten aus den Lagern bei Tscheljabinsk, vielmehr -gefährtinnen, denn es waren ostpreußische Frauen. Mit einem Kameraden hatte er schon vorher in Verbindung gestanden, so daß ein erstes Treffen bei einer der damals in den Ural Verschleppten, Anni Blumenthal, geb. Klein, in der Eifel stattfinden konnte. Und auf dem wurde beschlossen, daß man auch weiterhin zusammenbleiben wolle, so stark war die Verbindung auch nach über einem halben Jahrhundert.

Und nun fand ein zweites Treffen in der Heimat von Rudolf Müller statt, von dem die Teilnehmer uns liebe Grüße senden, denn das Ostpreußenblatt hat sie ja zusammengebracht. Leider konnten einige aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen. Aber das kleine Treffen genügte, um auch das öffentliche Interesse zu erwecken. Vom Trierer Volksfreund kam eine junge Reporterin, die kaum glauben konnte, was sie von den ehemaligen Verschleppten hörte. Rudolf Müller hatte damals mit ansehen müssen, wie die jungen Mädchen von den Russen vergewaltigt wurden. Das sind Bilder, die er nie vergessen konnte. Auch bei den Frauen sind die Erinnerungen an die unsäglichen Qualen nie gelöscht worden - psychologische Hilfe war ja auch damals nach der Rückkehr kein Thema! -, und jetzt standen sie wieder auf, so daß an Schlafen in diesen Nächten kaum zu denken war. Man merkte der Reporterin in ihrem Bericht - in dem auch das Ostpreußenblatt als Mittlerin genannt wurde - die ehrliche Erschütterung über die ihr geschilderten Schick-

sale an. Auch der Bürgermeister von Tawern war tief beeindruckt. So kann ein Treffen von einer Handvoll Verschleppter und Vertriebener die Aufmerksamkeit auf dieses leidvolle Kapitel unserer Geschichte lenken, das so viele Politiker ausgelöscht haben wollen. Und dafür sei den Frauen und Männern Dank, die es lebendig erhalten.

Getroffen haben sich auch zwei Ostpreußen, die als Kinder getrennt worden waren. Anfang des Jahres hatten wir den Wunsch von Sigrid Roth veröffentlicht: Sie und ihre Familie suchten zwei Brüder, mit denen sie noch nach Kriegsende in Lablacken zusammen waren, als deren Mutter gestorben war. Als sie dann alle 1948 ausgewiesen wurden, holte man die Jungen aus dem Zug, um sie in ein Heim zu bringen. Ihre Mutter hat sich später Vorwürfe gemacht, daß sie damals die Jungen gehen ließ, schrieb Frau Roth, die aber nicht genau den Nachnamen von Gerhard und Emil wußte: Sprung? Sprunk, Sprunks? Das machte natürlich die Suche schwierig. Aus unserem Familienkreis meldete sich nur Brigitta Kasten, die aus ihrer Erfahrung heraus Frau Roth wertvolle Hinweise für eine gezielte Suche geben konnte. Und die brachte dann auch den Erfolg: Tatsächlich erhielt Frau Roth die Anschrift von einem der Brüder, Gerhard Sprung, und rief sofort bei ihm an. Große Freude auf beiden Seiten ob des unerwarteten Wiederfindens, dem nun eine persönliche Begegnung folgen sollte. Inzwischen dürfte das Treffen stattgefunden haben, und vielleicht bekommen wir ja einen weiteren Bericht, diesmal von dem Wiedersehen!

Hierbei möchte ich die Gelegenheit nutzen, um Brigitta Kasten aus Gehrden einmal Dank zu sagen für ihre so rege und verläßliche Mithilfe. Nicht nur, daß sie sich persönlich für Landsleute, die noch heute nach ihrer Identität suchen, einsetzt, sie stellt auch viele Querverbindungen im Rahmen unserer Familienarbeit her. Allein an einem Tag schrieb sie neun Briefe - die alle verschiedene, in unserer Kolumne veröffentlichte Fragen betrafen - mit wertvollen Ratschlägen, von denen einige zu einem Erfolg führen dürften. Ja, Erfolg: Darum bewirkt ja unsere Ostpreußische Familie soviel Positives, weil sie solch engagierte und hilfsbereite Mitdenker hat! Wir sind eben doch eine ganz besondere Sippe ...

... mit ganz besonderen Fragen, zu denen vorrangig die nächste zählt, denn ein Japaner sucht die Spur seines ostpreußischen Urgroßvaters. So die E-Mail von Akiyoshi Ohno, der einige Jahre in Deutschland weilte und deshalb den Wunsch seines Bekannten, Herrn Shirota, leidlich verständlich übermitteln kann. Dessen Urgroßvater war der 1846 in Königsberg geborene Arzt Dr. Karl Daniel Schroeder. Dieser kam nach Japan als Vertreter eines amerikanischen Verlages und wurde Berater des damaligen Außenministers. Dr. Schroeder soll fünf Sprachen beherrscht und sich für die englischsprachige Ausbildung von Japanern eingesetzt haben. Er war ein Freund des berühmten deutschen Mediziners und Nobelpreisträgers Dr. Robert Koch. Verheiratet war Schroeder mit der Japanerin Toyo Saito, der Urgroßmutter von Herrn Shirota, der möglichst viel über die Familie seines deutschen Urgroßvaters erfahren möchte, der zumindest eine Schwester, Berta Schroeder, hatte. Gibt es noch Nachfahren dieser Königsberger Familie Schroeder, wer weiß mehr über sie? Herr Shirota ist um eine Kontaktaufnahme zu eventuellen Verwandten sehr bemüht. Da nur eine Internet-Adresse vorliegt, bitte ich, Zuschriften zu diesem Wunsch aus Fernost an uns zu senden. Die Redaktion wird sie weiterleiten.

Eure Ruth Geede

Trafen sich in Tawern: Rudolf Müller, Anni Blumenthal, Grethe Müller, die als 15jährige die Qualen russischer Gefangenschaft erleiden mußte, und Hans Hintz (von links nach rechts) Foto: privat