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28.06.03 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 28. Juni 2003


Bizarre Trugbilder / Die Sachsen können westdeutsch!
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Bei der IG Metall können die deutschen Arbeiter viel lernen. Hochdeutsch beispielsweise oder zumindest eine westdeutsche Abart davon. Keiner von den interviewten Streikposten vor den mitteldeutschen BMW-Werken sächselte noch! Alle sprachen sie schon fließend westdeutsch. Ist das nicht wunderbar? Ewiggestrige Sachsen freilich nutzten den schnellen Lernerfolg zu der gemeinen Verleumdung, die IG-Metall-Posten seien aus Westzonesien herübergekommen, um die neuen Werke kaputtzustreiken. Wie ungerecht das ist, beweisen die rührenden Loyalitätsbekundungen westdeutscher Gewerkschaftsmitglieder. Im Deutschlandfunk bekundete ein bayerischer BMW-Arbeiter, er sei strikt "solidarisch" mit den Kollegen in Sachsen. Treuherzig fügte er hinzu, der Streik bei denen sei ja auch "gut für die Arbeitsplätze hier" - weil drüben nicht mehr soviel investiert wird, wenn dort erst dieselben Konditionen herbeigestreikt sind, die den Unternehmen in den "alten" Bundesländern schon so viel Freude bereiten.

Freude macht auch die Politik. Gar nicht genug davon bekommen kann die FDP-Politikerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger. (Schon vergessen, wer das ist? Glückwunsch. Ihr Großhirn verfügt über die Fähigkeit, Unwesentliches schnell auszusondern.) Frau L.-S. hat vorgeschlagen, die Abgeordneten im Reichstag sollten dieses Jahr "durcharbeiten", statt die gewohnte Sommerpause einzulegen. Warum haben die das nicht schon immer gemacht? Man stelle sich vor, unsere Politiker hätten schon in der Vergangenheit nicht bloß zehn, sondern alle zwölf Monate des Jahres Zeit gehabt, um ihr Werk an Deutschland zu vollenden. Wie viele Kommissionen hätten eingerichtet, wie viele neue Steuergesetze hätten verabschiedet werden können!

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) wittert in Frau Leutheusers Einfall indes ein unsoziales Sonderopfer zu Lasten der Parlamentarier und geht gewitzt in die Gegenoffensive: Sollen doch die Bürger erst mal ihren Politikern mit gutem Beispiel vorangehen und auf die Feiertage verzichten.

Da hat er die Deutschen auf dem falschen Fuß erwischt. Die lieben ihre Feiertage und gehen demnächst aus Prostest demonstrativ und massenhaft in ihre Sommerpause. Dennoch hat der Vorstoß der FDP-Frau seine Wirkung nicht verfehlt. Wenn die Parlamentarier nun tatsächlich durchmachen bis September? Die Reisedienste melden, daß mehr Kunden als sonst ihre Ferien in Deutschland verbringen. Das hat die Branche Frau L.-S. zu verdanken. Millionen Deutsche trauen sich nicht, ihre Politiker über Wochen unbeaufsichtigt weiterwursteln zu lassen. Was stellen die in der Zeit alles an, wenn wir weit weg sind? Da bleibt man vorsichtshalber in der Nähe.

Die Tapferen unter uns zieht es dessenungeachtet weiterhin ins spannendere Ausland. Wo sie prompt eine wundersame Wandlung durchmachen: Kaum über die Grenze gekommen, legen die Eben-noch-Deutschen erheblichen Wert darauf, im Grunde genommen keine zu sein, keine Deutschen. Die sind nämlich spießig, verkniffen und haben Hitler zu verantworten. Kurz: Die Deutschen sind immer die am Nebentisch. Wir sind Europäer, Weltbürger - "Citoyen" (französisch, heißt auch bloß "Bürger", klingt aber schicker). Unterhaltsam sind die immergleichen Gespräche, deren Ergebnis von vornherein feststeht: daß wir alle nur Menschen sind und nationale Unterschiede eingebildeter, gefährlicher Unfug. Die das sagen, pflegen hernach bruchlos handgranatenscharfe Urteile über "die" Deutschen anzufügen. Das Böse ist halt immer und überall, wie das Nationale.

Besonders böse wird dieser Tage bekanntlich Michel Friedman mitgespielt. Der ist seit jeher von fiesen Gestalten umtost. Manche von denen nennen ihn einen Deutschen. Das verbittet er sich. Andere sagen, dann sei er eben keiner. Die können sich erst recht auf was gefaßt machen. Jetzt fallen beide Fraktionen gemeinsam über ihn her. "Mäßig bis gelegentlich" hat Michel Friedman Kokain konsumiert. Das soll die Haarprobe ergeben haben. Kein Wunder, daß er jetzt unter die Räder kommt. Wäre er dauerhaft dicht gewesen, hätte er den jüngsten Streit um seine Person bestimmt gewonnen. So wie die US-Kampfpiloten den Irak-Krieg. Die bekamen nach einem britischen Bericht vor jedem Abflug eine ordentliche Dosis der Droge, die bei Dealern unter dem Namen "Speed" zu bekommen ist. Sie hätten dann gejohlt und wären toll herumgehopst in der Kanzel, berichtet ein US-Flieger. Zugedröhnt bis an die Kante machten sie Jagd auf Iraker (oder gelegentlich Briten) und obsiegten glorreich.

Allerdings sei vor Risiken und Nebenwirkungen gewarnt. Sogar lange nach der letzten Drogeneinnahme können bizarre Trugbilder auftauchen. Colin Powell, Veteran aus dem Golfkrieg 1991, soll noch zwölf Jahre später überall Massenvernichtungswaffen gesehen haben, wo gar keine waren. Wir kennen das aus Erzählungen von Alt-Hippies, die in den 60ern "auf LSD" waren. Selbst viele Jahre später, längst von der Droge los, überkommen sie ohne Vorwarnung häßliche Albträume. Sie wähnen sich dann unversehens umschwirrt von gräßlichen Monstern, irrlichternden Fratzen oder Donald Rumsfeld.

Der drogenfreie Normalbürger kann sich ja gar nicht vorstellen, in was für eine Gruselwelt so ein Abhängiger im Delirium hinabstürzt. Absurde Wahnbilder treiben ihn an den Rand des Irrsinns. Wir haben uns in der Szene umgehört: Ein Betroffener berichtete gegen-über PAZ-Panorama, in seinem letzten teuflischen Drogentrip sei ihm das bärenstarke Deutschland plötzlich als ein von Halunken und Stümpern zermartertes Wrack erschienen, wirtschaftlich am Boden, ohne Aussicht auf Besserung. Die Politiker hätten sich wie die Hühner bei Gewitter benommen und wie bekloppt durcheinandergegackert. Schuldenstand zwischen astronomisch und galaktisch. Auf dem Höhepunkt des Horrorwahns hätten die Gewerkschaften dann auch noch angefangen zu streiken. Das Ausland habe nicht einmal mehr hämisch grinsen mögen. Alle hätten angstvoll gewacht, nicht vom "deutschen Virus" angesteckt zu werden. Deutschland, zum Virus entstellt!

Eine entsetzliche Geschichte, nicht wahr? Doch alles erschien dem Mann täuschend echt, als sei es das richtige Leben! Einfach irre.