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12.07.03 / Was hinterlassen die 68er?

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 12. Juli 2003


Gedanken zur Zeit:
Was hinterlassen die 68er?
von Andreas Schneider

Vor zehn Jahren gehörte es zur persönlichen Freiheit meiner Generation, Freitag abends spontan einen Trip ans Meer zu planen. Man schnappte sich einen Picknickkorb, Badesachen und ein paar Freunde, fuhr Sonnabend früh um 6 Uhr los und war spätestens gegen 9 Uhr am holländischen Nordseestrand. Sobald die Sonne unterging, packten wir die Klamotten und waren pünktlich zur Disco-Zeit wieder in Bonn.

Mit dem kontinuierlichen Anstieg der Benzinsteuer und dann endgültig mit der Einführung der Ökosteuer war es mit der Freiheit vorbei. Künftige Generationen werden diese Freiheit der Spontanität nie erfahren. Um den morgendlichen Nordseewind in den Haaren zu spüren, bedarf es mittlerweile einer genauen Kalkulation der Fahrtkosten. Kosten und Nutzen einer Eintagesreise ans Meer stehen heute völlig außer Verhältnis.

Der Staat weiß besser, was gut für uns ist und welche Freiheit politisch korrekt ist.

Ich bin Jahrgang 1972. Damit gehöre ich der ersten Generation an, die das gesamte Ausmaß der ökonomischen und gesellschaftlichen Ka-tastrophe tragen muß. Meine Generation der heute 25- bis 35jährigen wird Rentenbeiträge jenseits der 30 Prozent und Krankenkassenbeiträge von 20 Prozent leisten müssen, im Alter jedoch selbst nur Renten auf Sozialhilfeniveau beziehen. Die Kosten für Gesundheit und Pflege der heute 50jährigen Babyboomer werden explodieren, während meine Generation in allen sozialen Systemen immer weniger Leistungen für immer höhere Beiträge erhält. Das gilt für Rente, Gesundheit und Pflege.

Hinzu kommt ein Schuldenberg von mehreren Billionen Euro, nimmt man alle öffentlichen Haushalte und ausgegliederten Budgets zusammen, den uns die Vorgänger zur Tilgung hinterlassen haben.

Eine Zwickmühle aus steigenden Ausgaben und verpraßten Rücklagen. Und meine Ge- neration hat nicht einmal die Chance, eine Wende zu bewerkstelligen, da auch noch das Humankapital ruiniert wurde. Es sind einfach nicht mehr genug junge Menschen nachgewachsen, um Einnahmen durch Produktivitätssteigerung auf eine breitere Basis zu stellen.

Ja, die Nachkriegsgeneration, die Ende der 60er, Anfang der 70er die Verantwortung von unseren Großeltern übernahm, stürmte die Kornkammern und verpraßte die Vorräte der Generation der Wiederaufbauzeit. Sie verpulverte die Zukunftsinvestitionen in ihr eigenes "Jetzt". Gleichzeitig wurde das Potential der von ihnen verhaßten Familien als finanzieller Steinbruch mißbraucht und verbraucht, anstatt in Nachwuchs zu investieren. Man lebte in jeder Hinsicht auf Kosten der Kinder und Familien und dies in einem Maße, daß das Bundesverfassungsgericht die angewachsene Ungerechtigkeit, unter der die Familien leiden, mehrfach als verfassungswidrig qualifiziert hat.

Gleiches gilt für die kontinuierlichen Grabungsarbeiten am Wertefundament zugunsten der verschie- denen Formen einer angeblichen Emanzipation: Drogenfreigabe, Liberalisierung des Abtreibungsrechts, Homo-Ehe, Legalisierung der Prostitution, Demontage der Mutterrolle und das Vorhaben einer Senkung des Schutzalters gegen sexuellen Mißbrauch. Jahre ohne Lösung der dringendsten Probleme Deutschlands, statt dessen ausschließlich Klientelpflege auf ideologischen Nebenkriegsschauplätzen. Wem nützt die Homo-Ehe? Einem Prozent der Bevölkerung oder doch zwei? Wem nutzten immer neue Menschenversuche mit neuen Schul- und Lerntypen im Bildungssektor? PISA und das Max-Planck-Institut entlarven die Ineffektivität von Gesamtschule und "notenfreiem Lernen". "O sorry, war nicht so gemeint, hat halt nicht funktioniert, probieren wir halt mal ein paar Jahre die Ganztagsschule." Die scheiterte zwar bereits in der DDR, und auch die USA und Frankreich diskutieren derzeit negative Folgen der Fremdbetreuung. Dies hindert unsere Bildungsideologen jedoch nicht daran, die Realität nach ihren Vorstellungen verbiegen zu wollen.

"Wir haben die Erde nur von unseren Kindern geliehen." Dieser Spruch der 68er mutet heute geradezu lächerlich an. Noch nie hat eine Generation in diesem Ausmaß auf Kosten der Folgegeneration gelebt und deren Ressourcen derart geschädigt, wie diese Nachkriegsgeneration. Die 68er sind angetreten, die Welt zu verändern. Sie haben Deutschland zu einem weniger freien Land gemacht.

Ich fahre auch heute noch einmal im Monat in die Niederlande. Dies aber nicht, um ans Meer zu kommen, sondern zum Wochenendeinkauf. Der Preisunterschied bei Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch, Medikamenten und Kaffee wiegt die Fahrkosten bei weitem auf. Die Bruttolöhne unserer Nachbarn liegen zwar unter unseren, die Nettolöhne aber bereits fast auf gleichem Niveau und in Kaufkraftparitäten dank preiswerter Grundnahrungsmittel, Mieten etc. weit darüber. Auch eine Form der Freiheit.