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© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 12. Juli 2003 |
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Die Bürger in helle Empörung versetzt Berühmte Liebespaare der Kulturgeschichte: George Sand, Alfred de Musset und Frédéric Chopin von Esther Knorr-Anders Zeitgenössische Lästerzungen sagten von ihr, daß sie eben so viele Liebhaber wie Tinte verbrauche. Für die Franzosen aber zählt nur ihre Verbindung mit Alfred de Musset (1810-1857); die Polen hingegen bestehen auf Frédéric Chopin als ihre einzige Liebe. Ihre ungenierte Lebensweise versetzte biedere Bürger in helle Empörung, in intellektuellen Kreisen erregte sie Aufsehen, und als Verfasserin von Romanen, Erzählungen, Theaterstücken Bewunderung. Der Maler Eugène Delacroix nannte sie "die Frau mit den Nachtaugen", und Alexandre Charpentier porträtierte sie. Über ihre Schwarzäugigkeit schrieb Musset: "Die Männer, die von diesen Augen, die so zärtlich und zugleich so furchtbar sind, abwechselnd liebkost und durchbohrt werden, verfolgt ihr Zauber bis in den Tod." Von wem ist die Rede? Von George Sand (1804-1876). Geboren wurde sie auf Schloß Nohant in der Provinz Berry mit dem Namen Aurore Dupin de Francueil. Als Landadlige heiratete sie mit 19 Jahren den Baron Casimir Dudevant. Eine Liebesheirat war es nicht. Ihr Sohn Maurice wurde geboren, vier Jahre später ihre Tochter Solange, deren Erzeuger das Geheimnis Aurores blieb. Nach neunjähriger Ehe zog sie mit ihren Kindern nach Paris; 1836 wurde sie von Dudevant geschieden. Nach Paris war sie auf Rat des Romanciers Jules Sandeau aufgebrochen, der sie davon überzeugte, Schriftstellerin zu werden, und zwar eine gerühmte. Er behielt recht. Ihre ersten Romane, "Indiana" und "Lé-lila", riefen Entrüstung wie auch begeisterte Zustimmung hervor. Das lag an der Thematik. Beide Romane stellten Emanzipation und Erotik der Frau in den Vordergrund. Aus Dankbarkeit Sandeau gegenüber wählte sie die Vorsilbe seines Namens zum lebenslangen Pseud-onym. Auch ihren Vornamen änderte sie. Als George Sand ging sie in die französische Literatur ein. 1833 provozierte sie ganz Paris. Zum ersten Mal trat sie in eleganter Herrenkleidung auf. Das kam einer Moderevolution gleich. Sie hatte die praktische, attraktive Bekleidung zukünftiger Frauengenerationen kreiert. Als Accessoire diente ein kleiner, mit Edelsteinen verzierter Dolch. Daß sie Zigarren rauchte, beim Schreiben einen Zylinder trug, Freidenkerin war, spielte bei soviel Extravaganz keine Rolle mehr. Ihre wechselnden Liebhaber bildeten Gesprächsstoff der Pariser Soireen. Das wußte auch Alfred de Musset, als er sie 1833 bei einem Diner kennenlernte. Der sechs Jahre jüngere Lyriker verliebte sich Hals über Kopf in die Frau mit den "Nachtaugen". Im Sommer 1834 reisten sie nach Venedig. Nach zwei verquälten, von Trennungen unterbrochenen Jahren endete die Beziehung; der Bruch aber hatte bereits in Venedig stattgefunden. Dort war Musset schwer erkrankt. Der Arzt Pietro Pagello behandelte ihn und nahm die Bettgenossenschaft mit George wahr. Nach Mussets Genesung stellte sich heraus, daß Pagello geplaudert hatte. Musset sah sich dem Spott Venedigs ausgesetzt. Er reiste umgehend ab. Zweimal trafen sie sich noch in Paris, versuchten sogar, die Beziehung aufleben zu lassen; es mißlang. In einem Brief an Musset gestand sie: "Ich bin ein gefühlloses Wesen, unfruchtbar und verflucht." Zu fragen ist, ob sie jemals überhaupt geliebt hatte. Alle ihre Weggefährten waren "Materialsammlung" für ihr schriftstellerisches Werk. Das galt auch für Fréderic Chopin (1810-1849). In Zelazowa-Wola bei Warschau geboren, wurde er in seiner Wahlheimat Frankreich schnell zum weltweit bewunderten Komponisten von Polonaisen, Mazurken, Nocturnes. 1836 nahmen ihn in Paris Franz Liszt und Marie d'Agoults zu einem Besuch bei George Sand mit. Wie unsympathisch ist diese Frau, dachte er. 1838 hatte sich seine Meinung grundlegend geändert. Er liebte die acht Jahre ältere George und wohnte mit ihr zeitweilig in Schloß Nohant. Doch Chopin war lungenkrank. George schlug einen Aufenthalt auf Mallorca vor. Die Entscheidung war mit Unerquicklichkeiten gespickt. Die gemietete Villa mußten sie verlassen, denn die Spanier fürchteten "Schwindsucht" mehr als die "Pest". Sie fanden Unterschlupf im ehemaligen Kartäuserkloster Valldemossa, dessen Zellen an Gäste vermietet wurden. In dieser ungestörten Abgeschiedenheit erreichte ihre Übereinstimmung den Höhepunkt. Doch Chopins Leiden verschlechterte sich. Ab Mai 1839 lebten sie wieder in Nohant. Neun Jahre dauerte ih-re Lebensgemeinschaft, die längste Verbindung der George Sand. Doch sie wäre nicht sie gewesen, wenn Partnerlangeweile sie nicht überwältigt hätte. Unüberwindliche Spannungen stellten sich ein. Chopin fühlte sich als Ehemann mit familiärem Einspruchsrecht. Das war ihr ein Greuel. In "Lucrezia Floriani" persiflierte sie ihn. So erlosch auch diese Bindung der bindungsunfähigen George Sand. Zufällig trafen sie sich noch einmal 1848 im Foyer von Pariser Bekannten. Chopin grüßte - und ging vorbei. Große Liebe? Frédéric Chopin ... und George Sand Fotos: Archiv |