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12.07.03 / "Wieso wir in den Krieg zogen" / Generalmajor Gerd-H. Komossa über Heimatliebe, Soldaten im Gefecht und seine Heimkehr

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 12. Juli 2003


"Wieso wir in den Krieg zogen"
Generalmajor Gerd-H. Komossa über Heimatliebe, Soldaten im Gefecht und seine Heimkehr

Gerd-Helmut Komossa, Autor des Buches "Von Masuren an den Rhein. Heimkehr in die Fremde", möchte die Erfahrungen eines langen Soldatenlebens für eine breite Öffentlichkeit fruchtbar machen. Der gebürtige Ostpreuße wurde durch seine masurische Heimat geprägt, der er ohne Sentimentalität stets verbunden blieb. Wenngleich Kriegsfreiwilliger, war er keineswegs Militarist, sondern wollte, wie die meisten jungen Menschen damals, das eigene Vaterland verteidigen. Seine Erlebnisse in Krieg und Gefangenschaft ließen ihn zum Mann reifen, dem die Bindung an Gott Rückhalt auch in schweren Stunden gab. Religion und Gebet ändern zwar die Wirklichkeit nicht, geben ihr aber eine neue Bedeutung. Besonders jenen, die Ostpreußen gekannt und geliebt haben, dürften die realitätsnahen Schilderungen der Kindheits- und Jugendjahre die Erinnerung an die eigene Vergangenheit wieder lebendig werden lassen.

Auch wer Ostpreußen nie kennengelernt hat, wird erahnen, welch traumhaftes Land mit seinen dunklen Wäldern und kristallklaren Seen, das so deutsch war wie Paris französisch, uns nach dem verlorenen Krieg entrissen wurde. Der Gymnasiast Gerd-H. wählte auf der Schule in Hohenstein, die ihn ganz wesentlich prägte, Russisch als Wahlfach. Das kam ihm schon während des Krieges, weit mehr aber noch später in Gefangenschaft zugute. Am Tag der Kapitulation von Stalingrad wurde er in eine bespannte Artillerieeinheit eingezogen. Nach harter Ausbildung ging es nach Rußland zur Frontbewährung. "Soldaten des Führers? Wir fühlten uns als Soldaten für unser Land." In Rußland regierte - anders als beispielsweise in Afrika - der Haß. Der junge Soldat hatte sich angewöhnt, jeden Abend wenigstens kurz zu beten. Sein erster Gefangener stimmte ihn nachdenklich, denn er war ein Mensch wie in Königsberg und Allenstein auch. "Und der Feind war ein Mensch."

Die Kriegserlebnisse, meist in Rückzugskämpfen, dürften sich nur unwesentlich von denen Millionen anderer Landser unterschieden haben. Ein alter ukrainischer Müller erklärte ihm, sie würden den Krieg verlieren, weil sie sich von Gott abgewendet hätten: "Wer an Gott nicht glaubt, der ist verloren ... Wer leidet, findet immer schneller den Weg zu Gott als der Glückliche."

Am 9. Mai 1945 erfolgte die Kapitulation bei Danzig. Mit ihr kam die Angst vor der Zukunft. Die Erinnerung an Nemmersdorf und die von Panzern niedergewalzten Flüchtlingstrecks wurde wach. Neben dem ständigen Hunger bei Wassersuppe und wenig Brot, der Läuse- und Wanzenplage bedrückte vor allem die Ungewißheit des eigenen Schicksals. Wie würde es weitergehen? Am unerträglichsten war der Anblick der geschändeten "Blitzmädel" der Wehrmacht: "Es war schlimmer als alles, was ich im Krieg erlebt hatte." Komossa, der im ostpreußischen Tilsit im Gefangenenlager war, hatte wegen seiner Russischkenntnisse manche Vorteile, die ihm auch wertvolle menschliche Begegnungen mit dem "Feind" ermöglichten. Besonders beeindruckend war die jüdische Russin Olga. Sie suchte nach Kräften das Leid der Gefangenen zu mildern.

Nach qualvollen Jahren kam am 1. April 1949 der große Tag der Entlassung. Leutnant Komossa konnte heimkehren, aber nicht in seine eigentliche Heimat, denn die war unter polnischer Verwaltung. Es war eine Heimkehr in die Fremde. Sechs Jahre seiner Jugend hatte er verloren. Dennoch betrachtet er sie als "hohe Schule des Lebens".

Was wurde aus dem "Dank des Vaterlandes", der ihnen einst vollmundig zugesichert wurde? Der Autor fühlt sich verpflichtet, die Kriegsgeneration gegen die Verleumdungen der Wehrmachtausstellung zu verteidigen. Die Mehrzahl von ihnen wurde Soldat, "wie das Gesetz es befahl", und blieb meist anständig. Heute darf man Soldaten ungestraft "Mörder" nennen, schickt sie aber in den Kosovo, nach Somalia und Afghanistan. Das vorliegende Buch, eine Liebeserklärung an die Heimat und zugleich Antikriegsbuch, dürfte insbesondere jungen Menschen Verständnis für die Generation der Väter und Großväter vermitteln, die in jungen Jahren in den "verdammten Krieg" mußte und um ihre Jugend betrogen wurde. Lothar Groppe

Gerd-Helmut Komossa: "Von Masuren an den Rhein. Heimkehr in die Fremde", Leopold Stocker Verlag, Graz 2003, Hardcover, 232 Seiten, 24 Euro