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19.07.03 / Gedenkstein erinnert an die Leistungen und das Schicksal der Vertriebenen

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 19. Juli 2003


"Sie waren nicht nur Bittsteller"
Gedenkstein erinnert an die Leistungen und das Schicksal der Vertriebenen

Gut zwei Meter hoch - eine Komposition des Münsterländer Steinmetz Johannes Hagedorn - aufgestellt in zentraler Lage und unübersehbar für Hunderte von Passanten täglich.

Mit einem Gedenkstein, repräsentativ ausgelegt mit acht Wappensteinen der Herkunftsgebiete der Heimatvertriebenen, würdigten Rat und Verwaltung der Stadt Münster die große Aufbauleistung der Heimatvertriebenen und Flüchtlingen nach 1945.

Ist dies an sich schon beachtlich in einer Kommune, die gelegentlich noch immer als Metropole der "sturen Westfalen" gilt, welche am liebsten unter sich blieben, so ist um so bemerkenswerter, daß hier der Blick über eine leidvolle Vergangenheit hinaus gelenkt wird auch die aktive Mitarbeit, die die "Neuankömmlinge" nach 1945 eingebracht hatten, ihren "Beitrag zum Wiederaufbau und zur Errichtung eines demokratischen Gemeinwesens".

Gleichwohl hatten die solchermaßen Geehrten eine gewisse Vorarbeit geleistet und sich auch an der Gestaltung des Denkmals ideen-, tat- und spendenfreudig beteiligt. So hatte die Gesellschaft für Ostdeutsche Kulturarbeit Münster bereits 1993 zum 1200jährigen Stadtjubiläum in einem Modellprojekt die Eingliederung erstmals umfassend dokumentiert. Verblüffendes Ergebnis: Fast jeder dritte heutige Münsteraner hat ostdeutsche Wurzeln - ein Argument, das der Bewilligung der beiden Bürgeranträge - des BdV und später der Gesellschaft - um Aufstellung eines Denkmals sicherlich förderlich war. In diesem Jahr war es soweit: In einem großen Festakt mit zahlrei- chen Vertretern der Stadt, der Kirchen und Hunderten von Bürgern wurde der Gedenkstein enthüllt.

"Brücken bauen" lautete das Motto - zunächst interkonfessionell beim ökumenischen Gottesdienst in der evangelischen Erlöserkirche. Dort fanden sich mit Pfarrer Reinhard Witt, dem "Hausherrn" quasi, die Visitatoren des Erzbistums Breslau, des Bistums Ermland und der Grafschaft Glatz, Prälat Winfried König, Msgr. Dr. Lothar Schlegel, Großdechant Franz Jung sowie Pfarrer em. Dr. Christian-Erdmann Schott, Vorsitzender der Gemeinschaft evangelischer Schlesier in der Bundesrepublik und Pastor i. R. Manfred Bärenfänger, erster hauptamtlicher Pastor der Baptistengemeinde Münster, zusammen. Sie alle mahnten vor dem Hintergrund erlittenen Leides nachhaltig Gerechtigkeit und Frieden an, wie über dem Portal des Münsterschen Friedenssaals zu lesen ist: "pax optima rerum".

Musikalische Akzente setzte der Heinrich-Schütz-Chor Münster vor allem mit Sätzen aus dem "Dresdner Requiem" von Rudolf Mauersberger, dirigiert von Winfried Berger.

Damit schuf er den Übergang zur anschließenden Denkmal-Enthüllung am benachbarten Servatiiplatz. "Wir müssen Brücken bauen" hieß der Chorsatz des münsterschen Komponisten Willi Heusmann auf Worte von A. Buchenwald, und die Redner griffen die Devise auf.

Zunächst würdigte der Oberbürgermeister Dr. Berthold Tillmann Leistung und Engagement der Flüchtlinge und Heimatvertriebenen: "Ohne sie wäre unsere Stadt ärmer!"

An die Anfänge nach 1945, an das langsame Heimischwerden der "Neu-" bei den "Alt-" Münsteranern erinnerte die örtliche BdV-Vorsitzende Roswitha Möller. Sie dankte Bürgern, Rat und Verwaltung mit warmen Worten für das Zulassen einer "zweiten Heimat".

Die historische Dimension vielschichtiger Verbindungen zwischen Münster und dem historischen Osten als Teil einer 700jährigen gesamtdeutschen Geschichte griff Dr. Friedrich-Carl Schultze-Rhonhof, Vorsitzender der Gesellschaft für Ostdeutsche Kulturarbeit Münster auf und stellte Münster als Hort ostdeutscher Institutionen vor, von den Katharinenschwestern über das Westpreußische Landesmuseum bis zu den Visitatoren. Er zeigte die strukturellen Veränderungen der hiesigen Stadtgesellschaft auf durch den Zustrom der Flüchtlinge: "...andersartige Konfession, andere Mentalität, unterschiedliches Brauchtum", kurzum: eine Bereicherung habe stattgefunden, die sich auch im Denkmal dokumentiert.

M. Pfützenreuter

In seiner Schlichtheit würdevoll und angemessen: Die Gedenksteine erinnern an den Beitrag der Vertriebenen am Wiederaufbau. Foto: privat