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19.07.03 / Russin erinnert an ihre Zeit als "Staatsfeindin"

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 19. Juli 2003


Von den eigenen Freunden verraten
Russin erinnert an ihre Zeit als "Staatsfeindin"

St. Petersburg in den 30er Jahren. Die siebzehnjährige Tamara ist trotz äußerer Zwänge voller Lebensfreude. Als ihr für die Partei arbeitender Vater von den eigenen Leuten plötzlich verhaftet und in ein Lager auf Nimmerwiedersehen verschleppt wird, kümmert sie sich neben der Schule und später der Universität um ihre Mutter und ihre beiden jüngeren Schwestern.

Obwohl sie einen großen Freundeskreis hat, sehnt sie sich nach Liebe und Geborgenheit. Diese verspricht ihr der junge Medizinstudent Erik. Doch wie zuvor schon ihr Vater, wird er vom Stalinregime als Gegner betrachtet. Als er in die Verbannung geschickt wird, folgt sie ihm und bricht dafür sogar ihr Studium ab. Mutter und Schwestern sollen folgen, doch dann beginnt der Krieg, und der Tod trennt die Familie. Tamara klammert sich nun noch stärker an Erik, bald stellt sich allerdings heraus, daß sie nicht die einzige Frau in seinem Leben ist. Zu allem Überfluß hat der sowjetische Geheimdienst das junge Paar weiter unter Beobachtung, und eines Tages werden beide völlig unvermutet festgenommen. Sieben Jahre Haft lautet Tamaras Urteil.

In ihrer Autobiographie "Die Liebe gab mir Hoffnung" zeigt die bekannte russische Theaterkritikerin Tamara Petkewitsch auf, wieso sie trotz mehrfachen Verrats nie die Hoffnung an das Gute im Menschen aufgegeben hat.

Es war Verrat von Menschen, die sie ihre Freunde nannte, die sie im Namen des Geheimdienstes bespitzelt hatten und ihr Aussagen in den Mund legten, die sie als Vaterlandsverräterin auswiesen. Dies war die junge Frau jedoch gar nicht. Sie wollte einfach nur ihre Lieben um sich haben und ihr Leben leben, ohne von politischen Zwängen unterdrückt zu werden.

Das besonders Schreckliche an der Gefangenschaft der jungen Russin ist, daß es hier die eigenen Leute sind, die sie quälen und sie an der Menschheit zweifeln lassen. Doch immer, wenn sie sich aufgeben will, gibt es Menschen, die ihr durch kleine Gesten der Humani-tät den Glauben an das Leben zurückgeben.

Als sie krank wird, rettet sie ein in sie verliebter Arzt, erwartet aber eine "Belohnung" von ihr. In Folge dieser "Belohnung" bringt die nun als Krankenschwester Arbeitende einen Sohn zur Welt. Dieser wird ihr jedoch von dem Vater des Kindes genommen, denn auch seine Liebesschwüre waren nur Lüge. Nur schwer verkraftet Tamara den neuerlichen Schlag, doch ihre neue Arbeit im Theater gibt ihr Kraft.

"Die Liebe gab mir Hoffnung" dokumentiert das Leben einer beeindruckend starken Frau, die nie den Glauben an das Gute im Menschen verloren hat, obwohl sie so oft dessen verräterische Fratze erblicken mußte. Rebecca Bellano

Tamara Petkewitsch: "Die Liebe gab mir Hoffnung - Erinnerungen an eine russische Heimat", Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 2003, Taschenbuch, 511 Seiten, 8,90 Euro