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02.08.03 / Neuanfang im Westen / Flüchtlingskind erinnert sich an die Jahre nach dem Krieg

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 02. August 2003


Neuanfang im Westen
Flüchtlingskind erinnert sich an die Jahre nach dem Krieg

Viele Frauen, deren Mann, wie es so beschönigend hieß, gefallen oder aus anderen Gründen nicht aus dem Krieg zurückgekommen war, mußten allein ihren Mann stehen. Sie taten das mitunter mit einer Bravour und solcher Energie, daß mancher Mann, der mit ihnen geschäftlich oder amtlich zu tun bekam, einen Mann als Gegenüber bei weitem vorgezogen hätte." Auch die Mutter von Rüdiger Stüwe erkämpfte mühselig für ihre beiden Söhne und sich bessere Wohnbedingungen, nachdem die aus Braunsberg geflohenen Ostpreußen in Schneverdingen in der ersten Nachkriegszeit nur sehr bescheidene Notunterkünfte erhielten. Der Autor schildert die materielle Not der Flüchtlingsfamilie, zeigt aber auch auf, daß die Kinder sich im Spiel ihre eigene, farbenfrohe Welt erschufen, die sie das Elend besser ertragen ließ, als es bei den Erwachsenen der Fall war. Der Verlust ihres Zuhauses und der soziale Abstieg trafen die Mutter schwer. 1995 fuhr Rüdiger Stüwe mit ihr dann auch nach Ostpreußen, wo sie die alte Wohnung noch vorfanden und die Mutter dem Sohn und den neuen Bewohnern von der damaligen Einrichtung und den Geschehnissen erzählen konnte.

Der Lehrer Rüdiger Stüwe führt aus seiner Kindheit in der Nachkriegszeit nur einzelne ihn prägende Erlebnisse auf. Leider sind sie manchmal so knapp geschildert, daß keine richtige Atmosphäre entstehen kann. Richtig nahe geht erstaunlicherweise das Kapitel "Fußball", wo er leidenschaftlich von seinem Lieblingssport schreibt. Nur hier entwickelt er eine bildhafte Sprache und reißt den Leser mit.

Besonders reizvoll sind die in der Mitte des Buches abgedruckten Fotos, die neben Familie und Freunden des Autors auch Schulspeisung, Erntezeit, Milchwagen, Wasserholen, Zeltlager sowie englische Panzer zeigen. Durch die Aufnahmen wird ein Eindruck von dem Schneverdinger Alltagsleben in der Nachkriegszeit vermittelt. E. D.

Rüdiger Stüwe: "Von Gummibriketts, Katapulten und Heidjern - Erinnerungen eines Flüchtlingskindes an die Nachkriegszeit", Verlag Atelier im Bauernhaus, Fischerhude 2002, kartoniert, 144 Seiten, 13,80 Euro