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09.08.03 / Die ostpreussische Familie

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 09. August 2003


Die ostpreussische Familie
Leser helfen Lesern
Ruth Geede

Lewe Landslied und Freunde unserer Ostpreußischen Familie,

ich habe Besuch gehabt. Einen Besuch, der mich seltsam berührt und angerührt hat. Unsere Leserinnen und Leser, die schon länger unsere Zeitung halten, kennen die Geschichte von dem kleinen Mantas aus Litauen. Er ist sozusagen unser "Christkind", denn ich pflege in jeder Weih-nachtsnummer über ihn zu berichten, weil uns sein Schick-sal so ans Herz gewachsen ist. Und die Geschichte spricht von praktizierter Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft, die zeigt, daß auch "Wunder" darauf basieren können.

Hier und heute ist kein Platz, sie ausführlich zu erzählen, ich warte damit bis zur nächsten Weihnachtsnummer. Soviel nur, um den Besuch verständlich zu machen: Der heute neun Jahre alte Mantas Stankevic, Urenkel von Ursula Jakumeit aus Ruß, kam jetzt zu einer erneuten Operation nach Kiel. Von dem todkranken Jungen hatte Dr. Detlef Arntzen aus Hamburg auf einer Heimreise erfahren, als Frau Jaku-meit sich an ihn gewandt hatte, um "altes Zeug" zu erbitten, "weil Jungchen immer alles aus dem Bauch läuft".

Dem Kind fehlten tatsächlich einige Organe wie die Blase, niemand konnte ihm helfen. Aber Dr. Arntzen leitete eine großartige Hilfsaktion ein. Dank der Spenden, die vor allem durch den NDR 3 (Ostseereport), aber auch durch die Hilfsbereitschaft von Landsleuten zusammenkamen, konnte das Kind hier in der Bundesrepublik Deutschland zweimal operiert werden. Die jetzige Operation - so hofft man - wird die letzte sein.

Einige Tage nach seiner Operation in Kiel kam Dr. Arntzen mit Mantas und dessen Mutter Rasa zu mir. Dem Jungen war die vier Stunden dauernde Operation kaum noch anzusehen. Ein liebenswertes, aufgewecktes Kind, das sich unbefangen in die ihm fremde Welt einfügte. Mantas ist ein guter Schüler, obgleich einige Körperfunktionen immer anders verlaufen werden, aber damit kommt er gut zurecht. Er wird sogar in das Gymnasium überwechseln können. Wenn man bedenkt, daß der Junge noch vor einigen Jahren ein todkrankes Kind war, dem man in seiner Heimat kaum Lebenschancen einräumen konnte, so ist hier - vor allem dank der Ärztinnen und Ärzte, die diese sehr komplizierten Operationen ausführten - wirklich ein Wunder geschehen. Aus vollem Herzen aber dankt die Familie Dr. Arntzen, der dies alles in die Wege leitete und dem kleinen Mantas und seiner Mutter hilfreich zur Seite stand, auch jetzt bei ihrem vorerst letzten Aufenthalt in Kiel und Hamburg. Auf keinen Fall erlischt die Betreuung des Kindes nach dieser letzten erfolgreichen Operation, über die wir später ausführlich berichten werden. Ich habe mich über seinen Besuch sehr gefreut und noch lange, lange über diese Schicksalsfügung nachgedacht. Sie wird mich beflügeln, auch weiterhin an solche "Wunder" zu glauben, von denen in unserer Ostpreußischen Familie ja so oft gesprochen wird.

Und auf die auch wieder Leserinnen und Leser hoffen, die an uns geschrieben haben. So wie Marianne Loettgen, die etwas über ihre leibliche Mutter erfahren möchte. Lange hat sie gezögert, aber jetzt nach dem Tod ihres Mannes wird der Wunsch, etwas mehr über ihre Wurzeln zu erfahren, immer drängender. Frau Loettgen wurde am 26. März 1934 in der Universitätsfrauenklinik Königsberg geboren. Sie erhielt die Vornamen Gertrud Marianne Hildegard. Warum sie nicht bei ihrer leiblichen Mutter, der Drogistin Hildegard Gertrud Maria Büge, sondern bei ihrem Vater Ernst Lietsch aufwuchs, ist ihr unbekannt. Sie erfuhr von dieser auch erst nach dem Tod des Vaters. Bis dahin hatte sie geglaubt, daß die Ehefrau des Zollbeamten ihre leibliche Mutter sei. Frau Loettgen wüßte auch gerne, wo sie die ersten zwei Jahre nach ihrer Geburt verbracht hat. 1936 wurde ihr Vater an das Hauptzollamt Johannisburg versetzt, und das Kind wuchs als Marianne Hildegard Lietsch in Masuren auf. Wohnanschrift ihrer leiblichen Mutter war bei der Geburt des Kindes Hornstraße 3 in Königsberg. Frau Loettgen wünscht sich so sehr, Verbindung zu der Familie ihrer Mutter zu bekommen (Marianne Loettgen, Claudelweg 18 in 51109 Köln).

Es ist natürlich für mich immer erfreulich, wenn ich Erfolge melden kann, die unsere Familie bewirkt hat - aber manche müssen dann doch korrigiert werden. Da hatte Käthe Lüllmann, geb. Langecker, ihre Schulfreundinnen aus Friedberg, Kreis Treuburg, gesucht. Sie wurde von diesen, Edith Dembski und Anneliese Pomorin, im Januar 1945 getrennt. Ich veröffentlichte ihren Suchwunsch, und es meldete sich prompt eine Leserin, die telefonisch mitteilte, daß Anneliese Pomorin in München wohne. Sie teilte auch deren Anschrift mit. Wir konnten nun Frau Lüllmann diese freudige Botschaft überbringen. Aber es lief dann doch alles anders, wir hatten uns zu früh gefreut. Die in München lebende Frau Pomorin war nicht die Gesuchte, sie stammt zwar auch aus Ostpreußen, aber aus Ortelsburg. Dann erfuhr aber Frau Lüllmann von einem ehemaligen Mitschüler aus Friedberg, daß die gesuchte Anneliese Pomorin in der Heimat blieb und heute Anneliese Rak heißt. Auch die Spurensuche nach der zweiten Schulfreundin hatte Erfolg. Edith Dembski trägt durch Heirat einen anderen Namen und wohnt in Itzehoe. Dieses Wiederfinden ist für Frau Lüllmann besonders wichtig, weil Edith eine Kusine zweiten Grades von ihr ist. So ist es dann doch zu einer vollen Klärung der Suchfrage gekommen, wenn auch zuerst anders als erwartet.

Eure Ruth Geede

Mantas Stankevic: Nach seiner Operation mußte das "Christuskind" erst einmal das Bett hüten (oben). Inzwischen ist er entlassen, und die Schmerzen sind vergessen. Der Junge kann wieder lachen, und das freut seine Mutter Rasa erkennbar mindestens so sehr wie ihn selber (rechts) Fotos (2): privat