29.03.2024

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09.08.03 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 09. August 2003


Klimatisierter Quatsch / Wir sind jedenfalls nicht "euphorisch"
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Richtig südländisch benähmen sich die Deutschen nach Wochen voller Sonne und Hitze, jubelt die Presse. Was das im einzelnen heißen soll, sagt man uns nicht so recht. Nur irgendwie "lockerer" und "euphorischer" seien wir jetzt. Die Euphorie rühre von einem Hormon, das der Körper bei Sonne besonders eifrig produziere. Euphorie? Kein Zweifel: Solche Behauptungen entstehen ausschließlich in klimatisierten Redaktionsstuben. Alle anderen können sich kaum noch bewegen und warten vergeblich auf den versprochenen Euphorie-Schub, der sie - jetzt schon halb erstickt - vermutlich umbringen würde.

Das ZDF hat offenbar Klimaanlage und dreht, zum Platzen voll von dem Hormon, durch: Den "größten Deutschen aller Zeiten" will der Sender bis November ausfindig gemacht haben. So ist's versprochen. Hundert Kandidaten, die die Mainzer Fernsehmacher in die Vorauswahl genommen haben, drängeln sich auf der Tribüne. Die Ränge sind prominent besetzt: Neben Bismarck trällert Roy Black, neben Dietrich Bonhoeffer hat Dieter Bohlen Platz genommen. Niemand soll unserer Epoche später vorwerfen, daß sie wahre Größe, ja sogar die größte Größe nicht erkennen könne. Begonnen wird der quoten-trächtige Erstversuch in Sachen Patriotismus mit fünf "Doku-Shows". Wie die aussehen sollen? Man ist gespannt. Schick wäre so eine Art Big-Brother-Container, wo sich Bismarck, Bohlen und Black im Sofa hängend darüber austauschen, wie man "Weiber aufreißt". Wir werden sehen. Auf jeden Fall folgt auf die "Dokus" eine Eröffnungs-"Show". Hier müssen die Kandidaten vermutlich was singen, Fratzen schneiden oder Kunststücke vorführen. Solche Veranstaltungen haben immer etwas Peinliches, weshalb wir uns an dem Abend bereits auf die großartige "Final-Show" freuen sollten. Da endlich werden Tränen fließen, Mamis gegrüßt, und die "Gleich-geht's-weiter"-Werbeblöcke werden die Millionen fesseln!

Aber noch ist ja nicht November, noch ist Sommer, und den setzten viele Journalisten längst nicht so blendend in euphorische Ideen um wie die vom ZDF. Statt dessen kippen sie die Zeitungsspalten mit gemeiner Touristenhetze voll. Hauptopfer: der "Massentourist". Stets dieselbe Leier. Die schlimmste Beschimpfung lautet, die Deutschen im Ausland seien "typisch wie Touristen gekleidet". Wie denn sonst? Wir sind als Touristen ausgezogen, also sind wir auch so angezogen. Hinterhältig wird es, wenn niederträchtige sogenannte Reisejournalisten über die Bettenburgen herziehen und uns nötigen, doch mal "das Hinterland abseits der ausgetretenen Pfade zu erforschen". Der Verfasser dieser Zeilen ist selber einmal auf so einen "Geheimtip" hereingefallen und kann was erzählen. "Ganz urig" sei das Lokal in den nahen Bergen, raunte die Dame (die sich als Kollegin eines deutschen Senders zu erkennen gab, Abteilung: Reiseberichte). Sie schwelgte mit einem Augenaufschlag, als sei sie bei den sieben Zwergen gewesen, wo Schneewittchen höchstpersönlich den Tisch deckt.

Selbstredend konnten wir uns das nicht entgehen lassen. Es stellte sich indes bald heraus, daß der Ort weniger geheim als (zu Recht) gemieden war. Schneewittchen hatte sich zu unserer Ankunft in die zerlumpte Variante der bösen Königin verwandelt, die sieben Zwerge hatten sich gar völlig aufgelöst. Nicht in Luft, sondern in eine Million Fliegen, mit denen man sich um die verrottete Schuhsohle zanken mußte, die Schneewittchen zur Strafe unserer Anwesenheit auf den Sperrmülltisch geknallt hatte. "Urig" - ja, das war es. Mensch und Tier lebten in völligem Einklang, sie sahen einander überdies zum Verwechseln ähnlich. Das Vieh, aus dem die Schuhsohle entnommen worden war, hatte zuvor (Geruch und allgemeinem Eindruck zufolge) in dem Speiseraum nicht nur selber gelebt, es war dort auch verendet.

Von solchen Erlebnissen können die Daheimgebliebenen natürlich nur träumen. Träumer werden gern romantisch, wie der JU-Vorsitzende Philipp Mißfelder. Der hat in seinen alten Bilderbüchern gestöbert und entdeckt, daß die edlen Greise dort alle gebückt am Stock gehen und immerzu matschigen Brei schlürfen, weil ihnen die billigen Ersatzbeißer (so überhaupt vorhanden) schon vor langer Zeit ins Plumpsklo gefallen waren. Einfach märchenhaft, ergriff es den Jungpolitiker, und so schlägt er jetzt vor, den Alten weder aufwendige Zahnprotesen noch künstliche Hüften zu spendieren, auf daß die gute alte Zeit zurückkehre. Denen wird nichts mehr geschenkt, meint auch Stoibers Fast-Familienministerin Katherine Reiche und unterstützt den Parteifreund nach Kräften.

Mit Geschenken sollte man ja sowieso vorsichtig sein. Undank ist der Welten Lohn, wie sich selbst weltpolitisch zeigt. Einst hielten wir Hans Blix, den früheren UN-Waffeninspekteur im Irak, für einen netten Mann. Deshalb haben ihm die Hannoveraner jetzt den "Leibniz-Ring" an den Finger gesteckt. Die hübsche Preziose soll künftig seine Verdienst um die Menschheit in alle Welt funkeln. Die Verleihung ging saftig nach hinten. Hätten die Hannoveraner doch bloß, wie Mißfelder, in alten Büchern geblättert, in der "Nibelungen-Sage" beispielsweise. Da hätten sie lesen können, auf was so ein gülden Ringelein den einst Vernünftigen bringt: Auf dumme Gedanken nämlich.

Haben sie aber nicht, also nahm das Unheil seinen Lauf: Gerade hatte er die Auszeichnung in Händen, quasselte der brave Schwede Blix verwirrt los: Deutschland solle sich am Wiederaufbau des Irak beteiligen. Der koste so um die hundert Milliarden Dollar, mit denen die USA und die armen Ölscheichs der näheren Golf-Umgebung überfordert seien. Ärgerlich ist: Im Grunde hat er ja recht. George W. Bush muß weitere Kriege vorbereiten und zu Hause die Steuern senken, um 2004 wiedergewählt zu werden. Das kostet 'ne Stange.

Die Saudis, Kuwaitis und anderen Golf-Fürstentümer stehen ihrerseits bei abertausend Prinzen im Wort, ihnen ein sorgenfreies Leben zu spendieren. Sonst werden die unleidig. Außerdem sind da noch die Glaubens- und Kampfesbrüder in den islamistischen Kaderschmieden von Pakistan, in den Bergen Tschetscheniens und des Kosovo und nicht zuletzt die vielen fleißigen Indonesier, die Brandbeschleuniger kaufen müssen für die Kirchen ihrer näheren Umgebung. Kosten über Kosten. Da müssen im Irak eben die Deutschen einspringen. Von wegen des Weltfriedens und so. Vielleicht machen uns die US- und britischen Ölkonzerne ja später dafür einen guten Preis für irakisches Öl. Dann bekämen wir sogar was wieder.