Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 16. August 2003 |
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"Halleluja" und Messe waren Höhepunkte Deutsche und Polen feierten gemeinsam Allensteins 650. Gründungstag mit diversen Festveranstaltungen von Ernst Jahnke Wenn Ostpreußen und insbesondere Allensteiner daran denken, daß vor 650 Jahren "ihr" Allenstein als Stadt gegründet wurde, dann denken sie an den Deutschen Ritterorden, der das Pruzzenland östlich der Weichsel auf das 1225 gestellte Ersuchen des Polenherzogs Konrad von Masowien hin befriedet und mit der Genehmigung von Kaiser und Papst in Besitz genommen, christianisiert und besiedelt hat, an das Ermländische Domkapitel, dem ein Teil dieses Landes zur Verwaltung und Nutznießung überlassen war, und sie denken vor allem an Johannes von Leysen aus Layß bei Mehlsack, dem als Locator am 31. Oktober 1353 die Verwaltung der Stadt, die Einhaltung von Bürgerrechten und -pflichten sowie die weitere Besiedlung übertragen wurde. Wer vielleicht befürchtet hatte, daß es angesichts dieser urkundlich belegten Fakten den Polen schwer fallen würde, den 650. Geburtstag "ihrer" Stadt zu feiern, der wurde bald eines anderen belehrt. Schon ein Blick in den vom Tessa Verlag herausgegebenen "Kleinen Stadtführer Allenstein" und dessen Abschnitt "Aus der Geschichte der Stadt" macht das deutlich. Hiernach war nämlich "Gründer der Stadt ein gewisser Jan aus Lajsy", und das klingt schon mehr nach "Olsztyn" als nach Allenstein. Wir erlebten dann auch bei den Feierlichkeiten in den letzten Juliwochen, daß man hier durchaus mit Freude und Anteilnahme ,,650 lat Olsztyna" feierte. Aber wir waren nicht hierhergekommen, um uns schon wieder über geschichtliche Fakten zu streiten, sondern um die Gründung, die Existenz und die Entwicklung ein und derselben, uns alle verbindenden Stadt mit ihren eindrucksvollen Bauwerken und ihrer landschaft-lich schönen Lage gemeinsam zu feiern. In der Altstadt gab es erstaunlich viele Straßenrestaurants, in denen Einheimische und Besucher zusammensaßen, und zusammen war man auch bei dem großen Festumzug mit der Darstellung historischer Szenen, bei den Rahmenveranstaltungen vor dem Alten Rathaus und unterhalb des Schlosses, bei schaustellerischen und handwerklichen Darbietungen und Ständen und insbesondere in dem überfüllten Amphitheater bei Fahnenschwingern, Tänzern und Musikern. Das war vor allem am 25. Juli der Fall, dem Namenstag der Stadt, der dem Heiligen Jakobus als Schutzpatron der Stadt gewidmet ist. Am nächsten Tag wurde auf dem Fischmarkt eine Linde gepflanzt, die aus Gelsenkirchen-Buer stammt, wo man in diesem Jahr schon das 1000jährige Bestehen feiern konnte. Daß auch Allenstein so alt werden, weiterhin gut gedeihen und stets auf eine gute Zusammenarbeit blicken möge, das wünschten der stellvertretende Stadtpräsident Dr. Grzymowicz, der beim vorjährigen Jahrestreffen der Stadtgemeinschaft in Gelsenkirchen die Einladung zu dem Allensteiner Stadtjubiläum überbracht hatte, sowie der Vorsitzende der Stadtgemeinschaft Allenstein, Gottfried Hufenbach, der rund 100 Besucher aus der Bundesrepublik, darunter viele Allensteiner, mit zwei Bussen zu diesem Stadtjubiläum geführt hatte. Sie beteiligten sich zusammen mit den Vertretern der Partnerstadt Gelsenkirchen, der Ersten Bürgermeisterin Schraeder und dem Zweiten Bürgermeister Rehberg, der übrigens aus Ostpreußen stammt und auch als Präsident von Schalke 04 bekannt ist, aktiv beim Einpflanzen des jungen Lindenbaums, dessen Wachstum nicht nur alle Anwesenden als Symbol deutsch-polnischer Zusammenarbeit erleben möchten. Den aktuellen Stand solcher Zusammenarbeit zeigte auch die anschließende Veranstaltung der deutschen Volksgruppe in der Taverne "Pirat" in Göttkendorf am Okullsee bei einem ökumenischen Gottesdienst im Freien und Darbietungen von Gesangs-, Musik- und Tanzgruppen. Gastgeber war die Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit (AGDM), die recht zahlreich und auch mit ihrem Ersten Vorsitzenden Hans Biernatowski vertreten war. Neben Dr. Grzymowicz als Vertreter der Stadt waren auch anwesend Wiktor Marek Leyk als Beauftragter der Woiwodschaft für Minderheitenfragen, Prof. Puchejda von der Universität und Hanna Wawrzik vom Kultusministerium in Warschau. Gemeinschaftliches gab es auch bei dem festlichen Konzert in der Philharmonie, bei dem vier Chöre aus drei Staaten wetteiferten: der Männerchor der Stadtwerke Krefeld, ein Shanty-Chor aus Barßel, ein gemischter Chor aus Al- lenstein sowie Chor und Orchester des "Bayerischen Hauses Odessa". Man wird den Darbietungen der drei erstgenannten Chöre keinen Abbruch tun, wenn man von den insgesamt noch recht jugendlichen Künstlern aus der Ukraine besonders beeindruckt war. Das vielstimmige "Halleluja" aus Händels Messias war sicherlich ein Höhepunkt nicht nur dieses Abends. Ein Höhepunkt der gemeinschaftlichen Veranstaltungen war am Sonntag die heilige Messe in der Jakobikirche, bei der Erzbischof Dr. Edmund Piszcz das Hochamt und die Predigt in polnischer und in deutscher Sprache hielt. Anwesend waren auch der Visitator Ermland, Dr. Schlegel, sowie Delegationen der verschiedenen Partnerstädte Allensteins, aus der Bundesrepublik Deutschland Gelsenkirchen und Offenburg. Es sang auch der Männerchor aus Krefeld mit Bruno Mischke von der Stadtgemeinschaft Allenstein. Ihr Vorsitzender Gottfried Hufenbach überreichte beim Empfang nach der Messe dem Propst Dr. Lesinski einen von der Stadtgemeinschaft Allenstein bewilligten Betrag von 300 Euro zur Errichtung eines Epitaphs für den Pfarrer Hanowski, der Anfang 1945 wesentlich dazu beigetragen hat, daß die Allensteiner Kirchen von den sowjetischen Brandschatzungen verschont blieben. In der erst in der jüngsten Zeit gut restaurierten evangelischen Pfarrkirche besuchten die evangelischen Reiseteilnehmer einen deutsch-polnischen Gottesdienst, bei dem die Predigt auch in beiden Sprachen gehalten wurde, der Evangelische Kirchenchor auch mit deutschen Liedern und insgesamt die Gemein- demitglieder mit kräftigem Liedgesang erfreuten. Anschließend em-pfing Bischof Bazanowski die Gäste aus der Bundesrepublik im Gemeindehaus der Evangelisch-Augsburgischen Kirche, wo es Kaffee und Kuchen gab und einige Besucher berichten konnten, daß sie hier vor 60, 70 Jahren ihren Konfirmandenunterricht hatten. Nur zehn Jahre sind vergangen, seit die ersten Planungen begannen und mit dem Erwerb des ehemaligen Finanzamts in der Bahnhofstraße durch die Stadtgemeinschaft Allenstein der Ausbau zum "Haus Kopernikus" als Stätte deutsch-polnischer Begegnung und jetzigem Sitz der AGDM erfolgte. Bei der Führung durch die Vorstandsmitglieder Renate Barczewski und Christine Plocharski staunten die Besucher aus der Bundesrepublik nicht schlecht, in welch gutem Zustand bei geschmackvoller Einrichtung sich das auch architektonisch schmucke Haus jetzt befindet. Hier wurde in diesen Tagen auch eine Ausstellung alter Ansichtskarten aus dem Besitz von Bruno Mischke eröffnet, die als vergrößerte und einheitlich gerahmte Aufnahmen ein gutes Bild des alten Allenstein vermitteln. Allenstein und die 650-Jahr-Feier waren Anlaß und Ziel der neuntägigen Reise der Kreisgemeinschaft. Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, daß zwei ganztägige Ausflugsfahrten das Bild der ostpreußischen Heimat erweiterten. Eine Fahrt führte nach Frauenburg mit seinem eindrucksvollen Dom und weiter nach Kahlberg auf der Frischen Nehrung. Bei der Dampferfahrt über das Frische Haff wurde auch der auf der eisigen Flucht Verbliebenen mit Rosen gedacht. Die zweite Fahrt brachte die Gruppe nach Zoppot mit seinem 512 Meter langen Seesteg und nach Danzig, wo es eine Stadtführung mit einer Besichtigung der Marienkirche gab. Eine Stadtführung durch Thorn hatte bereits auf der Hinfahrt auf dem Programm gestanden. Auf der Rückfahrt wurde in Gnesen der zweitürmige Dom besucht. Die nächste Allenstein-Reise wird wahrscheinlich im
Sommer 2005 stattfinden und dabei soll jeweils mit zwei Aufenthaltstagen in
Königsberg, Nidden und Memel auch einmal das nördliche Ostpreußen näher
gebracht werden. Der Verlauf der Reise im Juli 2003 sollte Anlaß genug sein,
sich auch den neuen Reisetermin schon vorzumerken. |