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16.08.03 / Eine Patenschaft mit Bestand - seit 50 Jahren zwischen Geislingen und den Südmährern / "Den eingeschlagenen Weg weiter gehen"

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 16. August 2003


"Den eingeschlagenen Weg weiter gehen"
Eine Patenschaft mit Bestand - seit 50 Jahren zwischen Geislingen und den Südmährern

Mit dem Beschluß des Gemeinderates der Stadt Geislingen zur Übernahme der Patenschaft für die heimatvertriebenen Südmährer am 18. März 1953 wurde ein wichtiges und deutliches Zeichen der Verbundenheit und Solidarität der Geislinger Altbürger mit den südmährischen Neubürgern gesetzt." Das sagte der Landesbeauftragte für Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler, Innenstaatssekretär Heri-bert Rech, beim Festakt zum 50jährigen Jubiläum der Patenschaft der Stadt für die Südmährer im Rahmen des 55. Bundestreffens der Südmährer in Geislingen an der Steige. Rech dankte der Stadt und den Südmährern im Namen von Ministerpräsident Erwin Teufel und der Landesregierung für die erfolgreiche Pflege des Patenschaftsverhältnisses und überreichte als Anerkennung einen Wappenteller.

Rech erinnerte daran, daß 1945 von den rund 162.000 vertriebenen deutschen Südmährern etwa 67.000 in Baden-Württemberg Aufnahme gefunden hatten. Sie seien auf eine Bevölkerung getroffen, die selbst unter den Folgen des Krieges gelitten habe. Die Menschen hätten sich aber zusammengefunden und gemeinsam angepackt, um sich eine Zukunft zu schaffen. Die Jahre um die Begründung der Patenschaft seien Jahre des Wiederaufbaus und harter Arbeit gewesen: "Die Übernahme der Patenschaft durch die Stadt Geislingen im Jahr 1953 war ein beispielhafter Beitrag zur Integration der Heimatvertriebenen", sagte Rech.

Zur erfolgreichen Integration habe auch wesentlich beigetragen, daß die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge trotz des erlittenen Schicksals aktiv am demokratischen Wiederaufbau teilgenommen hätten und mit Forderungen für den ihnen entstandenen Verlust an Vermögen Maß hielten. Die deutschen Heimatvertriebenen hätten früh erkannt, daß es in Europa nur einen Weg des friedlichen Neben- und Miteinanders geben könne. Rech: "Gemeinsam mit allen Heimatvertriebenen' und Flüchtlingen haben sie 1950 noch unter dem Eindruck von Flucht und Vertreibung mit der ,Charta der deutschen Heimatvertriebenen' früh die Hand zur Versöhnung ausgestreckt. Sie haben ausdrücklich auf Rache und Vergeltung verzichtet und sich zum Wiederaufbau Deutschlands und zur Schaffung eines geeinten Europas bekannt. Für diesen Schritt - nur vier Jahre nach der Vertreibung - möchte ich Ihnen meinen vollen Respekt aussprechen."

Die Südmährer hätten es geschafft, ihre kulturellen Wurzeln auch für die Zukunft zu erhalten. In Veranstaltungen wie dem jährlichen Bundestreffen lebten ihre Bräuche und Traditionen dank des unermüdlichen Einsatzes vieler Mitglieder fort. "Ihr kulturelles Erbe gehört heute zum geistigen Fundament unseres Landes. Es zu erhalten liegt im gemeinschaftlichen Interesse. Es zu pflegen ist unsere gemeinsame Aufgabe", betonte Rech. Auch die Patenschaft der Stadt Geislingen habe eine Zukunft, da die Patin den Gesprächskurs der Südmährer mit den Kommunen ihrer alten Heimat aktiv unterstütze. So habe beispielsweise der Patenschaftsrat an der Reise des Südmährischen Landschaftsrates nach Südmähren teilgenommen und die Stadt Geislingen beim offiziellen Empfang der Stadt Znaim im Jahr 2000 repräsentiert. "Solche Kontakte zwischen Kommunen in Baden-Württemberg und den Kommunen in Südmähren sind wegweisend", sagte Rech.

Zur aktuellen Diskussion um die Benesch-Dekrete sagte Rech: "Die Benesch-Dekrete, die Vertreibung, Entrechtung und Ausbürgerung von Deutschen und auch Ungarn rechtfertigen, sind mit dem Völkerrecht und EU-Prinzipien nicht zu vereinbaren und müssen endlich aufgehoben werden, damit Europa zusammenwachsen kann." Die Europäische Union solle ein festgefügtes Haus werden, in dem alle Völker Europas einen Platz haben. Dazu gehöre auch die Aufarbeitung der gemeinsamen Geschichte.

Das Ergebnis der Volksabstimmung in Tschechien zum EU-Beitritt habe bestätigt, daß vor allem bei der jüngeren Generation keine Berührungsängste mehr vorhanden seien. "Die tschechische Jugend interessiert sich für die Fragen der Vergangenheit. In diese Generation setze ich meine Hoffnung, daß sie - gemeinsam mit unserer Jugend - in der Lage sein wird, das Geschehene aufzuarbeiten und einer gerechten Verständigung zuzuführen", sagte Rech. Beide Seiten seien schon viele Schritte aufeinander zugegangen, beispielsweise mit der Eröffnung des Prager Kontaktbüros der Sudetendeutschen Landsmannschaft und der Errichtung eines Kreuzes der Versöhnung im Gedenken an die ermordeten Sudetendeutschen in Werkelsdorf. Erfreulich sei auch, daß bereits viele persönliche Kontakte zwischen Heimatvertriebenen mit Menschen in der Tschechischen Republik bestünden. "Gehen Sie den eingeschlagenen Weg weiter, sprechen Sie mit den Menschen in Ihrer alten Heimat", ermutigte Rech die Anwesenden. EB