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16.08.03 / Alle Hoffnungen bleiben unerfüllt / Friedrich von Sachsen (Die Hochmeister des Deutschen Ordens, Teil XIX)

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 16. August 2003


Alle Hoffnungen bleiben unerfüllt
Friedrich von Sachsen (Die Hochmeister des Deutschen Ordens, Teil XIX)
von Friedrich Borchert

Friedrich von Sachsen wurde am 29. September 1498 zum Hochmeister gewählt und übernahm die vorzüglich geführte Regierung von dem nach dem Tode Hochmeister Johann v. Tiefens eingesetzten Statthalter Graf Wilhelm v. Isenburg (genannt Eisenberg). Letzterer hatte gemeinsam mit Graf Heinrich Reuß seine Einsetzung als Hochmeister und die Zustimmung des sächsischen Herzogshauses erreicht. Durch die Wahl eines Kandidaten fürstlicher Herkunft erhoffte man eine Verbesserung der Lage des Deutschen Ordens und die Hebung seines Ansehens sowie eine engere Bindung an das Reich. Vom Polenkönig, dessen Schwester Barbara erst kurz zuvor des Hochmeisters Bruder Georg geheiratet hatte, wurde wegen der verwandtschaftlichen Beziehungen Nachsicht erwartet.

Der neue Hochmeister entstammte der Albertinischen Linie der Wettiner Dynastie. Sein Vater war Albrecht der Beherzte, Herzog zu Sachsen-Meißen; seine Mutter Sidonia von Böhmen war eine Tochter des Hussitenkönigs Georg Podiebrad. Das ganze Fürstengeschlecht hatte wichtige monarchische und kirchliche Ämter inne, wie zum Beispiel die Vettern Kurfürst Fried-rich III., der Weise, oder Erzbischof Ernst von Magdeburg und Bischof von Halberstadt.

Der am 26. Ok-tober 1473 geborene Friedrich von Sachsen war von seinem klugen Vater zum Geistlichen bestimmt gewesen. Er studierte von 1491 bis 1495 in Siena und Bologna und ging dann für kurze Zeit an den Hof des hervorragenden Humanisten Erzbischof Berthold von Mainz. Nach seiner Rückkehr trat er in den Deutschen Orden ein, um für das in Aussicht genommene Amt wählbar zu sein.

Der gebildete Fürstensohn mit literarischen Interessen war von kränklicher Natur und litt unter einem überempfindlichen Nervensystem. Die stete Sorge um seine Gesundheit dämpfte die Aktivität des nicht einmal Dreißigjährigen und ließ ihn etwas müde erscheinen. Dennoch war Friedrich ein moderner weltlicher Fürst, der durchaus ein Verhältnis zur Macht hatte.

Die angestrebte Ordensreform hatte für Hochmeister Friedrich das wesentliche Ziel einer Vereinigung der Ämter des Hoch- und Deutschmeisters. Beim Freiwerden des Amts des Deutschmeisters strebte sein Bruder, Herzog Georg von Sachsen, diese Ämterzusammenlegung an. Er scheiterte jedoch mit seinem Vorhaben am gegenteiligen Votum des Ordenskapitels.

Außerdem tendierte der Hochmeister zur Verweltlichung der Ordensregierung und berücksichtigte, daß die ständischen Schichten im Lande politisch mündig geworden waren. Aus einem bestimmten Kreis des preußischen Adels zog er sogenannte Landräte heran, über die er auch Einfluß auf die Stände nahm. Die bereits bei seinen Vorgängern eingerichteten Ständetage leisteten auch weiterhin praktische Arbeit und bereiteten Gesetze vor oder schufen Einrichtungen zum Wohl des Landes.

Gleich nach seinem Regierungsantritt wurde der neue Hochmeister mit der Frage konfrontiert, ob er dem König von Polen den Treueid leisten würde. Dies ließ seine Stellung als Reichsfürst grundsätzlich nicht zu. Jedoch hatte ihn der Polenkönig bereits im Februar 1499 zur Eidesleistung nach Petrikau geladen. Als er die Forderung ablehnte, erklärte dieser, nach Preußen reiten zu wollen, um den Hochmeister mit der Waffe zum "Gehorsam" zu zwingen. Auch die erneute Aufforderung im Jahr 1501 lehnte Friedrich ab, obwohl militärische Gewalt seitens Polen zu befürchten war. So stand die Regentschaft Fried-richs unter einer Dauerkrise mit Unsicherheit und Spannungen im Verhältnis zu Polen. Doch setzte er es durch, daß die Anerkennung des unter Gewalt geschlossenen Thorner Vertrages von 1466 nicht vollzogen wurde. Es war ein hervorragendes Ergebnis der Diplomatie, daß Polen diese Herausforderung hinnahm und keine Gewalt anwendete.

In der Innenpolitik galt sein Bestreben, durch tüchtige Verwaltung den Sinn für Ordnung wieder zu beleben, Handel und Verkehr zu fördern sowie die Einkünfte zu mehren. In der 1503 geschaffenen Landesordnung, die im wesentlichen eine Zusammenfassung und Weiterentwicklung von Gesetzen und Richtlinien war, wurde der ordnende juristische Sinn des Regenten spürbar.

Letzterer wirkte sich unmittelbar in der Schaffung eines Hofgerichts, des sogenannten Quatember, aus, das über den Stadt- und Landgerichten die oberste Instanz war. Das Hofgericht bestand aus zwölf Richtern mit Vertretern aus Ritterschaft und Städten, wobei die ständische Beteiligung überwog. Eine sachliche Neuerung war der Einsatz weltlicher Juristen. Das Hofgericht wurde später in die Rechtsprechung des Herzogtums übernommen.

Der Hochmeister war im Volke beliebt, denn alle Klagen der Untertanen wurden gewissenhaft verfolgt. Das "Bauernlegen" durch reiche Gutsbesitzer ließ er mit starker Hand unterbinden.

Unter Einfluß der ständigen Bedrohung durch Polen entstand im Jahre 1507 die erste preußische Kriegsordnung. Sie führte zur Neugliederung und Stärkung der Wehrkraft, indem man 24 Burgen und 30 Städte in den Verteidigungszustand versetzte. Die rund 18.000 wehrfähigen Männer faßte man in ein Feldheer von 10.000 Mann zusammen und verteilte den Rest als Besatzung auf die Burgen.

Wegen des drohenden polnischen Angriffs ergingen Hilfeersu-

chen an den Landmeister von Livland und über den Deutschmeister an den deutschen König. Ersterer sah sich nicht in der Lage, Verstärkungen nach Preußen zu schicken. Kaiser Maximilian erging sich in schönen Worten und bestärkte den Hochmeister in der Ansicht, daß er keinerlei Verpflichtung zur Leistung eines Eides gegenüber dem König von Polen habe. Aber jedwede Hilfe blieb aus.

Der Tod von König Alexander von Polen im August 1506 verschaffte dem Ordensland eine Atempause von der Aggressionsgefahr. Doch nach dem Regierungsantritt durch dessen energischeren Bruder, König Sigismund I., verschärfte sich die außenpolitische Lage wieder.

Nunmehr verlegte der Hochmeister aus Sicherheitsgründen im Jahr 1507 seine Residenz von Königsberg nach Rochlitz in Sachsen, was weder Flucht noch Abdankung bedeutete. Vielmehr behielt er die Leitung aller wichtigen außenpolitischen Verhandlungen in seiner Hand. Für die Führung der Regierungsgeschäfte in Preußen setzte er ein vierköpfiges Kollegium ein, das er von der neuen Residenz aus lenkte. Es bestand aus den beiden Ordensgebietigern Großkomtur Simon v. Drahe und Marschall Graf Wilhelm v. Isenburg sowie den beiden ordenstreuen Bischöfen Hiob v. Dobenck und Günter v. Bünau. Die Sicherheitslage des Preußenlandes blieb weiterhin zerbrechlich und hielt nur dadurch, daß Moskau Kriegsdrohungen gegen Polen/Litauen aufrechterhielt.

Im Jahre 1505 erlitt der Orden eine diplomatische Niederlage, als Papst Julius II. auf Intervention Polens dem Hochmeister die Eidesleistung gemäß dem Thorner Vertrag von 1466 befahl. Dieser unternahm sofort über den Ordensprokurator in Rom diplomatische Schritte, die bereits im Sommer 1506 eine Abschwächung der päpstlichen Weisung und mit dem Breve vom 27. März 1509 einen förmlichen Widerruf erreichten. Nun verbot der Papst dem Hochmeister sogar ausdrück-lich, dem Polenkönig zu huldigen!

Durch seine kluge Rede auf dem Reichstag zu Worms im Mai 1509 erreichte Hochmeister Friedrich die kaiserliche Unterstützung für Vermittlungsverhandlungen des Papstes und des Königs von Ungarn im Kongreß von Posen, der aber erfolglos verlief. Lediglich wurden die gegensätzlichen Standpunkte des Ordens und Polens deutlich herausgearbeitet und in ausführlichen Beweisführungen dargelegt. Polen zweifelte mit falschen Behauptungen die Echtheit der vom Orden als Beweismittel vorgelegten Urkunden an. Der Orden seinerseits erbot sich, die Echtheit der Urkunden zu beweisen, und focht den Thorner Vertrag von 1466 insgesamt und in vielen Artikeln an.

In der Denkschrift des Hochmeisters wird zu Artikel 32 ausgeführt: "Über das eigentliche Preußenland sei niemals Streit gewesen, da Polen kein Recht darauf habe, sondern der Orden habe es durch päpstliche und kaiserliche Privilegien erworben und den Händen der Ungläubigen entrissen. Darüber hinaus lägen Urkunden polnischer Fürsten über den Besitz von Kulmerland, Nessau, Morin, Michelau und Pommerellen vor."

Diese vor nunmehr 500 Jahren getroffenen beweiskräftigen Feststellungen widerlegen auch heute noch angebliche polnische Rechte am Besitz preußischen Landes.

Hinsichtlich der innenpolitischen Aktivitäten darf die gute Münzpolitik Friedrichs nicht unerwähnt bleiben, die das preußische Münzsystem dem Wendischen Münzverein in Lübeck wieder näher brachte. Erstmalig wurden in Königsberg Goldgulden und Breitgroschen mit vor- züglichem Feingehalt geprägt sowie gute Groschen, die genau in das neue Münzsystem paßten. Diese Münzpolitik wurde auch unter dem nachfolgenden Hochmeister weiter verfolgt.

Anzumerken bleibt, daß Hochmeister Friedrich im Jahre 1504 einen dreiteiligen Flügelaltar für die Tenkitter Adalbertskapelle stiftete, der bis heute erhalten blieb. Er wurde 1669 vor dem drohenden Absturz der Kapelle in die Ostsee in die Ordensburg Lochstädt gebracht und später nach Marienburg überführt und dort in der Bartholomäuskapelle des Mittelschlosses aufgestellt. Jetzt befindet er sich im dortigen Museum.

Im letzten Viertel des Jahres 1510 erkrankte Hochmeister Friedrich schwer und verstarb am 14. Dezember des Jahres in seiner Heimat auf Schloß Rochlitz. Er wurde in der Fürstenkapelle am Dom zu Meißen beigesetzt.

Die erhaltene Bronzegrabplatte trägt ein Bildnis des Hochmeister in Ritterrüstung mit Schwert und Rosenkranz sowie dem Hochmeisterwappen. Die Umschrift in gotischen Minuskeln benennt den verstorbenen Fürsten mit allen seinen Titeln. Die schwere Grabplatte soll nach einem Entwurf von Lucas Cranach von Peter Vischer in Nürnberg gegossen worden sein.

Trotz seiner Verdienste um das Preußenland mit den Reformen von Verwaltung, Gerichtswesen und Heeresverfassung, trotz seines diplomatischen Geschicks, die Handlungsfreiheit des Ordens ohne Krieg wiederzugewinnen, und trotz seiner mutigen Verweigerung, die Eidesforderung und den "Schandfrieden" von 1466 anzuerkennen, hat Hochmeister Friedrich die Hoffnungen, die man in den Fürstensohn setzte, nicht ganz erfüllen können. Das Verhältnis zu Polen blieb in seiner ganzen Schärfe bestehen und drängte zur gewaltsamen Lösung. Immerhin konnte er jedoch die Bindungen zum Reich dank seiner Beziehungen zu Fürsten und zum Kaiser stärken. Gewollt oder ungewollt hat er durch innenpolitische Veränderungen mit der Tendenz zur Verweltlichung der Ordensregierung die Umwandlung des Ordensstaates in ein weltliches Herzogtum vorbereitet.

Flügelaltar aus der St. Adalbertskapelle bei Tenkitten im Samland:

Gestiftet um 1504 von Hochmeister Friedrich von Sachsen sowie den Ordensbeamten Dietrich von Reitzenstein und Leo von Waiblingen, befindet er sich inzwischen in der Marienburg in dem in der Konventsküche eingerichteten Muzeum Zamkowe

In der Fürstenkapelle des Doms zu Meißen: Bronzegrabplatte des Hochmeisters Friedrich von Sachsen

Wappen des Hochmeisters Friedrich v. Sachsen