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06.09.03 / 50 Jahre Traditionsgemeinschaft der Leichtathleten aus den deutschen Ostgebieten

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 06. September 2003


"Laufen gegen das Vergessen"
50 Jahre Traditionsgemeinschaft der Leichtathleten aus den deutschen Ostgebieten

Zum erstenmal nach dem Kriege war 1953 vom Deutschen Leichtathletikverband (DLV) zu einem Wiedersehenstreffen der ostdeutschen Leichtathleten und Funktionäre im Ludwigsbau in Augsburg aufgerufen worden. Der DLV war somit einer der ersten großen Sportverbände, die sich um die Zusammenfassung bemühten.

Von Beginn an stellten die ostdeutschen Leichtathleten die Liebe zur Heimat in den Mittelpunkt, entsagten aber zugleich jeder Form von Revanchismus und Rache. Bei der Zusammenkunft dankte DLV-Präsident Dr. Danz dem Ostpreußen Dr. Herbert Schmidtke, der das Treffen vorbildlich organisiert hatte und zu dem Mitglieder von Vereinen aus Ost- und Westpreußen, Schlesien, Pommern und dem Sudetenland erschienen waren. In künftigen Wettkämpfen solle eine Traditionsstaffel aus diesen fünf Vertreibungsgebieten ausgetragen werden, dessen ewiger Wanderpreis der Holzstaffelstab einer in Breslau gelaufenen berühmten Rekordstaffel sein werde, den Sportlehrer Dannemann aus Breslau in seinem Fluchtgepäck mitgenommen hatte.

Die 200 Vertreter ostdeutscher Vereine nahmen dann einstimmig folgende Entschließung des DLV-Präsidenten Dr. Danz an, in der es unter anderem hieß:

Die Ziele der Gemeinschaft sind:

1. Die Sammlung der versprengten ostdeutschen Leichtathleten fortzusetzen und sie in die Gemeinschaft ihres alten Stammverbandes, den DLV, einzugliedern.

2. Die Gemeinschaft sieht ihre vornehmste Aufgabe darin, den Gedanken an die alte Heimat in Wort und Schrift zu fördern.

3. Zu diesem Zweck werden alle Kameraden der Traditionsgemeinschaft aufgefordert, ihre Kenntnisse und Erfahrungen an ihrem neuen Heimatort in den Dienst des DLV zu stellen.

4. Kameradschaftshilfe untereinander und Aktionen zur Unterstützung der Kameraden der LA in Mitteldeutschland, insbesondere der dort wohnenden ostdeutschen Leichtathleten, sind vorgesehen.

5. Es wird vorgeschlagen, bei dem alljährlich vorgesehenen Wiedersehenstreffen LA-Sportkämpfe der Traditionsgemeinschaft in verschiedenen Altersklassen durchzuführen, wenn möglich, am Freitag vor den Deutschen Meisterschaften.

NOK-Präsident Dr. Karl Ritter von Halt sprach zum Abschluß zu den ostdeutschen Athleten. Er betonte, daß die Liebe zur Leichtathletik nirgends so ausgeprägt gewesen sei wie im deutschen Osten. Er, der für den olympischen Gedanken in Deutschland verantwortlich zeichnet, freue sich, daß unter den deutschen Sportsleuten viele aus den Ostgebieten seien, die wieder zu Meisterehren kamen, so zum Beispiel der schlesische Hochspringer Bähr (jetzt Neumünster) und der schlesische Speerwerfer Koschel (jetzt Koblenz).

1956 sprach Dr. Danz als Vorsitzender des Deutschen Leichtathletikverbandes: "... Ein Staffelstab aus Breslau, im Rucksack mitgebracht, wurde zum heißumkämpften Wanderpreis und zum Sinnbild der traditionsbewußten ostdeutschen Leichtathletik, deren Vertreter die alten ruhmreichen Leichtathletikgemeinschaften sind, die aus der Kraft der tragenden Idee sich fern der Heimat zusammenfanden und sich der Pflege der alten Bindungen angenommen haben ..."

Im Grußwort zu den 6. Traditionswettkämpfen 1958 in Hannover schrieb Dr. Herbert Schmidtke: "... hat die Traditionsgemeinschaft uneigennützige Aufgaben übernommen. Fern der ostdeutschen Heimat will sie die sportlichen Ideale des Spiels der Kräfte, der Wahrhaftigkeit und der Ritterlichkeit pflegen. Darüber hinaus will die Gemeinschaft den Gedanken an die Heimat wachhalten und unserer Jugend weitergeben, ihr jene starken Kräfte vermitteln, die aus der Treue zur Heimat erwach- sen ... und die Namen der ostdeutschen Sportvereine mit denen ihrer großen Athleten unvergessen lassen."

Im Programmheft der Traditionswettkämpfe 1959 in Stuttgart waren die großen Namen ostdeutscher Meister und Weltrekordler genannt wie Körnig, Peltzer, Hirschfeld, Blask und Li Radke-Batschauer, die erste Olympiasiegerin der deutschen Leichtathletik überhaupt. Aus Breslau oder Stettin stammten weltweit renommierte Sportler wie Schoemann, Kraus, Stöck oder Mellerowicz.

Wie 1953 in Augsburg beschlossen, wurden die Traditionswettkämpfe bis 1969 in Verbindung mit den Deutschen Leichtathletikmeisterschaften ausgetragen.

Über die ersten Traditionswettkämpfe gibt es keine Ergebnislisten mehr, sondern nur gelegentliche Zeitungsberichte, vorwie- gend im Schlesier und im Ostpreußenblatt. Anhand dieser Unterlagen ist im TGLO-"Rundbrief I/1993" anläßlich des 40. Gründungsjahrestages ein Überblick über die Entwicklung und die sportlichen Erfolge der Aktiven veröffentlicht worden. Ab 1975 liegen die Ergebnislisten vor.

Die Unterstützung durch den Deutschen Leichtathletikverband endete 1970 aufgrund der scharfen Angriffe der osteuropäischen kommunistischen Medien gegen die deutschen Heimatvertriebenen und gegen die Traditionsgemeinschaft. Hätten die Traditionswettkämpfe weiterhin mit offizieller Unterstützung und im Umfeld der Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften stattgefunden, wären die Olympischen Spiele 1972 in München von den Sportlern aus den kommunistisch regierten Staaten boykottiert worden.

Seit 1971 werden die Wettkämpfe von örtlichen Vereinen ausgerichtet und sind auch für nichtvertriebene Sportler geöffnet - zunächst in Walsrode, dann in Celle und seit 1994 in Großburgwedel e.V., die vom TGLO-Geschäftsführer und Sportwart Günter Tiller eigens zu diesem Zweck gegründet worden ist. Die Veranstaltung erfreut sich alljährlich regen Zuspruchs, insbesondere der jungen Leichtathleten, die zum Saisonausklang ihre Leistungen zum Eintrag in die offiziellen Ergebnislisten des Deutschen Leichtathletikverbandes (DLV) noch verbessern können.

Zusätzlich veranstaltet die Traditionsgemeinschaft seit 17 Jahren regelmäßig den "Silvesterlauf um den Springhorstsee" in Burgwedel, der im letzten Jahr eine Rekordbeteiligung von über 200 Läufern brachte.

"Was ist Tradition der ostdeutschen Leichtathletik?" Diese Frage beantwortet Erich Pawlak, damaliger Vorsitzender unserer TGLO, 1983 in seinem Referat: "Die Namen und Leistungen der ostdeutschen Leichtathleten bis SK Preußen 01 Stettin und VfB Breslau 1898, in Erinnerung und als Vorbild zu bewahren, das ist Tradition und Vermächtnis zugleich." C. G.

Anläßlich des 50 Jubiläums ist eine Festschrift erschienen, die neben zahlreichen Berichten auch die Grußworte vieler Politiker, Zahlenmaterial und Kurzbiographien der erfolgreichsten Sportler enthält. Die Festschrift ist unter folgender Adresse zu beziehen: Vorsitzende der Traditionsgemeinschaft der Leichtathleten aus den deutschen Ostgebieten e.V., Christine Graw, Im Greyenberg 3, 52393 Hürtgenwalde-Grey, Telefon (0 24 29) 35 85.

"Ewiger Wanderpreis": Der Holzstaffelstab überstand Flucht und Vertreibung. Foto: privat