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© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 20. September 2003 |
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"Alles Lug und Trug" Enteignungsopfer zu Unrecht von Entschädigung ausgeschlossen War der sogenannte Restitutionsausschluß - also die Nicht-Wiedergutmachung der Enteignungen in der SBZ zwischen 1945 und 1949 - wirklich der "Preis der deutschen Einheit"? Oder hat die damalige Bundesregierung in dieser Frage Volk und Parlament angelogen? Das Bundesverfassungsgericht hat die Position von Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble für Rechtens erklärt, die Betroffenen aber sehen sich nach wie vor als Opfer staatlicher Hehlerei. Und sie erfahren jetzt Unterstützung von unverhoffter Seite: Die bislang gründlichste wissenschaftliche Arbeit zu diesem Komplex kommt zu dem eindeutigen Schluß, daß "die Politiker, die maßgeblich die politische Einheit Deutschlands gestalteten, tatsächlich nicht gemäß ihrem verfassungsrechtlichen Auftrag" handelten. Mit diesem Ergebnis steht die Untersuchung im Widerspruch zur Urteilsfindung des BVG. Die Untersuchung hat Gewicht: Es handelt sich nicht etwa um eine Auftragsarbeit "interessierter Kreise", sondern um das Ergebnis jahrelanger wissenschaftlicher Forschungsarbeit, das schließlich als Dissertation an der Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät der Gerhard-Mercator-Universität in Duisburg eingereicht wurde. Und dort waren die gutachtenden Professoren Bärsch und Korte so beeindruckt, daß sie der Autorin Constanze Paffrath mit der Höchstnote "summa cum laude" die Doktorwürde verliehen. Frau Paffraths verdienstvolle Arbeit führt erstmalig den konkludenten Nachweis, daß nicht nur das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 18. April 1996, sondern auch das erste höchstrichterliche Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die "Enteignungen auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage (1945 bis 1949)" vom 23. April 1991 auf falschen Tatsachenvoraussetzungen beruht und deshalb zu falschen Konsequenzen führt. Die Urteile unterstellen, die Bundesrepublik habe, ihrem Verfassungsauftrag entsprechend, in den Verhandlungen mit der DDR und der Sowjetunion pflichtgemäß gehandelt. Dieser Auffassung wird mit den nachfolgenden Thesen widersprochen. Die erste Hauptthese: Eine Forderung seitens der Sowjetunion, das während ihrer Besatzungszeit in der sowjetischen Besatzungszone konfiszierte Vermögen dürfe nicht an seine Eigentümer zurückgegeben werden (Rückgabeverbot), wurde nachweislich an keinem Verhandlungstag und auf keiner Verhandlungsebene erhoben. Die zweite Hauptthese: Die während der Zeit der Verhandlungen zur deutschen Einheit maßgeblichen Vertreter der Bundesrepublik haben mit ihrer gegenteiligen Behauptung die Öffentlichkeit und die Legislative absichtlich und wider besseres Wissen getäuscht. Zu einer Fehleinschätzung der Verhandlungslage durch die Bundesregierung konnte es nicht kommen, da sie schon vor Beginn der offiziellen internationalen Verhandlungen den "Restitutionsausschluß" des in der damaligen sowjetischen Besatzungszone konfiszierten Vermögens selber geplant hatte. Die dritte Hauptthese: Selbst wenn es eine unabdingbare Forderung der DDR und der Sowjetunion gegeben hätte, das während der Jahre 1945 bis 1949 in der damaligen sowjetischen Besatzungszone konfiszierte Vermögen nicht an seine Eigentümer zurückzugeben, so hätte die Bundesregierung dieser Forderung - selbst um den Preis der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten - weder im Hinblick auf das Grundgesetz noch auf vorausgegangene höchstrichterliche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes entsprechen dürfen. Außer diesen drei Hauptthesen erbringt die Untersuchung Beweise für nachstehende Thesen: •Die von der Bundesregierung vorgetäuschte Zwangslage "Wiedervereinigung" oder "Restitutionsausschluß" hat es nicht gegeben und damit keinen Konflikt zwischen staatspolitischer Notwendigkeit und verfassungsrechtlicher Notwendigkeit und verfassungsrechtlicher Wertentscheidung. •Die DDR hatte zu keiner Zeit die politische Macht, in den Verhandlungen mit der Bundesrepublik Deutschland eigene Forderungen durchzusetzen. •Ein wesentlicher Teil der Täuschungsstrategie der Bundesrepublik bestand darin, den begrifflichen Gehalt der Forderung der Sowjetunion nach Indemnität (hier im Sinne von "nachträglicher Billigung") mit dem der Forderung eines Restitutionsverbotes zu verbinden. •Die wechselnden Forderungen der Sowjetunion während der Verhandlungen zur Wiedervereinigung waren Niederschlag der sich wandelnden innenpolitischen Verhältnisse innerhalb der UdSSR. Die zuweilen inkonsistente sowjetische Haltung nutzte die Bundesregierung zur Durchsetzung eigener politischer Ziele. •Die Nichtrückgabe des in der sowjetischen Besatzungszone konfiszierten Eigentums stand für maßgebliche Vertreter der Bundesrepublik Deutschland bereits im März 1990 fest, vor der Konstituierung der ersten freien DDR-Regierung und vor Beginn der internationalen Zwei-plus-Vier-Verhandlungen. •Die Ergebnisse der Verhandlungen mit der DDR erweckten den Anschein pflichtgemäßen Handelns der Bundesrepublik. In Wahrheit bestand ihre Verhandlungsstrategie darin, den eigentumsrechtlichen Forderungen der DDR nichts entgegenzusetzen und, ihrem Verfassungsauftrag widersprechend, nicht zu handeln, wo es geboten gewesen wäre. •Der Einigungsvertrag war nicht Ergebnis einer auf Gleichberechtigung beruhenden deutsch-deutschen Partnerschaft, sondern, was die Eigentumsfrage anbetraf, in erster Linie Ausdruck und Ergebnis der Interessen der westdeutschen Bundesregierung. •Die von der Bundesregierung mit zu verantwortende Terminierung des Einigungsvertrages ließ den Vertretern der Exekutive keine Möglichkeit, die von der Regierung ausgehandelten Verträge sorgfältig zu prüfen. •Die von der Exekutive dem Bundestag dargelegten Gründe für die erbetene Zustimmung zu den von ihr vorgeblich ausgehandelten Eigentumsregelungen entsprachen nicht der Wahrheit. •Nur auf Grund einer Täuschung der legislativen Gewalt gelang es der Bundesregierung, außer dem Einigungs- und dem Zwei-plus-Vier-Vertrag einen verfassungsändernden Beschluß herbeizuführen, den die Bundesregierung unter Voraussetzung wahrheitsgemäßer Unterrichtung des Parlaments niemals hätte erreichen können. •Das Verhalten politischer Führungskräfte der Union während der Zeit der Vereinigung steht im krassen Widerspruch zu den Grundwerten und über Jahrzehnte bekräftigten Bekenntnissen prominenter Vertreter der Christlich-Demokratischen Union. Eine mit dieser Untersuchung erstmalig unternommene Auswertung der Zeugenaussagen, die vor dem Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit den Verhandlungen zur deutschen Wiedervereinigung gemacht wurden, führte zu folgenden Thesen: •Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 23. April 1991 stützt sich in seinen Formulierungen zum Teil auf ein Argumentationsmodell, das Monate zuvor vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages formuliert und vom Gericht (teilweise) wortwörtlich übernommen wurde. •Das Gericht verabsäumte es, die beklagte Bundesregierung, nach den von ihr verfolgten Zielen und Absichten (bei den Verhandlungen mit der DDR und der Sowjetunion) zu befragen. Es lehnte die beantragte Vorladung der wichtigsten Tatzeugen ab und immunisierte (durch Gewährung eines Berichterstatter-Status) die zugelassenen, der Beklagten nahestehenden Zeugen vor nachfolgender Strafverfolgung wegen Falschaussagen. •Das Verhalten von Bundesverfassungsgericht und Bundesregierung führte im Verein mit einer Täuschung der Legislative zu einer Unterminierung der verfassungsrechtlich gebotenen Gewaltenteilung. |