Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 20. September 2003 |
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"Bayern - Zukunftsland und Heimat" von Edmund Stoiber, Ministerpräsident des Freistaates Bayern Bayern war nach dem Zweiten Weltkrieg ein agrarisch geprägtes und wenig industrialisiertes Land. Heute ist Bayern dynamisches Zukunftsland und liebens- werte Heimat. Zum Wiederaufbau Bayerns und zum Aufstieg vom Ende an die Spitze der Länder haben die Heimatvertriebenen mit unerschütterlicher Zuversicht und großer Opferbereitschaft beigetragen. Ihr handwerkliches Geschick, ihr Unternehmergeist und ihr unermüdlicher Fleiß haben Bayern nach vorne gebracht. Seine heutige Position verdankt Bayern aber auch einer zukunftsorientierten und verläßlichen Politik, die für Innovation und Stabilität steht. Bayern ist das Land mit den meisten Existenzgründern, der neben Baden-Württemberg geringsten Arbeitslosigkeit und der niedrigsten Staatsverschuldung in Deutschland - und das nun schon über Jahre hinweg. Das Bayern von heute zeichnet sich durch hohe Lebensqualität und kulturelle Vielfalt, durch eine hohe innere Sicherheit und durch gute Lebenschancen für die Jugend aus. Die Bayern sind modern und offen für Neues. Zugleich gibt es in Bayern eine lebendige Pflege von Tradition und Brauchtum. Diese Kombination aus Bewährtem und Neuem schafft Vertrauen bei den Bürgern und in der Wirtschaft. Deshalb treibt die Staatsregierung mutige Reformen in Staat und Gesellschaft mit der Überzeugung voran, daß das Konsensmodell der sozialen Marktwirtschaft erhalten werden muß, weil sich sozialer Friede und wirtschaftlicher Erfolg gegenseitig bedingen. Die Stärken Bayerns beruhen maßgeblich auf diesem gesellschaftlichen Grundkonsens. Der Ausgleich der Interessen schafft ein dauerhaft stabiles Investitionsklima für neue Arbeitsplätze und dient dem Allgemeinwohl. Deshalb dürfen Sozialpolitik und Marktpolitik nicht aus falschem politischem Kalkül gegeneinander ausgespielt werden. Dies zeigt die Erfolgsgeschichte Bayerns ganz deutlich. Denn die Investoren aus aller Welt achten eben nicht nur auf niedrige Steuern oder konkurrenzfähige Arbeitskosten. Leistungsfähige Verkehrswege, gute Schulen und Hochschulen, ein modernes Gesundheitswesen, eine gesunde Umwelt und ein vielfältiges Kulturleben sind mindestens ebenso ausschlaggebend. Die einzelnen Äste von Gesellschaft und Politik dürfen sich nicht gegenseitig die Kraft nehmen, sonst verdorrt der ganze Baum. Sozialpolitik, Wirtschafts- und Finanzpolitik, Bildungspolitik, Kultur- und Umweltpolitik müssen sich gegenseitig ergänzen. Die Bayerische Staatsregierung gestaltet diese strukturpolitischen Zusammenhänge mit hohen Investitionen in die Zukunft. Nach meiner festen Überzeugung braucht die Wirtschaft zur Gewährleistung der ökologischen, kulturellen, sozialen und der im engeren Sinne ökonomischen Standortfaktoren einen starken, handlungsfähigen und effektiven Staat. Die heimischen Unternehmer und die Manager der globalen Wirtschaft wollen zwar keine bürokratischen Hemmnisse, aber sie wollen auch nicht die Entmachtung des Staates. So müssen wir in Deutschland zwar offen und ehrlich darlegen, was der Staat in Zukunft nicht mehr leisten kann. Wer heute zum Beispiel das bestehende soziale Netz bloß konservieren will, der gefährdet die Grundlagen der sozialen Sicherungssysteme. Der Staat darf sich aber auch nicht aus der Verantwortung für die Zukunft stehlen. Er muß vielmehr dynamische Anstöße und Impulse für den Fortschritt geben - vom Gesundheits- und Sozialsystem über die Bildung bis zu Wissenschaft und Forschung. In einer Zeit des rasanten Wandels der Welt ist Stillstand immer schon Rückschritt. Wir brauchen mehr Mut und Kraft zur Innovation. Deshalb hat die Staatsregierung früher als andere auf eine konsequente Modernisierung in Forschung und Wissenschaft und durch moderne Techno- logien gesetzt. Meine Leitlinie lautet: Der Staat soll nicht verwalten, sondern gestalten. Deshalb haben wir staatliche Unternehmensbeteiligungen in Milliardenhöhe privatisiert. Mit den Erlösen investieren wir fast fünf Milliarden Euro in die Offensive Zukunft Bayern und in die High-Tech-Offensive - in Fachhochschulen und Hochschulen, in Forschungszentren von Weltrang, aber auch in Umweltschutz, in Soziales und in die Kultur wie für Museen von internationalem Ansehen. Vergleichbares gibt es in keinem anderen Land. Wir erschließen neue Märkte und besetzen neue Zukunftsfelder: Nano-Technologie, Bio- und Gen- technologie, neue Werkstoffe, Mechatronik, Informations- und Kommunikationstechnologie, Medizintechnik, Umwelttechnik. Überall in Bayern werden die Früchte dieser Investitionen sichtbar. Ein Weltkonzern wie General Electric mit weltweit über 300.000 Beschäftigten errichtet sein Europa-Forschungszentrum in Bayern. Wir haben Bayern fit gemacht für die Herausforderungen der Globalisierung. Deshalb ist Bayern das einzige Land in Deutschland, das in den letzten zehn Jahren substantiell 105.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen hat. Spitzenleistungen setzen gute Arbeitsbedingungen für Forschung und Entwicklung voraus. Ein dichtes Netz an Universitäten und Fachhochschulen steht für die Qualität des Standorts Bayern. Der Aufwand für Forschung und Entwicklung in Bayern - gemessen am Bruttoinlandsprodukt - liegt weltweit in der Spitzengruppe und übertrifft den Bundesdurchschnitt bei weitem. Fast ein Viertel aller deutschen Patentanmeldungen kommt aus Bayern. Investitionen in Forschung und Bildung sind in Bayern kein Lippenbekenntnis, sondern Realität. Bis 2002 haben wir 2.500 neue Lehrerinnen und Lehrer versprochen. Im Herbst 2003 werden es 5.300 sein. Auch die Erweiterung der Realschule von bisher vier auf sechs Schuljahre erweist sich als äußerst erfolgreich. PISA hat gezeigt, daß die Qualität bayerischer Schulen deutschlandweit unübertroffen ist. Dazu ein Beispiel: In Bayern sind Ausländerkinder sprachlich besser als deutsche Kinder in anderen Bundesländern. Zusätzlich testet Bayern jetzt bereits ein Jahr vor der Einschulung die Sprachkenntnisse der Kinder. Denn nur wer die deutsche Sprache ausreichend beherrscht, kann Bildungschancen nutzen. Jedem Kind in Bayern soll vermittelt werden, daß Bildung einem nicht in den Schoß fällt. Bildung heißt sich selbst etwas abverlangen. Ganz entscheidend ist ein gutes Lern- und Arbeitsklima. Erziehung und Disziplin werden an den Schulen gestärkt, weil jeder Schüler ein Grundrecht auf störungsfreien Un-terricht hat. Nach internationalen Vergleichsstudien gibt es in Bayern so große Chancen zur Aus- und Weiterbildung und auf einen sicheren Arbeitsplatz wie in kaum einer anderen Region Europas. Bayern ist Motor für den Fortschritt in Deutschland und zugleich steht Bayern für eine dauerhafte soziale und politische Stabilität. Doch Bayern braucht auch positive Rahmenbedingungen aus der Bundespolitik. Es ist zum Schaden Bayerns, wenn der Kanzler und seine Bundesregierung noch immer kein schlüssiges Konzept für die Zukunft Deutschlands gefunden haben. Ich meine, der Erfolg Bayerns belegt, was Staat und Politik für Investitionen, Wachstum und neue Arbeitsplätze tun können. Das Problem in Deutschland ist nicht eine angebliche Ohnmacht des Staates gegenüber der globalen Wirtschaft. Das Problem ist die Ohnmacht einer falschen Politik von Rot-Grün! Deutschland braucht eine intensive Förderung von Zukunftstechnologien wie Bio- und Gentechnik oder Luft- und Raumfahrt. Deutschland braucht konkurrenzfähige Energie- und Transportkosten. Deutschland braucht den Bau wichtiger Verkehrsprojekte wie den Transrapid. Wir müssen die Stärken Deutschlands und die Quellen unseres sozialen Wohlstands mit neuem Leben erfüllen. Die Innovationskraft und der Wachstumsschub für Deutschland kommen aus Bayern und den unionsregierten Ländern wie Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen und Thüringen. Hier findet Zukunft tatsächlich statt. Seit Jahren beweisen wir in Bayern: Wer Eigenleistung und Engagement fördert, der schafft die finanziellen Grundlagen für den Sozialstaat - zum Beispiel für die Unterstützung junger Familien. Sozial ist, was Wachstum und Arbeit schafft. Der Süden Deutschlands schreitet voran. Die Bundesregierung dagegen trägt nach wie vor die rot-grüne Laterne am Ende des europäischen Zuges. Europa und die Welt aber warten nicht auf Deutschland. Bayern ist aber nicht nur Wirtschaftsstandort, Bayern ist Heimat. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gilt das auch für die Vertriebenen, die nach Bayern kamen. Mit imponierendem Fleiß, Ausdauer und Integrationswillen haben sie den Wiederaufbau Bayerns mitgetragen. Der Schrecken des Erlebten, das Unrecht und Leid haben sie nicht zu Gedanken an Haß und Rache verleitet. Am 5. August 1950, also noch unter dem unmittelbaren Eindruck der Vertreibungen, setzten sie mit der Unterzeichnung der Charta der deutschen Heimatvertriebenen ein Zeichen für Versöhnung in Europa. Auf meine Initiative hin hat der Bundesrat nun dieses große Dokument gewürdigt, indem er die Bundesregierung aufgefordert hat, den 5. August zum Nationalen Gedenktag für die Opfer von Vertreibung zu bestimmen. Die Charta steht für Versöhnung und Verständigung in Europa. Umso enttäuschender ist es, wenn zukünftige EU-Mitglieder an Unrechtsdekreten festhalten. Dennoch: Im Beitrittsprozeß sind die Anliegen der Heimatvertriebenen auf der euro-päischen Tagesordnung ganz nach oben gerückt. Ich habe das Unrecht der Vertreibung stets beim Namen genannt, ganz im Gegensatz zur Bundesregierung, die das Thema einfach unter den Teppich kehrte. Ein Eckpfeiler des europäischen Hauses ist sicher der gemeinsame Markt. Für dauerhafte Stabilität braucht es aber auch historische und kulturelle Fundamente. Diese Fundamente sind brüchig, wenn Teile der gemeinsamen Geschichte ausgeklammert werden. Die historischen und kulturellen Leistungen der Deutschen aus dem Osten, ihre Erfahrungen, ihr Leid, ihre Integrationsleistungen nach dem Zweiten Weltkrieg sind integraler Bestandteil deutscher und europäischer Geschichte. Deswegen fördert Bayern substantiell Einrichtungen der Vertriebenen wie zum Beispiel das ostpreußische Kulturzentrum in Ellingen. Zum Fundament Europas gehört ganz wesentlich ein vorurteilsfreier Dialog zwischen Nachbarn, wie er im Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin geführt werden soll. Dieser Dialog wird Europa stärken. Als Schirmherr der Sudetendeutschen und als Pate der Landsmannschaft der Ostpreußen habe ich von Anfang an die Idee des Zentrums gegen Vertreibungen in Berlin befürwortet. Bayern wird auch der Stiftung beitreten. Die Konzeption für das Zentrum und der international besetzte Beirat bürgen für das hohe fachliche Niveau der Einrichtung. Bayern wird beharrlich für das Zentrum werben und nicht zulassen, daß die deutschen Heimatvertriebenen als unmittelbar Betroffene aus diesem Projekt hinausgedrängt werden. "Ich habe das Unrecht der Vertreibung stets beim Namen genannt": Der Freistaat Bayern ist das einzige deutsche Bundesland, das an seinem Regierungssitz, im Eingangsbereich der Münchner Staatskanzlei, mit einer Gedenkschrift an das Schicksal der Vertriebenen erinnert. "Den deutschen Vertriebenen zur Erinnerung an Deportation, Flucht und Vertreibung, zum Gedenken an ihre Heimat und an ihre Toten, zum Dank für ihren Einsatz beim Wiederaufbau", lautet der Text, auf den Ministerpräsident Edmund Stoiber hier demonstrativ hinweist. Foto: Mahlitz "Die Wirtschaft will zwar weniger bürokratische Hemmnisse, aber keine Entmachtung des Staates" "Die Fundamente Europas sind brüchig, wenn Teile der gemeinsamen Geschichte ausgeklammert werden" Am 21. September wird im Freistaat Bayern ein neuer Landtag gewählt. Spitzenkandidat der CSU ist Dr. Edmund Stoiber, der seit Mai 1993 das Land regiert, gestützt auf eine breite absolute Mehrheit. Der 61jährige Oberbayer ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Nach Schule, Militärdienst in einer Gebirgsdivision und dem Studium der Rechtswissenschaften und Politischen Wissenschaften in München konnte er schon in jungen Jahren Franz Josef Strauß auf sich aufmerksam machen. Die wichtigsten Stationen seiner politischen Laufbahn: 1978 bis 1983 CSU-Generalsekretär, 1982 bis 1988 Leiter der Staatskanzlei, 1988 bis 1993 Staatsminister des Innern, seither Ministerpräsident und seit Januar 1999 auch Parteivorsitzender der CSU. |