Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 20. September 2003 |
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Gedanken zur Zeit: Abschied von den Illusionen von Carl Gustaf Ströhm Über die Toten solle man nur Gutes sagen, lautet ein lateinisches Sprichwort. So wurde auch über die durch ein Messerattentat ermordete schwedische Außenministerin Lindh in diesen Tagen die übliche Betroffenheits- und Empörungsrhetorik ausgeschüttet. Bundesaußenminister Joseph Fischer, dem sonst sensible Gefühle eher fremd sind, trat gar mit tränenerstickter Stimme vor die Kamera. Die "Freundin" Lindh war ihm abhanden gekommen. Und ähnlich urteilten Regierungschefs, Minister und sonstige Berufspolitiker quer durch die europäische Landschaft. Da beschwor man, daß man die auf so furchtbare Weise zu Tode gekommene Ministerin niemals vergessen werde. Aber bereits hier stockt einem die Feder. Ein anderes prominentes Attentatsopfer, der 1985 in Stockholm auf offener Straße erschossene Ministerpräsident Olof Palme, ist heute weitgehend vergessen - und erst der tragische Fall Lindh veranlaßte einige, sich zu erinnern: Da war doch vor achtzehn Jahren ein ganz ähnlicher Fall ... Wenn man von den ganz wenigen Fällen wirklicher historischer Größe absieht - etwa Adenauer oder de Gaulle -, sind es nur ganz wenige Politiker, deren Erinnerung in der Nachwelt überlebt, auch wenn sie selber schon längst in der Erde ruhen. Die meisten (und auch solche, die zu ihren Lebzeiten die Schlagzeilen beherrschten, im positiven wie negativen Sinne) sind ebenso schnell vergessen, wie sie seinerzeit emporstiegen. Das bezeugt zumindest eines: Wir leben in einer geschichtsfremden, ahistorischen Zeit, in der die Vergangenheit nichts und die - ungewisse - Zukunft alles bedeutet, überbrückt von einer hektischen Gegenwart, in der Theorie und Praxis, Ideal und Wirklichkeit nicht mehr übereinstimmen. Anläßlich der Ermordung der schwedischen Außenministerin haben dänische Medien die neuesten Interpol-Statistiken über Schweden veröffentlicht. Dabei stellt sich heraus, daß Schweden weit davon entfernt ist, ein "Pipi-Langstrumpf-Land" zu sein, in dem alles (oder zumindest das meiste) in Ordnung ist. Die schwedische Gesellschaft, so geht aus dem Bericht hervor, ist eine der gewalttätigsten in Europa und übertrifft sogar die USA in der Zahl der Morde und schweren Einbruchsdelikte. Im Jahre 2001 gab es 900 Fälle von Mord in Schweden, verglichen mit 120 in Norwegen und weniger als 50 in Finnland. Die Mordrate ist also in Schweden viermal höher als in Norwegen und zweimal höher als in den USA. Laut Interpol hat Schweden je Kopf der Bevölkerung zweimal mehr Sexualverbrechen zu verzeichnen als Dänemark, und zweimal mehr Raubüberfälle. Unter den Tätern seien Einwanderer und Zuwanderer überproportional vertreten. Bis jetzt ist nicht klar, wie ein Mörder im Menschengedränge eines Kaufhauses vor den Augen von Dutzenden, wahrscheinlich sogar Hunderten von Menschen jemanden niederstechen und dann unbehelligt flüchten konnte, ohne daß die Polizei über den Täter zunächst irgendwelche glaubwürdigen Angaben erhielt. Wie immer der Fall Lindh polizeilich und gerichtlich ausgehen mag - die Illusion von der "gutmenschlichen" Insel Schweden, wo die Politiker als unschuldige Lämmer in der Menschenmenge auftauchen, ist verschwunden. Verschwunden ist auch die an sich bereits im Falle Olof Palme überreife Erkenntnis, daß selbst in einer angeblichen Wohlstandsinsel wie Schweden, die fast seit Jahrhunderten keinen Krieg durchmachen mußte, dunkle Leidenschaften und Komplexe am Werk sein können. Für die nicht gerade wenigen deutschen Politiker und Intellektuellen, die am liebsten auch Deutschland in ein solch politisch korrektes "Super-Schweden" verwandeln wollten, sollte das Anlaß zu tieferem Nachdenken sein. Was sich jenseits der offiziellen Trauerkundgebungen verbirgt, ist die Tatsache, daß selbst ein Land wie Schweden, das an sich alle Voraussetzungen mitbrachte, eine "Insel der Seligen" zu sein, von tiefen Spaltungen und inneren Gegensätzen heimgesucht wird. Die polizeiliche Annahme, es handle sich beim mutmaßlichen Täter um einen Geistesgestörten, mag vieles für sich haben. Aber Geisteskranke und verwirrte Personen gibt es auch in anderen europäischen Ländern - und doch hat es (bisher) nichts Vergleichbares in anderen Ländern gegeben. Die Prädisposition zur Gewalttätigkeit reicht also vermutlich weit über den konkreten Täter hinaus. Damit erweist sich der schwedische Weg einer schwachen Polizei und allgemeiner Liberalität zumindest als fragwürdig. Fast könnte man sagen, Schweden habe mit der Ermordung der Außenministerin seinen eigenen 11. September erlebt. Hinzu kommt eine weitere Beobachtung: In den Massendemokratien des Westens im allgemeinen - aber in Deutschland im besonderen - findet eine allgemeine Qualitätsverschlechterung und Niveausenkung des verfügbaren politischen Personals statt. Vergleicht man etwa das intellektuelle und menschliche Niveau des jetzigen Bundeskabinetts nicht nur mit den seinerzeitigen Kabinetten unter Konrad Adenauer, sondern selbst mit der sozialliberalen Regierung Helmut Schmidt in den siebziger und frühen achtziger Jahren, dann ist der Niveauverlust unverkennbar - von allem anderen abgesehen. Daß etwa an der Spitze der deutschen Außenpolitik ein Mann namens Joseph (alias "Joschka") Fischer steht, der keinerlei Schulabschluß nachweisen kann (und sich daher nicht einmal für den bescheidensten diplomatischen Posten als Botschaftssekretär irgendwo in Afrika zu qualifizieren vermöchte) - und daß dieser selbe Außenminister sich gleichzeitig rühmen kann (trotz oder wegen einschlägiger gewalttätiger Vergangenheit), der "beliebteste" deutsche Politiker zu sein, zeigt das Ausmaß an geistiger Verwirrung in heutigen deutschen Landen. Der unaufhaltsame Aufstieg des Joseph Fischer könnte durchaus im Zusammenhang mit der Auflösung (oder Selbstauflösung) des deutschen Staates stehen, der von vielen - übrigens auch linken und liberalen Zeitgenossen - seit geraumer Zeit diagnostiziert wird. Immer wieder hört man die Klage, daß in westlichen Ländern - Deutschland nicht ausgenommen - qualifizierte junge Leute nicht mehr bereit seien, sich ernsthaft mit Politik zu befassen. Statt dessen hätten die Karrieristen, die von Gesinnungen und Überzeugungen weitgehend unbeleckt blieben, das Heft in die Hand genommen. Die seinerzeitige Parole des - gleichfalls durch einen Mordanschlag geendeten - US-Präsidenten John F. Kennedy: "Frage nicht, was das Land für sich tun könnte, sondern was du für das Land tun kannst" - scheint keine Gültigkeit mehr zu haben. Leider gilt das auch für jene Kräfte, die als "Opposition" dazu berufen wären, eine Alternative zum gegenwärtigen rot-grünen Regierungskurs aufzubauen. Das ist vielleicht der Fluch der Erbschaft Helmut Kohls, daß sich die Unionsparteien auf das schlüpfrige Gelände des Antifa-Konsens mit der Linken begeben und jene personelle und inhaltliche Alternative aufgegeben haben, die zu Adenauers Zeiten selbstverständlich war. Wenn die Deutschen in den bevorstehenden schweren (und nicht ungefährlichen) Zeiten bestehen wollen, müssen sie als erstes wieder den aufrechten Gang lernen. Aufrechter Gang heißt nicht Hochmut und Rechthaberei, aber die Kenntnis (und Erkenntnis), daß die deutsche Geschichte nicht eine Aneinanderreihung von Verbrechen und Schuld war, sondern daß es selbst unter einem unmenschlichen Regime auch Tapferkeit, Mitleid, Treue und Opfermut gab. Die Soldaten der Roten Armee, die ja auch einem verbrecherischen Regime dienen mußten, nehmen - unterstützt von Präsident Putin - dies für sich selber ganz selbstverständlich in Anspruch. Solange aber Politiker das Land regieren, die etwa das projektierte "Zentrum gegen Vertreibungen" deshalb ablehnen, weil es zu sehr die deutschen Opfer hervorkehre und nicht jene der "Gegenseite" - solange wird es schwer sein, einen neuen Anfang und auch eine innere Versöhnung zu erreichen. Den Deutschen wurde es in ihrer Geschichte nicht immer leicht gemacht - aber manchmal gewinnt man den Eindruck, sie selber machten es sich am schwersten. Es ist aller edlen Anstrengungen wert, wenn uns gescheite Politologen mit Vorschlägen überhäufen, wonach das Wahlsystem geändert und als Ausweg aus der Krise mehr direkte Demokratie anstelle der jetzigen Parteienherrschaft praktiziert werden solle. Die Frage ist nur: Ist auch das nicht ein Herumdoktern an Symptomen, ohne an die Wurzel des Übels zu gelangen ? Ein kluger Beobachter der deutschen Dinge meinte jüngst, die Medien und Zeitungen in Deutschland hätten innerhalb weniger Jahrzehnte zwei totale Umstülpungen und Veränderungen über sich ergehen lassen - einmal 1933 und dann nach 1945. Da sei es nicht verwunderlich, wenn in vielen deutschen Medien öde politische "Korrektheit" herrsche und nicht die geringste Neigung bestehe, sich auf echte Diskussionen einzulassen. Man wisse bereits alles vorher besser. Das sei der Unterschied zwischen dem politischen Rekurs in Deutschland und in Ländern wie Frankreich oder Italien, wo eine viel größere Bereitschaft bestehe, auch nicht-konformistische Standpunkte zu vertreten. Leider läßt sich diese Beobachtung auch auf die deutsche "politische Klasse" ausweiten. Ob links oder Mitte (von "rechts" wagt man gar nicht mehr zu reden - wegen der sofortigen Gleichsetzung mit "rechtsextrem" oder zumindest "rechtsradikal") herrscht die gleiche vorgefaßte Meinung, die zum Teil auch von der Furcht um die eigene Pfründe bestimmt wird. Es fehlt also an politischer Phantasie - und an Mut, die Dinge beim Namen zu nennen. Das ist der Grund, weshalb man in Deutschland oft das Gefühl hat, es drehe sich alles im Kreise und komme nicht vom Fleck. Die Mordrate ist in Schweden höher als in den USA Ein erschreckender Niveauverlust des politischen Personals |