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© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 20. September 2003 |
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"Ein Masure mit grossem Herz" Die Elmshorner Dittchenbühne führte Paul Fechters Komödie "Der Zauberer Gottes" auf Steht sie und schabbert und schabbert. Schäl Kartoffeln, lies Erbsen. Ist bald Mittag, und sie tut nichts. Alles und alles muß ich machen. Mann tut nichts, Annuschka tut nichts, alles ich." "Laß sausen, Annuschka, laß sausen, Golubuschka. Moi bosche kochanne. Ist Mensch klug, hilft er sich. Ist Mensch dumm, geschieht ihm recht." Mit einer ruhigen Handbewegung versucht Michael Pogorzelski seine aufgebrachte Gattin Puttchen zu beruhigen, doch die verschwindet verärgert hinter ihrem Herd. Die Hühner gackern, und Puttchens jüngere Cousine Annuschka macht sich ans Kuchenbacken. Plötzlich stehen General Friedrich von Lossow und sein Untergebener, die eben noch in ihrer Kutsche vorbeigefahren sind, am Rand der Bühne und fluchen. Was ist passiert? Das Publikum im Innenhof der Elmshorner Dittchenbühne verfolgt gespannt das bunte Treiben auf, neben und vor der Bühne. Die Darsteller agieren auf großem Raum und nutzen die ungewohnten Möglichkeiten, die ihnen die Freilichtbühne bietet. Gespielt wird "Der Zauberer Gottes - Eine masurische Komödie" von Paul Fechter. Der 1880 in Elbing geborene Journalist und Schriftsteller hat in diesem, seinem wohl berühmtesten Werk die Gestalt des masurischen Pfarrers Michael Pogorzelski zum Thema gemacht. Das Stück spielt im 1553 gegründeten Ort Kutten, in dem der legendenumwobene, wortgewaltige Pfarrer von 1772 bis 1780 als Rektor tätig war, sowie in Königsberg und Ortelsburg. Michael Pogorzelski wurde 1737 im Kreis Lyck als Sohn eines freien Bauern geboren und zog als Hütejunge, den heidnischen Göttern Perkuhn und Pikoll ergeben, durch die schöne masurische Landschaft. Eines Tages fiel dem örtlichen Pfarrer Edzard Fürchtegott Drygalski die außerordentliche Auffassungsgabe des Jungen auf, und er nahm sich seiner an. Nach dem Besuch des Altstädtischen Gymnasiums in Königsberg studierte Pogorzelski zusammen mit Gottfried Herder an der Albertina, bis er in Kutten als Rektor ein ihm angenehmes Tätigkeitsfeld fand. Genau an dieser Stelle setzt die Komödie ein, denn in Kutten stößt der mit seiner Kutsche verunglückte General von Lossow zufällig auf Pogorzelski und ist von seinem masurischen Charme und seiner Beobachtungsgabe fasziniert. Von Lossow lädt den ehemaligen Hütejungen zu sich nach Königsberg ein und fordert ihn auf, dort die Prüfung zum Pfarrer abzulegen, um den Menschen durch Gott noch näher zu sein. Widerstrebend folgt Pogorzelski, hat aber in Konsistorialrat Naujoks einen erbitterten Gegner, der die plötzlich in Königsberg grassierende Bewunderung des Naturburschen mit heidnischen Wurzeln nicht teilen kann. Den Darstellern, Bühnenbildnern, Kostümschneidern und natürlich dem Regisseur der Dittchenbühne, ihnen allen ist es gelungen, den Zuschauer von Paul Fechters "Zauberer Gottes" in das Ostpreußen des sich dem Ende zuneigenden 18. Jahrhunderts zu entführen. Besonders erwähnenswert ist hier das leidenschaftlich gesprochene Masurisch von Udo Pfahl, dem Darsteller des Pogorzelski, und von Gislinde Zietlow, dem heidnischen Beerenweib Wuta. Sie stehen für das alte Masuren, wobei Pogorzelski viel mehr zwischen den Welten steht. "Altes immer heidnisch. Muß heidnisch sein - war zuerst da. Dies alles neu, alles fremd. Kein Zauber, kein Leben! Deutsche klug, wissen alles - aber können nicht zaubern. Pruß dumm, aber alt, ganz alt. Können reden mit Göttern und Wolken, können zaubern", erklärt Pogorzelski der Prüfungskommission in Königsberg den Unterschied zwischen den Ureinwohnern auf dem Land und den Stadtbewohnern der Aufklärung. Das tragische Ende Pogorzelskis schockiert. Ist er doch nicht nur dem Betrachter des Theaterstücks, sondern auch den Menschen seiner Zeit ans Herz gewachsen. Seine volkstümlichen Reden, sein Verständnis und Mitgefühl für die Menschen, egal ob Christen oder Heiden, ob gut oder schlecht, zeigen, daß es durchaus Helden gibt, auch wenn Pogorzelski keine typische Heldenfigur, sondern eben nur ein Masure mit einem übergroßen Herz war. Ein nachdenklich stimmendes, mitreißend umgesetztes Theaterstück, welches leider von den großen, der Moderne verfallenen Bühnen Deutschlands nicht gewürdigt wird. Großes Lob an die Dittchenbühne für ihre Leistung zur Bewahrung ostpreußischer und somit natürlich auch deutscher Kultur sowie an die Mitwirkenden für ihr überzeugendes Schauspiel. R. B. Von dieser Truppe kann sich so manches große Theater eine Scheibe abschneiden: Die beiden Darsteller von Lossow und Naujoks. Foto: Bellano Im Eichendorffsaal von "Haus Schlesien" in Heisterbacherrott war der Gemälde-Zyklus "Ein Jahr auf dem Winzerhof" zu sehen. Die Malereien waren von dem polnischen Kooperationspartner, dem Museum des Leubuser Landes Grünberg/Zielona Góra, als Leihgabe zur Verfügung gestellt worden. Die insgesamt zwölf Ölbilder der polnischen Künstlerin Dorota Komar-Zmyslony stellten typische Szenen aus dem Weinbau sowie bekannte Gebäude und Personen aus Grünberg dar. Die Malereien - zuweilen naiv und rustikal - waren jeweils mit einer Bordüre versehen, die unterschiedliche Sehenswürdigkeiten der Stadt zeigte. Als Vorlagen dienten der Künstlerin alte Fotos, Chroniken, Kalenderblätter und Ansichtskarten aus der Weinbauabteilung des Muzeum Ziemi Lubuskiej, dem Grünberger Heimatmuseum. Die Geschichte des Weinbaus in Grünberg reicht bis ins 13. Jahrhundert zurück. Durch ungünstige Klimaveränderuneng und die zunehmende Konkurrenz aus Südeuropa kam es aber seit dem 18. Jahrhundert zu einem totalen Rückgang des Weinbaus. Von der schönen Weintradition sind nur noch Erinnerungen geblieben. Dieter Göllner |