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© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 27. September 2003 |
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Neuer Name: Helmut-Schmidt-Uni Vielen der Soldaten-Studenten mit Nebenjobs droht unehrenhafte Entlassung von Jan Heitmann Unerwartete Ehre für Deutschlands "Elder Statesman" Nummer 1, der vor 30 Jahren Chef auf der Hardthöhe war: Die Bundeswehr Universität in Hamburg wird künftig "Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg" heißen. Das beschloß der Akademische Senat jetzt in einer außerordentlichen Sitzung. Schmidt habe als Bundesverteidigungsminister, so die 23 Senatsmitglieder in ihrer Begründung, der deutschen Wissenschaft zwei Universitäten geschenkt und den Offiziersberuf zu einem akademischen Beruf gemacht. Diese gesellschaftspolitische Leistung werde durch die Umbenennung deutlich und dauerhaft gewürdigt. Kritik an der geplanten Umbenennung gibt es kaum, sie entzündet sich allenfalls daran, daß ein noch lebender Politiker als Namenspatron ungeeignet sei. Der Geehrte ist mit der Umbenennung einverstanden, und auch SPD-Verteidigungsminister Peter Struck hat seine Zustimmung signalisiert. Denn sein Vorgänger gilt als der Gründungsvater der beiden Bundeswehrhochschulen in Hamburg und München. Schmidt nutzte seine Amtszeit, um den Offiziersberuf tiefgreifend zu reformieren. Er wollte einen neuen Offizierstyp mit akademischer Ausbildung. Durch ein breit angelegtes Studium sollten die jungen Offiziere ihre Führungsfähigkeit und ihr technisches Können verbessern und dadurch auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet werden. Außerdem sollte der Offiziersberuf attraktiver gemacht und die Akzeptanz der Streitkräfte in der Gesellschaft verbessert werden. Jeder Offizier, der die Hochschulreife mitbrachte, sollte die Möglichkeit haben, an einer der beiden streitkräfteeigenen Universitäten einen zivil anerkannten Abschluß zu erwerben. So kam es vor 30 Jahren zu einem Abkommen zwischen der Bundesregierung und dem Hamburger Senat, mit dem zunächst die Bundeswehrhochschule in Hamburg kon- stituiert wurde. Danach unterliegt die Lehranstalt dem Hamburgischen Hochschulgesetz, so daß die Bundeswehr keinen Einfluß auf Inhalt und Gestaltung von Forschung und Lehre ausübt. Seit 1979 darf sich die Hochschule Universität nennen und das Promotions- und Habilitationsverfahren durchführen. Heute studieren in Hamburg etwa 1.900 Offiziere und Offiziersanwärter. Die Atmosphäre ist in jeder Hinsicht locker und zivil, Uniformen sieht man so gut wie nie. Unterrichtet werden die Studenten von rund 100 Professoren und knapp 200 wissenschaftlichen Mitarbeitern. Dank modernster Ausstattung können die Soldaten unter Bedingungen studieren, von denen die Studenten an der maroden Hamburger Landesuniversität nur träumen können. Eigentlich hätte Helmut Schmidt also allen Grund, sich über die Ehrung zu freuen. Doch die Bundeswehruniversität Hamburg macht negative Schlagzeilen. Denn viele Studenten mißbrauchen die Privilegien und die Freiheiten, die ihnen der Dienstherr gewährt, für unerlaubte lukrative Nebengeschäfte. Mehr als zehn Prozent der Studenten, so ergaben Disziplinarermittlungen, arbeiten nebenher für Finanzdienstleister, Versicherungen oder aber auch für Sicherheitsdienste. Ein eindeutiger Verstoß gegen das Dienstrecht, der lange nicht geahndet wurde. Anfang vergangenen Jahres flog die Sache auf. Gegen mehr als 100 Soldaten-Studenten wurden Disziplinarverfahren eingeleitet, die teilweise bis vor das Truppendienstgericht führten. Für einige der Beschuldigten wird es eng. Ihnen droht die unehrenhafte Entlassung. Sie gehen jetzt in die Offensive, wehren sich auf ungewöhnliche Weise: durch Klagen vor einem ordentlichen Gericht. Sie seien auf einer "schwarzen Liste notiert", vor den Augen ihrer Kameraden "regelrecht abgeführt", bei der Vernehmung "unter Psychodruck gesetzt" und "wie Kriminelle" behandelt worden. Die Universitätsleitung wehrt sich gegen die Vorwürfe. Sie bestätigt indes die Vernehmung von 30 Soldaten, die durch ihre unerlaubten Nebenjobs sehr gut verdient und ihr Studium vernachlässigt hätten. Zwölf der beschuldigten Soldaten haben einen Anwalt genommen und bereiten ihre Klagen vor. Sie rechnen damit, daß es bis zu 40 Kläger werden. Der Anwalt geht die Sache aggressiv an, droht der Universität mit einem öffentlichen Skandal wegen "fragwürdiger Untersuchungsmethoden". Die Bundeswehr schüre eine "Hexenjagdstimmung" gegen seine Mandanten, die sich an den Rand gedrängt fühlten und ihre Ideale zwangsläufig längst über Bord geschmissen hätten. Kritiker einer akademischen Offiziersausbildung und allzu großer Freiheiten an den Bundeswehruniversitäten können da nur mit dem Kopf schütteln. Von ihre Idealen dürften sich die Beschuldigten bereits in dem Moment verabschiedet haben, als sie ihren Entschluß zur unerlaubten Nebentätigkeit und zum Mißbrauch ihrer Privilegien trafen. Diese Vorkommnisse und das trotzige Verhalten der Beschuldigten bestätigen alte Vorurteile. Vielen Truppenoffizieren sind die Lehranstalten ohnehin suspekt, halten sie doch solide militärische Fähigkeiten und Kenntnisse und soldatische Haltung und Tugend für wichtiger als einen akademischen Titel oder die Fähigkeit, einen Sachverhalt wissenschaftlich zu durchdringen. Zumindest scheint sich zu bestätigen, daß die Bundeswehr bei der Nachwuchswerbung Fehler gemacht hat. Denn wer sich so verhält, wie die beschuldigten Soldaten, ist als Offizier sicherlich ungeeignet. Deshalb will die Bundeswehr sie aus dem Dienst entfernen. Daß die bevorstehenden Gerichtsverfahren daran etwas ändern werden, ist kaum anzunehmen. Ihren ehrlichen Kameraden, die sich auf ihr Studium konzentrieren, statt Kasse zu machen, tun die eifrigen Geschäftemacher, die sich nun selbst als Opfer darstellen, keinen Gefallen. Sie bringen die ganze Institution Bundeswehruniversität in Mißkredit. Die militärische Leitung der zukünftigen "Helmut-Schmidt-Universität" läßt sich durch Klageandrohungen offensichtlich nicht beirren. Sie will die Disziplinarverfahren zügig zum Abschluß bringen. Wohl auch, damit kein Schatten auf den Namenspatron fällt. Der Offiziersberuf wurde durch den Alt-Kanzler auch akademischer Beruf Gegen 100 Soldaten sind bereits Verfahren eingeleitet Die Soldaten studieren nicht in Uniform und ohne preussischen Drill Bundeswehruniversität: Hochschulgebäude in Hamburg Foto: Bundeswehr |