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27.09.03/ Herbert Czaja setzte sich vehement für Vertriebene ein

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 27. September 2003


Recht auf Heimat
Herbert Czaja setzte sich vehement für Vertriebene ein

Es ist sehr zu begrüßen, daß die älteste Tochter Herbert Czajas den Sammelband "Herbert Czaja - Anwalt für Menschenrechte" herausgegeben hat, der gleichsam ein Lehrbuch verantwortlichen politischen Handelns ist. Sie durfte sich auf die Unterstützung der langjährigen Mitarbeiterin Czajas, Astrid Luise Mannes, und anderer stützen. Zunächst verblüfft die unglaubliche Arbeitsfülle Czajas, der sich als Schwerkriegsbeschädigter keine Ruhe gönnte, zunächst als Lokalpolitiker, dann als Bundestagsabgeordneter und Präsident des Bundes der Vertriebenen das schwere Los der Opfer des Krieges zu lindern. Auf ihn trifft das Motto Bismarcks zu: "Ich verzehre mich im Dienst für das Vaterland."

Czajas Hauptinteresse galt der Aussöhnung zwischen Deutschen und Slawen. Ihm kam zustatten, daß er fließend Polnisch und Tschechisch sprach. Trotz aller bitteren Erfahrungen in seiner ostoberschlesischen Heimat kannte er weder Haß noch Abneigung gegen die östlichen Nachbarn. Entschieden wandte er sich aber gegen zweierlei Maß bei Verbrechen gegen die Menschenrechte, nämlich daß Verbrechen von Deutschen an Polen, nicht aber die von Polen an Deutschen verfolgt wurden. Stets bekämpfte er einseitige Hilfen für den Osten ohne politische Gegenleistungen. Unermüdlich forderte er die Wahrung des Rechts auf die eigene Heimat und sprach dem Bundespräsidenten (v. Weizsäcker) das Recht ab, "selbstherrlich" über die Zukunft Deutschlands und die Heimat der Ostdeutschen zu entscheiden: "Auf das Recht auf die Heimat und 104.000 Quadratkilometer Deutschlands können wir nicht verzichten." "Die deutsche Frage bleibt offen, bis die Grenzen Deutschlands in einem Friedensvertrag geregelt sind." Konsequenterweise stimmte er mit einigen Abgeordneten der CDU/CSU gegen die "Gemeinsame Entschließung zur deutsch-polnischen Grenze": "Unsere Heimat ist nicht für immer verloren! Wir werden in der Geschichte recht bekommen! Deshalb: Ausgleich ja - Totale Preisgabe nein!" In Breslau wurden Czajas "Bemerkungen über die deutsch-polnischen Beziehungen" veröffentlicht, in denen es heißt: "Viele Polen sollten sich auch ehrlich die Frage stellen, wie sie sich verhalten würden, wenn ihnen große Kerngebiete und die durch Jahrhunderte angestammte Heimat verlorengingen. ... Müssen nicht alle ... den Mut zum Ausgleich und der Überwindung des Unrechts aufbringen?" Bereits in seiner Schrift "Ausgleich mit Osteuropa" von 1969 lehnte er jegliche gewaltsame Grenzänderung ab. Jedoch das Recht auf freie Existenz und Entfaltung der Volksgruppen sei unverzichtbar und unaufgebbar. Die Deutschen hätten keine Gebietsansprüche an Polen, wohl diese an urdeutschem Land.

Mit demselben Einsatz für die Rechte der Heimatvertriebenen sowie die Aussöhnung zwischen Deutschen und Slawen kämpfte er für den Schutz des ungeborenen Lebens. Es sei unmöglich, daß ein Drittel der Schwangerschaften unter eine notstandsähnliche Ausnahmesituation falle. Inzwischen orientiere sich das Rechtsbewußtsein an der rechtswidrigen Kindestötung im Mutterleib. Aus der Sanktionslosigkeit der Abtreibung werde der gefährliche Schluß auf deren Rechtmäßigkeit gezogen. Czaja hat sich wie wenige Politiker um das Vaterland verdient gemacht. Seine Gewissenhaftigkeit und sein Ethos sollten nicht nur seinen Parteifreunden, sondern allen Politikern Ansporn sein, nicht auf das zu setzen, was ankommt, sondern worauf es ankommt. Lothar Groppe

Christine Czaja (Hrsg.): "Herbert Czaja - Anwalt für Menschenrechte", Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Bonn 2003, geb., 425 Seiten, 24,50 Euro