29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
04.10.03 / Nun wird es endlich ernst auf dem Weg zu den überfälligen Reformen

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 04. Oktober 2003


Fünf vor zwölf
Nun wird es endlich ernst auf dem Weg zu den überfälligen Reformen

Das war noch nicht einmal die Ouvertüre. Was sich am letzten Freitag im Deutschen Bundestag abgespielt hat, kann bestenfalls - um beim Vergleich mit der Aufführung einer dramatischen Oper zu bleiben - mit dem Einstimmen der Instrumente verglichen werden. Es ging um die Verabschiedung dessen, was als Gesundheitsreform bezeichnet wird. So gut wie alle Fachleute sind sich darüber einig, daß die jetzt beschlossenen Änderungen bestenfalls die laufende Legislaturperiode überdauern werden. Danach wird es erst richtig zur Sache gehen. Trotzdem war die Minireform schon ein hartes Stück Arbeit, was zeigt, welchen Reformstau das rot-grüne Laienorchester inzwischen aufgetürmt hat.

Das Reformgesetz hat in allen Fraktionen Widerstände ausgelöst. Dies allerdings mit unterschiedlichen Begründungen. In der Unionsfraktion war es vor allem der stellvertretende Vorsitzende Fried-rich Merz, der bemängelte, der Gesetzentwurf leite nur ein Reförmchen ein und lasse wesentliche, vor allem systematische Verbesserungen vermissen. So hatten vor einer Woche die Parteivorsitzenden Stoiber und Merkel ihre liebe Mühe, den Disput zu schlichten.

Anders die innerparteiliche Si-tuation bei SPD und Grünen. Vor allem beim linken SPD-Flügel ru-morte es, was durch das miserable bayerische Wahlergebnis noch verstärkt wurde. Die Linken sehen wesentliche Kernaussagen und Versprechungen aller ihrer bisherigen Programme verraten. Wenn man bedenkt, mit welcher Verbissenheit sie unter den Stichworten "Sozialabbau" und "Umverteilung von unten nach oben" die Union über Jahre bekämpft haben, wird ver- ständlich, daß sie sich nun in ihren Wahlkreisen kaum noch sehen lassen möchten. Also wollten sie jetzt wenigstens als prinzipientreue Kämpfer dastehen, der eigenen Regierung die Zähne zeigen und gegen das Reformgesetz stimmen. Das aber widersprach dem taktisch bedingten Ehrgeiz von Schröder, trotz des Einvernehmens mit der Union eine eigene Mehrheit zu bekommen.

Was sich vor der Abstimmung abspielte, ist ein bisher einmaliger Vorgang im deutschen Nachkriegsparlamentarismus. Schröder drohte wieder einmal mit Rücktritt, zog Vergleiche zum Verrat der SPD-Fraktion 1982 gegenüber Helmut Schmidt, was der SPD 16 harte Oppositionsjahre eingebrockt habe. Daß er an diesem damaligen "Königsmord" maßgeblich beteiligt war, blieb "außen vor".

Schröder hat den Ernst seiner Lage erkannt. Alles, was jetzt im Bundestag zu beschließen ist, erfordert die absolute, die Kanzlermehrheit. Und diese Entscheidungen haben ein anderes Gewicht als die Reparatur der dringendsten Mängel im Gesundheitswesen. Da prallen die unterschiedlichsten gesellschaftspolitischen Vorstellungen aufeinander. Da wird sich so mancher Alt- oder Neu-Juso wundern, welche Zumutungen dann erst auf ihn zukommen.

Und schließlich reihen sich in die auf Bundestag und Bundesrat zukommenden Entscheidungen die Vorschläge der Ministerpräsidenten Koch (CDU) und Steinbrück (SPD) zum Subventionsabbau und zum Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Kommunen ein. Dies dürfte zum heißesten aller heißen Eisen werden.

Endlich geht es an die wirklichen Probleme Deutschlands heran. Es ist "Fünf vor zwölf" - nach fünf Jahren Rot-Grün merkt die politische Klasse das reichlich spät - hoffentlich nicht zu spät ... Fritz Schenk