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04.10.03 / Gedanken zum Erntedankfest 

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 04. Oktober 2003


Lebensodem des Daseins
Gedanken zum Erntedankfest 
von Horst Thiemann, Pfarrer i. R.

Freuet euch in dem Herrn allewege! Und abermals sage ich: Freuet euch." (Phil. 3,4.) So schreibt der Apostel Paulus in seinem Brief an die urchristliche Gemeinde in Philippi, im heutigen Griechenland gelegen, aus seiner Kerkerhaft! Grund seiner Haft war allein die Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus. Diese frohe Botschaft ist absolut konkurrenzlos auf dem überfließenden Markt religiöser Möglichkeiten. Sie stellt alles andere in den Schatten. Paulus war sich seines Glaubens sicher, flüchtete sich nicht in blutleere Theorien des Zeitgeistes: "Wes des Herz voll ist, des geht der Mund über!" (Matt. 12,34.)

Freude ist der Lebensodem unseres Daseins! Ohne Licht verkümmert jede Pflanze! Ohne Freude versinken wir in Hoffnungslosigkeit. Mehr als 365mal kommt dieses kleine Wort Freude als große Aussage in dem Buch der Bücher (Bibel) vor. In keinem Buch der Weltliteratur spielt die Freude eine so große Rolle.

Eben darin liegt der unübertroffene Stellenwert des Erntedankfestes im Laufe des Kirchenjahres: Freude ist Trumpf unserer Dankbarkeit. Trotz aller Enttäuschungen im eigenen Leben, in Landwirtschaft und Wohlergehen un- seres Landes. "Es ist noch nicht aller Tage Abend, d. h. doch letztlich: Gottes Güte und Treue waltet über uns." Das schrieb der Reformator Martin Luther 1530 in seinem Kommentar zum 117. Psalm: "Lobet den Herrn, alle Heiden, preiset ihn alle Völker! Denn seine Gnade und Wahrheit waltet über uns. Halleluja!"

Christen sind keine "trüben Tassen", denen vielleicht Friedrich Nietzsche begegnet sein könnte, wenn er im "Zarathustra" schreibt: "Erlöster müßten sie singen, wenn ich an ihren Erlöser glauben soll!" Dabei haben doch, mit Verlaub, Christen die beste Botschaft, die es gibt in allem Zerbruch dieser Welt, wissen etwas von dem Wert des Dekalogs - den zehn Geboten, Spielregeln für die ethischen Werte des menschlichen Daseins.

Ich glaube, die Verfasser unserer Grundordnung (= Verfassung) schrieben nicht ohne Sinn und Verstand den Satz hinein: "Die Würde des Menschen ist unantastbar!" Der Einwand "Die Welt ist anders geworden" stimmt, aber ist sie auch besser geworden? Mit politischem Mummenschanz, Egoismen jeglicher "Spielart" wird die Menschenwürde zerstört. Erinnern wir uns, in dunkelster Zeit bekannte Martin Luther: "Mit uns-rer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren, es streit' für uns der rechte Mann, den Gott hat selbst erkoren. Fragst du, wer der ist? Er heißt Jesus Christ, der Herr Zebaoth, und ist kein andrer Gott, das Feld muß er behalten." Erntedankfest - ein Denkanstoß? Ja! Verlieren wir nie das sinnvolle Bedenken unserer Möglichkeiten. "Wir haben alles im Griff!" Solcher Hochmut kann gefährlich enden. Gravierend ist die Lebensbezogenheit der Gleichnisse Jesu im Neuen Testament.

Da gab es irgendwann und -wo einen sehr, sehr fleißigen, gewissenhaften Bauern. Jahrelang bestellte er seinen Acker und lebte von seinem Ertrag. Einmal konnte er eine besonders ertragreiche Ernte einbringen. Er überschlug den Ertrag. Saat und Ernte hatten sich gelohnt! Soll und Haben stimmten wieder. Sein Arbeitserfolg machte ihn reich. Die Zeit des "Armen Schluckers" war nun vorbei. Mit unternehmerischem Mut baute er neue, größere Speicher, für ihn Statussymbol von Rang und Namen. Offensichtlich war ihm der Blick für die Realitäten des Lebens entglitten. Jedes Leben ist mehr als der Nutzen, der alltäglich daraus gezogen werden kann. Jedes Leben ist um seiner selbst da. Er glaubte, ausgesorgt zu haben. Aber der Mensch denkt, Gott lenkt. Er läßt die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Irgendwie wurde ihm, mitten in all seiner Selbstherrlichkeit, diese göttliche Botschaft zuteil: "Du Narr - und was wird sein, wenn heute deine Seele von dir gefordert wird?"

Diese mahnende Frage begleitet uns ein Leben lang. Wir sind enttäuscht, wenn unsere Hilfe ohne Dank bleibt. Darum machen wir es uns nicht zu "billig" mit dem Erntedankfest. Danken und Teilen sind die Trümpfe christlicher Ethik, die Geschichte kirchlicher Diakonie. Diese ist mit ihrer Betreuungsarbeit (Senioren-, Suchtkrankenarbeit etc.) eine Leuchtboje christlicher Nächstenliebe.

Treue, Dank beinhalten den Wert der Wahrheit und Redlichkeit! Laxe Behauptungen: die Arbeitslosen seien arbeitsscheue Leute, die Heimatvertriebenen seien selbst schuld an ihrem Schicksal, die Alten leben auf Kosten der jungen Leute, sind widerliche "Sumpfblüten" "moderner" Geschichtsverdrehungen, vergiften das Vertrauen und alle "Würde des Menschen!" Auch vielfältig wiederholte Unwahrheiten werden nicht zu Wahrheiten. Von meinen polnischen Freunden und Mitchristen lernte ich den nachdenkenswerten Satz: "Wer zu hoch springt, springt nicht lange!"

Liebe Leser und Leserinnen unserer Zeitung, im Andenken an meinen Osteroder Freund Ernst-August Marburg (†) erlauben Sie mir die Bitte, mit nachfolgenden Zeilen schließen zu dürfen:

Ach Ostpreußen, wie bist du so schön, mein teures Heimatland!

Ihr blauen Seen, Ihr grünen Höh'n! Du Wiesenplan im Sonnenlicht, Du korngesegnet Feld! Wie bist du doch so schön und licht: Du meiner Heimat Welt.

Die Freude ist der Trumpf unserer Dankbarkeit