Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 04. Oktober 2003 |
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Ins Land der Hoffnung Verschiedene Auswandererschicksale fesselnd verknüpft Amerika! Noch heute träumen genügend Menschen davon, in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten auszuwandern. Zwar hat sich inzwischen gezeigt, daß auch in den USA und Kanada nicht jeder Tellerwäscher zum Millionär wird, trotzdem ist der Zauber noch nicht erloschen. Vor etwas mehr als einem Jahrhundert zog es allerdings mehr als 30 Millionen Menschen von Europa in die Neue Welt. Sie suchten dort ihr Glück und hofften der Not in ihrer Heimat zu entkommen. Für viele Auswanderer war die Stadt Hamburg Zwischenstation auf dem Weg in ein neues, besseres Leben. Von hier aus fuhren die Auswandererschiffe der Hapag massenweise arme, gescheiterte Kreaturen, aber auch so manchen Abenteurer zu neuen Ufern. Der Journalist und Schriftsteller Gerd Fuchs hatte sich schon vor einigen Jahren im Rahmen einer Ausstellung in Hamburg des Themas Auswanderer angenommen und daraus letztendlich einen Roman gestaltet. In Ich-Form berichtet der verwegene Hapag-Werber Tatlin von seinem Beruf als Traumverkäufer, denn nichts anderes tut er, wenn er durch die armen Dörfer im Osten zieht und den Menschen von den Wundern der Neuen Welt erzählt. Er spielt mit ihren Hoffnungen und veranlaßt sie, das letzte Hab und Gut ihres traurigen Daseins gegen ein Ticket auf einem schwimmenden Koloß ins Ungewisse zu verpfänden. Aber nicht nur um das draufgängerische, sondern auch als haltlos empfundene Leben des Hapag-Werbers geht es im Buch "Die Auswanderer". Immer wieder schaltet der Autor das Schicksal einiger seiner Ticketkäufer zwischen. So das des mit Frau und Kind nach einem Pogrom fliehenden Rußland-Juden Simon Kantor, der Ordensschwester Alma, des Hamburger Hafenarbeiters Klaus Groth, der mit einem jüngeren Mann durchgebrannten vermögenden Kaufmannsgattin Karoline Ebel sowie des jungen, an der in Hamburg wüten-den Cholera-Epidemie verzweifelten Arztes Albert Werth; sie alle wachsen dem Leser mit ihren Ängsten und Nöten schnell ans Herz. Die Auswanderer treffen sich alle in Hamburg im Auffanglager der Hapag in der Speicherstadt. Gemeinsam reisen sie mit der Saxonia in teilweise menschenunwürdigen Un-terkünften nach New York. Auf beengtem Raum lernen sich die verschiedenen Menschen kennen und helfen sich auch in ihrer beängstigenden Situation. Zeitweise gelingt es dem Autor mit seinem Erzählstil zu fesseln und seine Figuren so lebensecht zu gestalten, daß der Leser mit ihnen mitfiebert und das Gefühl hat, sich in der Gruppe der Auswanderer zu befinden. Manchmal streift Gerd Fuchs wichtige Szenen bedauerlicherweise aber auch nur lieblos. Im Stakkato springt er von Szene zu Szene, von Schick-sal zu Schicksal und verliert so inhaltlich wie sprachlich die Tiefe. Zudem erschwert er dem Leser so das Verständnis. Wenn die Erwartungen des Lesers an manchen Stellen des Buches nicht befriedigt werden, liegt das daran, daß die Personen einem zeitweise wie gute Freunde nahe sind; eine Freundschaft, die der Autor leider nicht dauerhaft pflegt. Trotzdem bieten "Die Auswanderer" nicht nur packende Unterhaltung, sondern zeigen auf, was Menschen dazu bewegt, ihrer Heimat freiwillig den Rücken zu kehren. Empfehlenswert! R. Bellano Gerd Fuchs: "Die Auswanderer", Edition Nautilus, Hamburg 2003, geb., 254 Seiten, 19,90 Euro |