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11.10.03 / Elbing soll sein Zentrum zurückerhalten

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 11. Oktober 2003


Elbing soll sein Zentrum zurückerhalten
Stadtverwaltung plant originalgetreuen Wiederaufbau auf den mittelalterlichen Fundamenten
von M. Rosenthal-Kappi

Einer ausführlichen Meldung des russischen Nachrichtendienstes "rtr.vesti-ru" zufolge soll das Ende des Zweiten Weltkrieges völlig zerstörte historische Zentrum der Hansestadt Elbing nach dem Willen der dortigen Stadtverwaltung auf seinen mittelalterlichen Fundamenten wieder aufgebaut werden. Erst vor kurzem soll ein Teil der Straße, von der aus vor 800 Jahren der Bau des altpreußischen Elbing ausging, wiederentdeckt worden sein.

Im Jahre 1945 war das historische Stadtzentrum durch Kriegseinwirkungen vollständig zerstört worden. Nicht ein einziges Wohnhaus blieb unversehrt. Die Polen zerlegten die Überreste der Mauern in einzelne Ziegelsteine, und das Stadtbild des Vorkriegs-Elbing verschwand in den Archiven.

Noch vor einigen Jahren war dieser Teil Elbings ein Park mit großen Grünflächen. Zunächst dachten die Polen daran, hier einen modernen "Mikrorayon" mit eintönigen Hochhäusern zu errichten. Jedoch, so erzählt man sich in der Stadt, habe ein gesunder Konservatismus gesiegt, so daß jetzt auf den erhalten gebliebenen Fundamenten die mittelalterliche Stadt mit moderner Technologie nach noch erhaltenen alten Zeichnungen wiedererrichtet werden kann.

Bevor jedoch Architekten und Bauarbeiter mit ihren Arbeiten beginnen können, müssen erst die Archäologen tätig werden, um die kulturhistorischen Schichten und die Baufundamente freizulegen. Die bisher entdeckten Funde sind vielfältig: Es sind neben Keramikgegenständen Erzeugnisse aus Metall, Bernstein, Holz und Glas. Im städtischen Museum wurden schon über 700.000 Funde archiviert. Die Archäologin Graczina Nawrolska bereitet zur Zeit eine neue Ausstellung mit den wertvollsten Exponaten vor. Sie sagt, als an verschiedenen Stellen der ehemaligen Altstadt mit den Ausgrabungen begonnen wurde, habe niemand damit gerechnet, daß so viel für die Wissenschaft wertvolles historisches Material zum Vorschein kommen würde. "Diese Gegenstände helfen uns, etwas vom Wesen und der Lebensweise der früher hier ansässigen Bewohner zu erfahren. Es sind nur wenige schriftliche Zeugnisse erhalten geblieben, besonders über das Mittelalter. Die nun stattfindenden Untersuchungen liefern uns Informationen darüber, wie die Straßen verliefen und wie die Häuser aussahen", erzählt Graczina Nawrolska. Für jedes zu errichtende Haus soll ein eigener Bauplan nach alten Originalen erstellt werden, um anschließend jeden Bau im mittelalterlichen Stil zu rekonstruieren.

Die polnischen Architekten gehen davon aus, daß der Wiederaufbau nur langsam vorangehen wird. Einer von ihnen begründet das Interesse am Wiederaufbau der mittelalterlichen deutschen Stadt damit, daß die heutigen polnischen Bewohner sich mit den Wurzeln und der viele Jahrhunderte alten Geschichte ihrer Stadt vertraut machen wollten und stolz auf sie seien.

Unter anderem haben die Archäologen die Fundamente des Rathauses freigelegt, das schon im 18. Jahrhundert niederbrannte. In den polnischen Archiven fand sich bislang weder eine Zeichnung noch eine graphische Darstellung des Gebäudes. Dennoch geht man - wenn man der russischen Nachrichtenmeldung Glauben schenken darf - in Elbing davon aus, daß an dieser Stelle früher oder später ein Rathaus in mittelalterlicher Bauweise entstehen wird.