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18.10.03 / Leserbriefe

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 18. Oktober 2003


Leserbriefe

Betr.: Recht auf Darstellung des eigenen Leids

Die Worte des Bundespräsidenten bezüglich der Vertriebenen tun zwar gut, konkrete Taten wären aber besser. Viele Ostpreußen konnten 1945 noch vor den Russen fliehen. Meiner Familie gelang die Flucht jedoch nicht. Meine Eltern mußten ohne Essen Zwangsarbeit verrichten. Als sie starben, habe ich sie in einem Garten und im Wald beerdigt. 1947 wurde ich ohne Dokumente aus Ostpreußen ausgewiesen. Der Zeitungsausschnitt zeigt mich (Nr. 25) mit anderen in der SBZ angekommenen Kindern. Was ist mit diesen Menschen, die für Deutschland gelitten haben? 

Siegfried Kaesse, Rot am See

 

 

 

Verschwiegene Wahrheit wirkt auf Dauer belastend
Betr.: "Weg mit Euch!" (Folge 34)

Aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrt, lernte ich eine "Flüchtlingsfrau" kennen, die mit ihrem Jungen in einem benachbarten Bauernhaus untergebracht war. Ihr Mann gefallen, zwei Kinder mußte sie während der Flucht tot im Straßengraben zurücklassen - nie vergesse ich ihren trostlosen, verzweifelten Blick und die rinnenden Tränen.

Nun wird um die Errichtung einer Gedenkstätte für diese Heimatvertriebenen debattiert. Aber unser Außenminister Joschka Fischer ist strikt dagegen, weil ein solches Mahnmal die Beziehungen zu unseren Nachbarn (sprich Polen und Tschechei) belasten könnte. Wenn Mord nicht verjährt - wie man das immer wieder da hört, wo es um deutsche Schuld geht - dann möchte ich auch die vielen Kinderleichen unter diesen Rechtsbegriff gestellt sehen, die auf der Flucht und in den Bombennächten dahingemordet wurden.

Wenn Deutschland zu Recht die Last seiner Schuld zu tragen hat, die Gegenseite aber eine solche - bei sich - nicht sehen will, dann fehlt für mich die Aufrichtigkeit zu einem guten Nachbarschaftsverhältnis. Denn Unrecht und Schuld werden deswegen nicht kleiner, weil der andere es auch getan hat. Auch die Wahrheit kann zur Belastung werden, wenn man sie aus politischen Gründen im Sack behält.

Aber leider ist dies die Methode von vielen sogenannten Volksvertretern geworden. Ich frage mich nur, wo bleibt da das Mitgefühl für die eigenen Landsleute, die mit dieser Last von Vertreibung und Tod nie fertig geworden sind? Und wo bleibt der Mut, sich dann vor sie zu stellen, wenn versucht wird, dieses Schicksal vom Tisch zu wischen, so als wenn nichts gewesen wäre? Das ist blanke Unbarmherzigkeit!

Ein derart einseitiges Denken von Fischer - dem Paradepferd der Grünen - macht mir aber klar, daß seine Partei für mich unwählbar ist. Schade, trotz manch guter Ansätze.

Fritz Held, Amstetten

 

 

"Vertreibung - Schnee von gestern"
Betr.: "Weg mit Euch" (Folge 34)

Schröder ist nicht nur unser Kanzler. Er ist einer, den die politischen Verhältnisse hochgespült haben. Wir müssen mit ihm leben. Er wird auch wieder hinweggespült werden.

Leider ähnelt Schröders Verhalten gegenüber dem Leiden und Sterben der deutschen Vertriebenen 58 Jahre nach dem Krieg dem Denken vieler unserer jungen Mitbürger. Auch unser Sohn, den wir wie seine Schwester sehr lieben und der uns auch die Liebe zurückgibt, meint, daß die Vertreibung der Deutschen sozusagen Schnee von gestern sei, Vertreibungen gäbe es immer, und wir müßten in die Zukunft schauen.

Während unser Sohn wohl ein Beispiel für viele andere ist, die bis heute bewußt und gezielt in Unwissenheit über das schreckliche Geschehen bei den Vertreibungen der Deutschen gehalten wurden, und die inzwischen Zeugen vieler anderer Schrecknisse in allen Teilen der Welt geworden sind, ist Schröder ein Täter, der trotz besseren Wissens über die Leiden deutscher Menschen mitleidslos hinwegschreitet. Ihm mag Deutschland wirklich nichts bedeuten. Und so macht er die deutschen Opfer zu Schuldbeteiligten, die erlitten, was ihnen Hitler beschert hat. Aber Mord und Gewalt sind unentschuldbar! Und das Gedenken an unsere Opfer ist selbstverständlich ein nationales, ein dringend nachzuholendes. Aber es schließt nicht aus, auch anderer Vertreibungsopfer zu gedenken. Aber vorerst muß endlich ans Licht kommen, was bei Vertreibung und Kriegsende wehrlosen Deutschen angetan worden ist. Wir wollen nichts als die Wahrheit, und auf der Grundlage der Wahrheit die Freundschaft mit unseren Nachbarn.

Helmut Wasmann, Berlin

 

 

Deutsche Seite glänzte mit vielen falschen Worten
Betr.: "Nicht alles nach Plan" (Folge 39)

Um es vorweg zu nehmen: bei dieser Feier wurde passendes und unpassendes sowie richtiges und unrichtiges von russischer und deutscher Seite gesagt.

Im Vergleich zur Kriegsgräbereinweihung in Heiligenbeil im vorigen Jahr war der Ablauf der Einweihung in Königsberg ein anderer. Viele Mitreisende haben mir bestätigt, wie würdevoll und harmonisch die Einweihung des Deutschen Soldatenfriedhofs in Heiligenbeil gewesen sei.

Deutscherseits möchte ich auf die Ansprachen des Präsidenten des Landes Brandenburg, Dr. Knoblich, sowie des Gesandten von Mettenheim von der Deutschen Botschaft in Moskau bei der Friedhofseinweihung in Königsberg eingehen. Herr von Mettenheim sagte unter anderem: "Mein Vater hat nie mit Begeisterung vom Krieg erzählt, darauf bin ich stolz." Und: "Wir übergeben heute den Friedhof für die Opfer des Zweiten Weltkrieg in Kaliningrad." Nicht nur ihr Vater, Herr von Mettenheim, hat nicht mit Begeisterung vom Krieg erzählt. Ich habe noch keinen deutschen Frontsoldaten erlebt, der mit Begeisterung vom Krieg gesprochen hätte. Solches mögen wohl die NS-Größen getan haben, die nie den Kopf hinhalten mußten. Zudem ließen die Opfer, die nun auf dem Friedhof ruhen, in Königsberg ihr Leben. Offensichtlich scheut man sich, den Namen Königsberg auszusprechen.

Herr Dr. Knoblich war mir sogar noch von seiner letzten Rede bei der Einweihung des Deutschen Soldatenfriedhofes in Pillau in unangenehmer Erinnerung. Kann man noch seinen Worten folgen, wonach das faschistische Deutschland den Zweiten Weltkrieg entfacht habe, müssen die weiteren Worte Widerspruch erzeugen. "Männer, die keine Möglichkeit hatten, sich dem Dienst in der Wehrmacht zu entziehen. Der Appell an ihre patriotischen Gefühle habe leider allzu viele als Pflicht gegenüber ihrem Vaterland und die Teilnahme am Krieg als Pflichterfüllung empfinden lassen.

Mein Vater hat zusammen mit seinen Kameraden im Fallschirmpanzergrenadierregiment 3 Ende 1944 bis Anfang 1945 in hoffnungsloser Lage gegenüber einer erdrückenden Übermacht der Russen südlich von Gumbinnen im Kampf ausgeharrt, damit die deutschen Zivilisten nicht ganz in die Hände der Roten Armee gefallen sind. Diesen Soldaten jetzt im nachhinein einen Vorwurf zu machen, ist eine Gemeinheit.

Erwähnen möchte ich auch dem Probst der evangelisch-lutherischen Kirche im heutigen Königsberg, der in seiner Gedenkansprache nicht von Kaliningrad sondern von Königsberg sprach.

Ich muß gestehen, daß ich diese Feier mit Schmerz und Trauer verließ, aber auch mit Enttäuschung darüber, daß bei solchen Anlässen immer mehr Worte fallen müssen, die dort nicht hingehören, und zwar von deutscher Seite.

Bernd Dauskardt, Hollenstedt

 

 

Betr.: Literatur-Nobelpreisträger

Als "Prophet der Trostlosigkeit" gilt der aktuelle Literatur-Nobelpreis-Träger John Maxwell Coetzee. Seine Bücher sind "von tiefem Pessimismus geprägt". Seine "Conditio humana" gipfelt in der These, daß der Mensch dazu geboren ist, dem Menschen Leid zuzufügen. "Seine intellektuelle Ehrlichkeit zersetzt alle Grundlagen des Trostes", jubelt die Nobelpreis-Jury. Und das Feuilleton - selbstgefällige Lakaien im Sold menschenverachtender Umerzieher - jubelt mit. Da loben wir uns den Journalisten Peter Rosegger, der es allerdings auch nie in derart schwindelerregende "Höhen" geschafft hat:

"Eine Kunst, die uns das Leben in seiner Häßlichkeit zeigt oder es noch häßlicher machen will, als es ist, kann nicht echte Kunst sein. Und eine Wissenschaft, deren trostlose Theorie uns zur Unfruchtbarkeit führt, ist etwas, das die Menschheit sich wieder abtun wird müssen, wenn sie bestehen und froh werden will. Ich meine mit diesen Gedanken gewisse wohlbekannte Abarten des an und für sich göttlichen Strebens nach Schönheit und Wahrheit." 
Walter Koren, Glanz, Österreich

Literatur-Nobelpreisträger 2003: Der Südafrikaner J. M. Coetzee lebt zur Zeit in Australien.

 

 

Wer was sagt, wird niedergemacht
Betr.: "Kranke Türken bevorzugt" (Folge 34)

Wenn die Deutschen wüßten, wie viel von ihrem Geld noch immer in die Kanäle fließt, die nicht ihrem Interesse und der Fürsorge für sie dienen, dann würden sie wohl am liebsten ihre Regierenden geradewegs zum Teufel schicken wollen. Doch da sie friedliche Menschen sind, wird nur ihre Verachtung gegenüber den Politikern zunehmen, die, wie hier gezeigt, dafür verantwortlich sind, daß die im Ausland befindlichen erkrankten Angehörigen von in Deutschland lebenden Ausländern gegenüber den Angehörigen von Deutschen bevorzugt werden. Als besonders perfide sehe ich es an, daß, wer auf solch schreiende Ungerechtigkeit hinweist, sofort als Ausländerfeind oder Rechter gebrandmarkt wird, wobei ein "Rechter" (nicht Rechtsextremer) doch nur ein Bürger ist, der unser aller Recht will.
Rudolf Birnbacher, Ahlhorn

 

 

Deutschland ist leicht zu erpressen
Betr.: "Ende der Illusionen" (Folge 34)

Nicht nur die Bundesregierung ist jetzt am Ende ihrer Illusionen, sondern auch alle etablierten Parteien, wie der heillose Streit kreuz und quer verdeutlicht. Sie kämpfen noch um Pfründe, während das soziale Netz schon zu reißen droht. Deutschland ist arm geworden und kann seine Verpflichtungen im In- und Ausland nicht mehr im bisherigen Umfang erfüllen. Die Wirtschaft und Schulden setzen hier Grenzen. Das hat natürlich Folgen.

Wenn das soziale Netz reißt - und vieles deutet darauf hin - dann ist hier der Teufel los. Denn in Deutschland wohnen mehr Volksgruppen mit mehr Religionen als auf dem ganzen Balkan und darüber hinaus noch verschärfend erheblich mehr gewalttätige In- als Ausländerfeinde. Die Gefahr für einen Bürgerkrieg ist groß! Und die Gefahr von außen?

Die Uno, die Nato und besonders die EU benötigen dringend die überhöhten Beiträge Deutschlands. Wegen der kollektiven Alleinschuld und Haftung auf ewig sind weiterhin umfangreiche Kompensationszahlungen zu leisten. Aus gutem Grund werden die Feindstaaten-klauseln gegen Deutschland (und Japan) in der Uno seit der Gründerzeit nicht aufgehoben und wurde die Bundeswehr so umgestaltet, daß sie ihre Landesgrenzen nur noch versuchsweise am Hindukusch verteidigen kann. Deutschland ist daher erpreßbar und leicht zu besiegen. Dafür ist kein Weltkrieg mehr nötig, den wir in den Sand setzen könnten.

Es bleibt noch zu hoffen, daß die Begehrlichkeiten im In- und Ausland von Vernunft begrenzt werden. Unsere Freunde, besonders in der EU, benötigen ein zahlungskräftiges Deutschland mit einem leistungsfähigen Motor für die Wirtschaft in Europa. Deshalb dürften sie wahrscheinlich nicht das falsche Schwein schlachten. Diese Illusion bleibt uns noch, obgleich die Grenzen für Zinsen und Staatsschulden wegen der Ausbeutung schon überschritten sind.

Heinz-Dietrich Koske, Hilden

 

 

Mendelsohn half beim Bombenkrieg
Betr.: "Überall Neues, neue Taten" (Folge 37)

In oben angeführter Ausgabe würdigen Sie die Verdienste des Architekten Erich Mendelsohn. Ihrem Artikel möchte ich noch eine Ergänzung zufügen. In der Ausgabe 41/1999 des Spiegels berichtet Mike Davies in dem Artikel "Angriff auf ,German Village'" über Bemühungen der US-Streitkräfte 1943 die Brandeigenschaften deutscher Städte zu erforschen mit dem Ziel, Feuerstürme zu entfachen. Es gelang ihnen, zu diesem Zweck Herrn Mendelsohn zu gewinnen. Dieser steuerte wichtige Informationen über Bauweise und Ausstattung deutscher Wohnhäuser bei. Als Vorbild dienten Mietskasernen aus dem "am dichtesten besiedelten Arme-Leute-Vierteln Europas" nämlich Wedding und Kreuzberg in Berlin. "Der Zweck bestand darin, Möglichkeiten zu erproben und Probleme zu lösen, die ganz eindeutig jenseits der moralischen Grenzen einer Punktzielbombadierung lagen. Die Bauten wurden zu einer Fachmesse für die wachsende Lobby des Feuerkrieges." 

Wilhelm Forsthoff, Wuppertal