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© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 18. Oktober 2003 |
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Rußland: Der Bär zeigt Zähne Neue Militärdoktrin bedroht auch das Baltikum Mit einem Land, dessen Bewohner sich in ihrer Würde angegriffen fühlen, ist nicht zu spaßen. Ebensowenig mit einer Nation, deren Politiker die Tatsache eines radikalen Machtverlusts ihres Staates nicht wahrhaben wollen. Beides gilt für die Russische Föderation. Das flächenmäßig nach wie vor größte Land der Erde sendet verwirrende Signale aus. Auf der einen Seite werden immer wieder Ereignisse und Entwicklungen bekannt, die vom teilweise erschreckenden Zustand der russischen Armee zeugen - gesunkene Atom-U-Boote, abgestürzte "Wunder"-Flugzeuge, hohe Selbstmord- und Desertionsraten. Hinzu kommen militärische Schlappen gegen die tschetschenischen Freiheitskämpfer und lächerliche Versuche, die Aggression im Kaukasus mit dem Mäntelchen der Demokratie zu bedecken. Auf der anderen Seite verzeichnet die russische Wirtschaft seit Jahren stattliche Wachstumszahlen; die Bemühungen Präsident Putins, die Zentralmacht selbst gegen die unter Jelzin tonangebenden Oligarchen durchzusetzen, zeitigen bemerkenswerte Erfolge. Insgesamt ergibt sich das Bild einer Großmacht, die - nicht zuletzt wegen der verheerenden Geburtenrate der Russen - ihren Zenith in puncto Machtentfaltung überschritten hat, mit der aber wohl noch für längere Zeit zu rechnen ist. Der eigene Anspruch ist jedenfalls imperial, und der "russische Bär" zeigt seine Zähne. Zuletzt tat dies die Staatsduma, als sie am 10. Oktober in erster Lesung ein Gesetz annahm, mit dem die militärische Grundausbildung zum Pflichtfach an den Schulen des Landes würde. Ein Zeichen dafür, daß die Weltmachtträume in Rußland noch nicht ausgeträumt sind, setzte Verteidigungsminister Sergej Iwanow. Auf einer Sitzung seines Ministeriums stellte er am 2. Oktober die neue russische Militärdoktrin vor. In Anlehnung an die Weltpolitik der USA ist darin erstmals ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen, Präventivschläge gegen Staaten und Regionen zu führen, von denen "eine Gefahr für die nationale Sicherheit ausgeht". Zu beachten ist, daß laut der Doktrin die "Diskriminierung, Unterdrückung der Rechte, der Freiheiten und der gesetzlichen Interessen der russischen Bürger im Ausland" zu Präventivschlägen berechtigt. Das zielt unter anderem auf die baltischen Staaten, die sich erst kürzlich mit einer weiteren bedrohlichen Stellungnahme aus Moskau auseinandersetzen mußten: Vize-Außenministerin Eleonora Mitrofanowa hatte vor Studenten erklärt, daß es ein Ziel der eigenen Politik sei sicherzustellen, "daß die russische Sprache den Status der Amtssprache in den meisten Ländern der GUS und in allen Gebieten des postsowjetischen Raumes erhält, die von Russisch sprechender Bevölkerung eng besiedelt sind". Besonders aggressiv ist der Ton stets gegenüber Lettland, wo der Anteil russischer Einwanderer aus der Sowjetzeit am höchsten ist. Dann bekommt man Tiraden zu hören wie jene, die der Leiter des Duma-Ausschusses für internationale Angelegenheiten, Dmitrij Rogosin, Ende September unters Volk brachte: "Lettland ist zu einem Land der Hooligans und Parias geworden, in dem mit unseren Veteranen abgerechnet wird und auch mit unseren Kindern, indem die russischen Schulen geschlossen werden. (...) Und schuld daran sind die Nazis, die in Lettland die Macht übernommen haben." Angesichts solcher Verlautbarungen darf sich in Moskau niemand wundern, daß die meisten Letten, Esten und Litauer den EU-Beitritt kaum abwarten können und zudem die Mitgliedschaft in der NATO wünschen. Martin Schmidt |