Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 18. Oktober 2003 |
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Nachdenkliches über entleerte Ehrungen von Gottfried Loeck Gewöhnlich gut informierte Kreise wollen erfahren haben, daß endlich auch Dieter Bohlen das Bundesverdienstkreuz bekommen soll. Daß man den smarten Dieter bei den Auszeichnungen so lange übersehen hat, ist streng genommen unverzeihlich, zumal viele Kultfiguren der Spaßgesellschaft wie Inge Meysel, Paolo Pinkel, Udo Lindenberg und andere mehr schon vor Jahren Träger staatlicher Großzügigkeit geworden sind. Wer die geballte trostspendende Qualität von Bohlens "you're my heart, you're my soul ..." zum ersten Mal verzückt in sich aufnehmen durfte, verspürte jenen Hauch von Klasse und Einmaligkeit, der viele Ordensträger auszeichnet. Ob schließlich der neu erkorene Pop-Beauftragte der Sozialdemokraten, Gabriel, der nach der verlorenen Niedersachsenwahl adäquat untergebracht werden mußte, bei der Suche nach möglichen Verdienstkreuzträgern mitgewirkt hat, war nicht abschließend in Erfahrung zu bringen. Möglich ist aber, daß der von Gabriel jüngst in der Wochenzeitung Die Zeit vehement geforderte "soziale Patriotismus" eventuell auch bei Auswahl derzeitiger und zukünftiger Ordensträger Pate stand. Es ist nun fast ein halbes Menschenalter her, daß der unvergeßliche Joseph Beuys den Menschen in aller Welt die frohe Botschaft zukommen ließ, sie alle seien Künstler. Nach seiner Definition war somit jeder Raumpfleger, Discjockey, Müllkutscher, Traumtänzer Künstler, sobald er nur seine spezifischen Fähigkeiten einsetzte. Damit wurden selbst schlichte Popgrößen wie Udo Lindenberg oder Xavier Naidoo neben anderen platten Vertretern des Showgeschäfts zu Künstlern hochstilisiert. Während Altrocker Udo mit wenig Musikalität erst vor kurzem mit seiner CD "Pimmelkopp" die Politik der Anständigen nachhaltig unterstützte und dafür viel Lob aus Berlin erfuhr, ist der durch die Medien hochgejubelte Naidoo mehr durch Aggression, Drogenkonsum sowie kitschig-poppige Jesus-Texte aufgefallen. Daß beide "Kunstexperten" in diesem Land monatelang die Charts stürmten - Naidoo mit seinem Elaborat "Zivilcourage" aus dem Album "Lightkultur", aus dem nur eine Textzeile: "Wir werden erst gar nicht reden, nur schlagen und treten, und das einzige, was sie sehen, sind Fäuste, die treffen, wie schwarze Raketen", zur Veranschaulichung seiner Kunst reichen dürfte -, wirft ein gespenstisches Licht auf eine wehrlos gewordene Bürgergesellschaft. Die Verlockung, sich durch ein Bekenntnis zum schlechten Geschmack, zur Pseudo-Kunst mit dem ultimativen Kick zu umkränzen, trotz welkem Hals unter allen Umständen mitzuhalten, ist anscheinend groß in der bundesrepublikanischen Massengesellschaft. In den dröhnenden Wiederholungen von seichten Botschaften eine ästhetische Bereicherung zu erblicken ist schwer nachvollziehbar. Da aber viele Bundesbürger offenbar gegenüber derartig schlichten Musikbeiträgen intellektuell wehrlos geworden sind, scheint die in mehrfacher Hinsicht konditionierte Gesellschaft zu einer Fangemeinde lauten Gesangs und schlichter Texte zu verkommen. Vor solchem Hintergrund und im Vergleich zu den beiden staatlich hofierten beziehungsweise subventionierten Heulbojen Lindenberg und Naidoo wäre jede weitere Verzögerung bei der Vergabe an Bohlen Gift. Bei den in der Vergangenheit um unser Land erworbenen mannigfaltigen Verdiensten des Pop-Barden, der sich sonst nur mit dem ihm eigenen Intellekt und jungen Damen umgibt, wäre die Ausschmückung mit wohlgeformtem Bundesmetall die Krönung seiner Show. Seine anspruchslosen Texte, wie zum Beispiel "cherry, cherry lady" (Kirsche, Kirsche, Dame) oder das bereits erwähnte "you're my heart, you're my soul" (Du bist mein Herz, Du bist meine Seele), erweisen sich nach Meinung seiner Anhänger als wesentliche Impulse für eine zeitlose neudeutsche Leit- und Musikkultur. Mit leicht einprägsamen Textbeiträgen erinnert unser Dieter irgendwie an die Anfänger unter den mittelalterlichen Minne- und Bänkelsängern. Sein einschmelzendes "Brother Louie" (Bruder Ludwig) hat sowohl vom Text als auch von der Musik her das Zeug, endlich dem vielen Schülergenerationen vertrauten "Frère Jacques" in Deutschland den Rang abzulaufen. Wenn man Bild Glauben schenken darf, sollen Bohlens "eindringliche" Texte wenigstens ein Mädchen aus dem Koma "erweckt" haben. Bei so viel Größe und geheimnisvollen Kräften bedarf es eigentlich nicht mehr des Hinweises auf seine großen (und anläßlich der Frankfurter Buchmesse gerade erst wieder ausgiebig gefeierten) literarischen Erfolge, auf seine prallen Wortschöpfungen und seine hehren Bekenntnisse. Damit Mißverständnisse vermieden werden: Unter den derzeitig en vogue befindlichen, von kreischenden Pubertierenden verzückt bewunderten Musikinterpreten ist Dieter Bohlen bei weitem nicht der unwürdigste Kandidat für eine glitzernde Auszeichnung. Zumal ja auch die besonderen Verdienste des Multimillionärs zu berücksichtigen sind, die seine bevorzugte Auszeichnung gegenüber Otto Normalverbraucher rechtfertigen. Wenn aber alle diese selbsternannten Künstler, Schaumschläger und Witzbolde staatlicherseits derartig bevorzugt "behängt" werden, haben die ehrenamtlichen Helfer der Bahnhofsmission, der Rettungsdienste, der Hospize und vieler sonstiger unbezahlbarer Ehrenämter, die letztlich das "Innenfutter" eines beneidenswerten Staates bilden und die der Entwertung heutiger Vergabepraxis widersprechen würden, nur in seltenen, politisch genehmen Fällen eine Chance, nicht nur mit salbungsvollen Worten und einem feuchten Händedruck beehrt zu werden. Staatliche Auszeichnungen, die abgesehen vom Metallwert nichts kosten, waren zu allen Zeiten massenhaft üblich - aber nicht immer derartig entleert wie heute. |