20.04.2024

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25.10.03 / Vom Markenprodukt zur billigen Kopie

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 25. Oktober 2003


Gedanken zur Zeit:
Vom Markenprodukt zur billigen Kopie
von Rebecca Bellano

"Abitur geschafft? Abiturient oder Fachabiturient? Interesse an Zukunftstechnologien, an intelligenten Lösungen für die Praxis? Karriere für Mann und Frau, Mitten in München! Wer's schnell braucht: Bachelor - 7 Semester." Mit diesen für eine Bildungsanstalt relativ unseriösen Worten wirbt die "Fachhochschule München - Munich University of Applied Sciences" für ihre "Bachelor"-Studiengänge.

Wenn es schnell gehen soll, gehen wir vielleicht zu "Mc-Donalds", "Fastfood" essen, oder lassen unserem Auto bei "Pit-Stop" flink mal einen neuen Auspuff verpassen, aber mal so auf die Schnelle studieren? Außerdem, wer oder was ist Bachelor?

Hier klärt uns die Hochschulrektorenkonferenz, ein Zusammenschluß von 262 staatlichen und staatlich anerkannten Universitäten und Hochschulen, wie folgt auf: "Im Sommersemester 2003 werden an deutschen Hochschulen 749 ,Bachelor'- und 803 ,Master'-Studiengänge angeboten. Die gestufte Studiengangstruktur ermöglicht es den Studierenden, bereits nach drei bis vier Jahren mit einem ersten berufsqualifizierenden Abschluß, dem "Bachelor", die Hochschule zu verlassen. Die Studierenden können im Anschluß daran in einem ein- bis zweijährigen Masterstudiengang das erste Studium vertiefen, interdisziplinär erweitern oder sich spezialisieren."

Liest man die Eigenwerbung der Hochschulen, klingt der "Bachelor" ziemlich verlockend. Aber wie soll man in drei Jahren, in einer Zeitspanne, wo andere gerade mal ihr Vordiplom schaffen, einen berufsbefähigenden Abschluß erlangen? Diese Frage ist stark umstritten, wie so einiges andere, das mit der neuen "Schöpfung" zusammenhängt.

Bisher waren das deutsche "Diplom" und der "Magister" doch eigentlich Zeichen für Qualität, warum jetzt plötz- lich etwas Neues? Als erstes wird hier stets die bessere internationale Vergleichbarkeit und infolge dessen die Bologna-Erklärung der europäischen Kultusminister aus dem Jahre 1999 angeführt. Diese sieht zwar eine bessere Vergleichbarkeit der akademischen Abschlüsse und somit eine steigende Mobilität der Studenten und Studienabgänger vor, spricht aber zugleich von Respekt vor verschiedenen Kulturen, Sprachen und Bildungssystemen. Letzteres haben die Vertreter der deutschen Delegation in ihrem Überschwang vermutlich überlesen, so daß sie sich gleich darauf ans Werk machten, das angelsächsische Modell zu übernehmen und erst einmal parallel zum "Diplom" und "Magister" anzubieten. Die Folge ist Verwirrung bei Studenten, Professoren und der Wirtschaft, zumal plötzlich jeder einen "Bachelor"-Abschluß anbietet.

Kann von Vergleichbarkeit und Qualität die Rede sein, wenn in U-Bahnstationen mit bunten Bildern irgendeine unbekannte und häufig selbsternannte Bildungsstätte für diesen Abschluß wirbt?

Der Universitätsprofessor Dr. rer. pol. Thomas Hering führt in der Zeitschrift Forschung & Lehre offen seine Zweifel an. "Wer unseren Studenten den Zugang zum Master-Programm in Stan- ford mit einem deutschen Bachelor (zum Beispiel von einer Fachhochschule) in Aussicht stellt, täuscht das Publikum in einem ganz entscheidenden Punkt der Reform."

Seine Sorge ist nicht unbegründet, denn schon jetzt wird der deutsche "Bachelor" als "Schmalspur-Studium" belächelt. Doch es gibt auch eine Vielzahl von Befürwortern, die neben dem Argument der Internationalität annimmt, mit dem "Bachelor" die häufig hohe Zahl der Studienabbrecher zu reduzieren.

"Mit dem ,Bachelor' wollen wir vor allem diejenigen erreichen, die sonst ganz ohne Abschluß bleiben", so Dietmar Pezina, Rektor der Universität Bochum im Focus. Wer nach drei Jahren genug von der Uni hat, könne nach dem "Bachelor" aussteigen und verstopfe nicht weiter lustlos die Hörsäle.

Zugegeben, das Argument mag zwar stimmen, aber gewinnt dieser Abschluß dann nicht erst recht den Anschein, ein Trostpreis zu sein?

Während sich in Deutschland die Experten streiten, ist es für den ägyptischen Gründer der "Deutschen Universität Kairo", Professor Ashraf Mansour, ganz selbstverständlich, das deutsche Bildungssystem, das er während seines Studiums in Ulm kennengelernte, zu übernehmen - und natürlich auch das für Qualität bekannte deutsche "Diplom" als möglichen Abschluß anzubieten.

Professor Dr. rer. pol. Thomas Hering schließt seinen Artikel in Forschung & Lehre mit einer düsteren Prophezeiung ab. "Wie alle ideologisch motivierten, der Universität von außen aufgezwungenen Neuerungen kann auch das ,Bachelor'- und ,Master'-Konzept im freien Wettbewerb selbstverständlich nicht bestehen ... Man kann sicher sein, daß die Kultusbürokratie als Endziel vom Verbot der ,Diplom'- und ,Magister'-Studiengänge träumt und es sich als Erfolg anrechnen wird, weltweit geschätzte, renommierteste Markenprodukte wie den "Dipl.-Ing." mutwillig ,verschrottet' zu haben, im Tausch gegen international ,an jeder Ecke' beziehbare Abschlüsse von undefinierbarer Qualität." 

Renommierte deutsche Studiengänge werden mutwillig verschrottet