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25.10.03 / Wrangel und der Bauer

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 25. Oktober 2003


Wrangel und der Bauer
von Robert Jung

Einmal in seinem stürmischen Leben zeigte sich der alte Haudegen, Feldmarschall Wrangel, allgemein "Papa Wrangel" genannt, als ein überlegener Bankier. Nach den Gründerjahren hatte sich eines Tages ein Bauer aus Vorpommern auf den Weg gemacht, Wrangel um eine Unterredung zu bitten. Dieser Bauer wäre wohl nicht zu einer Audienz zugelassen worden, hätte er nicht treu und brav als Unteroffizier bei den Kürassieren gedient, von Feldmarschall Wrangel befehligt und des öfteren vom König ausgezeichnet.

Zum Glück entsann sich Papa Wrangel noch gut des Mannes und gewährte ihm auch einige Tage später eine Audienz, die allerdings recht aufschlußreich verlief und später in aller Munde war.

Bauer Jakob klagte seinem früheren Dienstherrn seine persönlichen Nöte und Zukunftssorgen. Er war so leichtsinnig gewesen, auf Anraten einiger Bürger mehrere Aktien aus der Industrie zu kaufen. In der Erwartung, sie später mit entsprechend hohem Kurswert wieder an den Mann zu bringen. Dies war dann für die Aussteuer seiner Tochter gedacht, die vor der Heirat stand. Es war übrigens seine einzige Tochter, und er wollte sich nobel zeigen.

Zu allem Unglück waren aber diese Aktien infolge eines Ban-kenkrachs so gut wie wertlos geworden, so daß dadurch die Hochzeit der Bauerntochter hinausgeschoben wurde. Jetzt bat der Bauer Jakob den alten Haudegen Wrangel um seinen Rat.

Der hörte aufmerksam, aber auch etwas belustigt zu. Noch nie war ihm je zu Ohren gekommen, daß ostelbische Bauern in Industrieaktien spekulierten. Nach einer Weile des Nachsinnens sagte er: "Hör einmal, Jakob, laß man einigen von diesen Dingern bei mir." (Wrangels "Wortschatz und Deutsch" waren stadtbekannt!) "Ich werde mich die Sache überlegen, vielleicht läßt sich's doch noch machen. Gehe nur ruhig zurück in deine pommersche Heimat. In den nächsten Tagen sollst du von mir eine Antwort haben, Deubel auch!"

Es war noch nicht einmal eine Woche vergangen, als der Bauer Jakob mit Wrangels Bescheid den Besuch eines Bankiers bekam, der mit diesen Aktien gehandelt hatte. Ihm wurde eine seiner Industrieaktien in bar auf die Hand ersetzt, und zwar im Gegenwert, das heißt im Nominalwert. Aber auf eine andere dieser Aktien war von Papa Wrangel eigenhändig geschrieben: "Bauern sollten nicht spekulieren, Jakob."

Noch im hohen Alter bewahrte der Bauer Jakob diese "warnende" Aktie wie ein Heiligtum in seiner Familie auf ...