Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 15. November 2003 |
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Der zweite Schritt zur Freiheit Die Magyaren öffneten den Eisernen Vorhang - nun kommen sie endgültig zurück in die europäische Familie von Karl P. Gerigk Es war Ungarn, das 1989 als erster Staat den Stacheldraht zwischen dem Ostblock und der freien westlichen Welt zerschnitt und so den "Eisernen Vorhang" (Winston Churchill) zwischen West und Ost hob. Eine Tat der Befreiung, wie sie danach ganz Europa, gerade aber die Menschen in der ehemaligen DDR erleben durfte. Die Befreiung als friedliche Revolution ist heute zu Ende. Nicht aber der Weiterbau an einem vereinten Europa, auch wenn es immer Widerstände von rechten und linken Kreisen gibt. Ewiggestrige, verstrickt in das Denken nationalstaatlicher und sozialistischer Ideologeme, gehen heute einen seltsamen rot-beigebraunen Pakt ein, eine schmutziggelbe Masse, die alles andere als der Sonne Freiheit anstrebt. Nicht nur in Ungarn, auch in Tschechien und Polen prägen antieuropäische, gepaart mit antideutschen Parolen Tageszeitungen, deren Sinn unerschließbar ist. Die Benesch-Dekrete, die in Prag mittlerweile einen Verfassungsrang haben, da sie als Bestandsgarantie der Tschechischen Republik vom Parlament dort wiederum bestätigt wurden, sind nur ein Beispiel. Die Sozialismusnostalgiewelle dient hier wie da Altkommunisten und Neusozialisten, unter nationalem oder völkischem Deckmäntelchen weiter die sozialistische, heute wohl eher als undemokratische Konterrevolution zu bezeichnende, "Befreiung" der Menschen von "Brüsseler Bürokratie" und deutschem Revanchismus zu propagieren. Beides ist falsch. Der Begriff Freiheit wird zum Vehikel im Kampf gegen Ordnung und Demokarie, eine Idee zur Hetze mißbraucht. Die Koalition der Antieuropäer ist dabei bunt. Sie wird unterstützt von Geheimdienstkreisen, denen ein vereintes, starkes Europa mit eigener Verteidigung und Unterstützung der USA ein Dorn im Auge ist. Und wenn schon eigene Verteidigung, denn eher im Sinne des "Brüsseler Paktes" von 1946, der die USA als Kooperationspartner einer EVU (Europäischen Verteidigungsunion) kaltstellt und der Deutschland und dessen Soldaten insbesondere unter Kontrolle der Kriegsgewinnler des Zweiten Weltkrieges sehen möchte. Diese Zeiten fremder Oberhoheit über Deutschland sind vorbei. Deutschland ist, wenn es auch mit diesen Kräften zu kämpfen hat, lebendiger Bestandteil Europas und der Europäischen Union. Ungarn, dessen Beitritt zur EU für April 2004 vorgesehen ist, will es werden. Das Land an der mittleren Donau war historisch immer Teil Zentraleuropas und lange Monarchie. Zur Zeit der Völkerwanderung kamen germanische Stämme ins Land, die sich gegen die einfallenden Hunnen unter Etzel zur Wehr setzten. Im 8. Jahrhundert wurden die dort siedelnden Awaren, ein mit Hunnen vermischtes Völkchen, von den Franken vernichtend geschlagen. Die überlebenden germanischen Stämme, Vandalen, Gepiden und Langobarden, wurden Christen. Im 9. Jahrhundert besetzten die Magyaren, ein aus dem Osten Europas stammendes Volk, das Land. Der Fürst Geza festigte den christlichen Glauben. Sein Sohn Stephan ließ sich 1001 zum König der Ungarn krönen (Stephanskrone). Unter Geza II. kamen wieder Deutsche ins Land, die "Siebenbürger Sachsen". Nach dem Königsgeschlecht der Arpaden folgten verschiedene Linien europäischer Adelsgeschlechter, welche die Herrschaft über das Land beanspruchten. Nach Robert I., der aus einer neapolitanischen Adelslinie stamm- te und mit Anjou verwandt war, zerfiel das Königtum langsam, auch wenn sein Sohn Ludwig I. eine expansive Politik auf dem Balkan und nach Polen hin versuchte, um diese Krone zu retten. Sein Schwiegersohn Sigismund, aus dem Hause Luxemburg, wurde hingegen römischer König und wandte sich im 15. Jahrhundert dem Heiligen Römischen Reich zu. Die Habsburger und Osmanen bekriegten in der Folgezeit gleichermaßen Volk und Land, dessen Zentrum das panonische Becken ist, welches von den Alpen, den Karpaten und den Dinariden umschlossen wird. 1526 wird in Ungarn ein Nebenkönig gewählt, was natürlich nicht friedlich verlaufen konnte. Johann I. von Siebenbürgen gelang es jedoch, den habsburgischen Einfluß gegen Nebenkönig Ferdinand I. mit Unterstützung der Osmanen zurückzudrängen. Fürst Stephan Batholy legte dann die Grundlagen für ein starkes Siebenbürger Fürstentum. Als die Türken aber den Aufstand des Grafen I. Thöcöly unterstützten, ent- brannten die Kriege erneut. Die hinzueilenden Habsburger erhielten als Nutznießer des Friedens von Karlo- witz die Herrschaft in Kroatien und Slawonien, nicht jedoch über das Banat und Temesvar. Obwohl die Ungarn der Monarchie Wiens parlamentarisch zustimmten, gelang den Habsburgern kein vollständiger Sieg in Ungarn. Auch die Aussöhnung Maria Theresias (1740-1780) mit den Banater Schwaben nützte dem Wiener Spittal wenig, da nun wieder die Magyaren opponierten. Die Reformversuche des liberalen Joseph II. (1780-1790) scheiterten am katholischen Adel Ungarns. Unter Graf Bathyana kam es 1848 zum offenen Bruch mit Habsburg. 1849 erklärte Ungarn die Unabhängigkeit von den Habsburgern. Zunächst gelang es Wien mit russischer Hilfe die Ungarn zu bändigen. Doch nach der Niederlage Österreichs im Deutschen Krieg (1866) zerbröckelte die Habsburger Macht auf dem Balkan. Ungarn wurde 1867 selbständiges Königreich. Im Ersten Weltkrieg stand Budapest an der Seite der Achsenmächte. Die Niederlage führte auch dort zu kommunistischen Umsturzversuchen. Graf Karoly, bemüht, die Monarchie zu erhalten, muß zunächst den anrückenden Truppen und Revolutionsgarden der Tschechen und Slowaken weichen. Doch am 16. November 1919 wurde Graf Bethlen von Bethlen zum Reichsverweser bestellt; er stellte die Monarchie wieder her. Schick-salhaft war der Verlauf des Zweiten Weltkrieges. Nach Rückeroberung Siebenbürgens Anfang des Krieges ging dieses jedoch wieder an die Rote Armee verloren. Der Pariser Friede vom 10. Februar 1946 stellte Ungarn in den Grenzen von 1938 wieder her. Es folgt die lange Herrschaft der Kommunisten, die erst nach der Ausrufung der demokratischen Republik Ungarn am 23. Ok-tober 1989 endete. Nun, 15 Jahre danach, tritt Ungarn der EU bei und wird wieder Teil der demokratischen Völkergemeinschaft Westeuropas. Problematisch bleibt die Integration und parlamentarisch-demokatische Orientierung der Alt- und Neukommunisten. Wir erleben in Deutschland zur Zeit, daß die Illusion vom realen Sozialismus noch nicht ausgeträumt zu sein scheint. Ehemalige kommunistische Stasispitzel arbeiten in ihren erlangten Funktionen, in öffentlichen Ämter, Behörden und als Volksvertreter teils subversiv, teils unverhohlen an einem sozialistischen Umsturz, mit Unterstützung der Antieuropäer. Die Osterweiterung der EU darf nicht zu einer Einladung an die Gegner des Vereinten Europas werden, dieses zu sprengen. Viel größer darf, besser kann, die politische Union nicht werden. Man sollte bedenken, ob Assoziationsverträge und Wirtschafts- abkommen, also gemeinsame Wirtschafts- und Zollräume und Abkommen, für jeden weiteren Schritt der EU nach Osten und Süden nicht besser sind, als eine vollständige Integration in die politische Union, insbesondere wenn man an die Türkei, Weißrußland, Rußland und die Ukraine denkt. Nicht zuletzt hatte sogar Marokko die Aufnahme in die Europäische Union gewünscht. Man sollte die Wünsche nicht ohne weiteres ablehnen oder die Völker des Magreb oder Osteuropas vor den Kopf stoßen. Aber ein ökonomisch-politischer Verbund, eine "Transeuropäische Union" ist nun im Sinne europäischer Einheit sicherer und sinnvoller als eine enge Politische Union, die ein "Mare Nostrum" und eine Russische Föderation mit dann insgesamt über 30 Mitgliedern in alte Brüsseler Vorstellungen zwingt. Das Jahr 1989: Ungarische Grenzsoldaten bauen als erste an der Donau die künstliche Trennung Europas zwischen der Ostmark und dem Land der Ma- gyaren ab. Im Jahr 2004 kommt Ungarn in die Europäische Union. Foto: keystone Die Hunnen der Steppe mischten sich mit den Stämmen der Donau Mit den Türken kann man einen Vertrag, aber keine "Union" machen |