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15.11.03 / EU-Verfassung: Vereinte Jakobiner / Streit um Gottesbezug dauert an

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 15. November 2003


EU-Verfassung: Vereinte Jakobiner
Streit um Gottesbezug dauert an

Bis zum Jahresende soll die EU-Regierungskonferenz ihre Beratungen über den Verfassungsentwurf der Europäischen Union abgeschlossen haben.

Dabei muß sie sich auch mit bedeutsamen Änderungsanträgen gegenüber dem im Sommer vorgelegten Entwurf des Verfassungskonvents auseinandersetzen. Neben der Frage, ob es nicht doch eine Festschreibung von Minderheitenrechten geben solle, bewegt insbesondere der Streit um eine Erwähnung des christlichen Erbes oder einen Gottesbezug im Vorwort der Europaverfassung die Gemüter.

Im vorliegenden Entwurf ist beides nicht vorgesehen. Es gibt dort also weder einen Gottesbezug wie in der Präambel des deutschen Grundgesetzes ("Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen...") noch eine direkte Erwähnung der christlich-abendländischen Traditionen. Letztere lassen sich allenfalls indirekt herauslesen, wenn es heißt, die EU schöpfe aus den kulturellen, religiösen und humanistischen Überlieferungen Europas.

Zwei ideologische Lager stehen sich in dieser Auseinandersetzung gegenüber: hie die betont weltlich ausgerichteten, von den Lehren der Aufklärung oder des Sozialismus bestimmten Kräfte der Linken (Sozialdemokraten, Grüne, Kommunisten u. a. ) und dort christdemokratisch-konservative Kreise.

Letztere unternahmen im September in Gestalt der Europäischen Volkspartei als der stärksten Fraktion im Europaparlament den Versuch, mit einem Antrag die gewünschten Änderungen durchzusetzen - und scheiterten knapp.

Unterstützung erfuhren sie vom Vatikan, den katholischen sowie orthodoxen und anglikanischen Kirchen, weit weniger von protestantischen Kirchen.

Neben Ländern wie Italien oder Spanien treten auch einige ostmitteleuropäische Beitrittsstaaten - allen voran Polen und die Slowakei - für die Bezugnahme aufs Christentum ein.

Die schärfsten Gegner kommen aus Belgien und Frankreich, wo es als Folge der Revolution von 1789 die Verfassungstradition einer strikten Trennung von Staat und Religion gibt.

Vieles spricht dafür, daß sich in diesem Streit wieder einmal die französische Position durchsetzen wird und die künftige Unionsverfassung der immer größeren Entfernung der meisten Europäer von Religion und Kirche Rechnung trägt. (MS)