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15.11.03 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 15. November 2003


Dreckig genug?/ Wir brauchen einen neuen Schutzwall 
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Angela Merkel hat uns gerettet, gerade eben noch. Der Rauswurf von Martin Hohmann dient nämlich vor allem anderen dem "Schutz nationalkonservativer Wähler der Union", zwischen denen und der Vorhölle man eine Schneise gezogen habe. Den parteipolitischen Widersachern der Union reicht das nicht, und wir haben auch so unsere Zweifel. Ist die Schneise denn hinreichend tief und das Wasser der gesellschaftlichen Vernichtung darinnen auch dreckig genug, um wirklich abzuschrecken?

Und: Ist die blasse Frau Merkel überhaupt die Richtige, um solch Titanenwerk zu verrichten? Kaum anzunehmen: da müssen Fachleute ran. Warum bitten wir nicht die PDS, uns einen soliden antifaschistischen Schutzwall zu errichten? Derzeit dümpeln die gezausten Kommunisten mutlos im konsens- demokratischen Einerlei vor sich hin, ihre Talente vergammeln vor unseren Augen. Dabei drängt es sie heftig, uns endlich zu zeigen, was in ihnen steckt! Nur selten erleben wir noch Kostproben der welkenden Kraft unserer arbeitslosen roten Kommissare. Zur Hochform laufen sie stets auf, wenn es um die Austilgung reaktionärer Untiere geht. Dann schöpfen sie aus dem vollen eines in acht Jahrzehnten aufgefüllten Fundus unbegrenzter Möglichkeiten der Schädlingsbekämpfung. Unser Land kann es sich nicht leisten, soviel Können, soviel Energie und Phantasie brachliegen zu lassen.

Als die Genossen noch an der Macht waren, brauchte es nicht so elend lange, bis endlich reagiert wurde, wenn einer "verwirrt" redete: Limousine kommt, Hausbesuch, Limousine fährt wieder ab, Schluß. Kein tagelanges Gewese, Frau Merkel, kein überflüssiges Wanken, vor wem man mehr Angst hat: Vor den Verteidigern unserer politischen Kultur oder vor den sogenannten Wählern. Wähler gab es gar keine.

Die Demokratischen Sozialisten machen bei ihrer Entsorgungsarbeit zudem nicht so ein knautschiges Gesicht wie die Unions-Oberen bei der Hohmann-Verbrennung. Ihnen macht das richtig Spaß: Schon kämmen emsige PDSler die gesamte CDU durch nach weiteren Objekten. Gestützt auf die These "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns" vermögen es die erfahrenen Kommunisten, die Grenzen des Faschismusträchtigen immer weiter auszudehnen. Das macht ihre Waschkraft so ergiebig. Sauberkeit muß sein, schließlich geht es um Deutschland, um das "Land der Täter", wie es uns Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust am 9. November (siehe Zitate) in Erinnerung gerufen hat. Damit wir ihn nicht falsch verstehen: Selbstverständlich hat er nicht gemeint, daß die Deutschen ein "Tätervolk" seien, denn "Land der Täter" bedeutet ja nicht unbedingt "Täterland". Und wenn doch? Dann zumindest heißt "Täterland" noch lange nicht, daß das Volk, das drinnen wohnt, notwendigerweise das "Tätervolk" sein muß. Schließlich ist "Deutschland" ja auch nicht das Land des "deutschen Volkes". Steht aber so im Grundgesetz, sagen Sie? Hm ...

Wenn das bloß nicht alles so schrecklich kompliziert wäre. Die Bundeszentrale für politische Bildung sollte Standardsätzchen in Umlauf bringen - zum Mitnehmen auf kleine Plastikkarten gedruckt oder zum Runterladen für's Händie. Da stehen zu jeder brisanten Rubrik wie "Täter, Opfer, Schuld, Verantwortung" etc. gesetzlich verankerte Minitexte drauf, die wir dann nur abzulesen brauchen. Sobald ein Gespräch heikel wird, greifen wir einfach ins Etui, zitieren die vorgeschriebene Passage und verhaspeln uns nie mehr.

Jeder Deutsche bekommt einen Satz Sätze aus dieser Reihe "Korrekt diskutieren für Täter ab 14". Eins muß allerdings klar sein: Danach gibt es keine Ausflüchte mehr wie "Habe das aber ganz anders gemeint". Jeder hat es dann buchstäblich in der Hand, ob er ein ordentlicher Demokrat oder politisch inkorrektes Ungeziefer sein will.

Alle Mitbürgerinnen und Mitbürger sind aufgerufen, darüber zu wachen, daß jeder seine Kärtchen immer und überall dabei hat. Überprüfen Sie in einem günstigen Moment ruhig mal die Taschen ihres Nachbarn! Vielleicht hat er seine Karten ja verloren? Dann zeigen Sie ihn an und kommen wegen Ihrer Zivilcourage ins Fernsehen! Bei Bahnreisen übernimmt der Schaffner die Sache: "Ihren Fahrschein bitte, und dürfte ich ihr Kollektivscham-Kärtchen mal sehen? An der Garderobe vergessen? Kann ja jeder sagen. Kommse bitte mit." Indes, daß mir ja keiner die Sätze lustlos herunterleiert, gar ironisch einfärbt! Bundestagspräsident Jenninger ist 1988 geschreddert worden, weil er eine eigentlich einwandfreie Rede zum 9. November falsch betont hat. Tonträger mit der angeordneten Akzentuierung des antifaschistischen Bekenntnisses werden mitgeliefert. Sure für Sure.

Unverzichtbar bleibt, daß die verbindlichen Leitsätze mit Verfallsdatum versehen werden. Vorschriften ändern sich bekanntlich - was vor einigen Jahren noch als allgemeine Sprachregelung herumgeisterte, kann sich heute schon als Hetze herausstellen - und umgekehrt. 1988 erschien das Gerede von "Gesamtdeutschland" noch als Ausweis gefährlicher rechter Gesinnung, zwei Jahre später stand das Wort im Einigungsvertrag. So ändert sich alles. Zur Zeit sollte man darauf achten, daß es einen "Hohmann" niemals gegeben hat. Nie! Das ist natürlich gar nicht so einfach in der Epoche digitaler Datenspeicher mit ihren endlosen Kapazitäten und unergründlichen Winkelchen. Da hatten es die Ahnen der PDS leichter. Sie mußten beispielsweise einen Trotzki nur aus Papier-Akten schmeißen und den nie Dagewesenen von Gruppenbildern wegretuschieren (was manchmal schlampig ausgeführt wurde: Es sind Fotos überliefert, auf denen sieben KP-Größen auf 15 Füßen stehen).

Trotz solcher Fährnisse ist jeder Zeitgenosse verpflichtet, politische Hygiene zu halten. Wir empfehlen in diesem Zusammenhang, die Rubrik "Personalien" aus der vergangenen PAZ-Folge auszuschneiden und zu vernichten. Dort wird der (das?) soeben ausgesonderte Hohmann noch behandelt. So etwas sollten Sie ab sofort nicht mehr im Hause haben. Sonst kriegt man Sie später wegen des Besitzes von irgendwelchem "Material" dran. Nachher steht in den Zeitungen: "In der Wohnung von Herrn/Frau X. wurde neben ausländerfeindlicher Propaganda (ein Pamphlet über das angebliche Vorgehen palästinensischer Attentäter gegen Israelis) sowie antisemitischer Hetze (ein Flugblatt über das angebliche Vorgehen von Israelis gegen Palästinenser) auch ein Hohmann-Bild sichergestellt." Unsere Vorbilder im Reichstag weisen uns den Weg. Einem nach dem anderen fällt auf, daß ihm beim Hohmann immer schon was aufgefallen ist. Da dürfen wir jetzt nicht den Anschluß verpassen, ansonsten: Ab über die "Schneise"!

Achtung: "Personalien" aus PAZ/45 vernichten! Da ist Hohmann drauf - könnte Ärger geben.